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UNTERNEHMEN/106: Volkswagen erzielt Vergleichsvereinbarungen für TDI-Dieselfahrzeuge in den USA (Irene Feldbauer)


Volkswagen erzielt Vergleichsvereinbarungen für TDI-Dieselfahrzeuge mit US-Bundesbehörden, privaten Klägern und 44 US-Staaten

von Irene Feldbauer, 28. Juni 2016


Wie die Volkswagen AG am Dienstag in einer Pressemitteilung aus Wolfsburg informiert, hat der Konzern am selben Tag mit dem US-Justizministerium (Department of Justice, DOJ) und dem Bundesstaat Kalifornien sowie der Federal Trade Commission (FTC) und privaten Klägern, die durch das Steuerungskomitee der Kläger (Plaintiffs' Steering Committee, PSC) vertreten werden, Vergleichsvereinbarungen geschlossen. Damit sollen, wie es heißt, "zivilrechtliche Ansprüche im Zusammenhang mit in Frage kommenden 2,0l-TDI-Dieselfahrzeugen von Volkswagen und Audi in den USA beigelegt werden". Von rund 499.000 2,0l-TDI-Fahrzeugen, die für den Verkauf in den Vereinigten Staaten produziert wurden, befänden sich gegenwärtig rund 460.000 Volkswagen und 15.000 Audi-Fahrzeuge in Gebrauch - die für Rückkäufe, Leasingrücknahmen oder behördlich genehmigte technische Anpassungen in Frage kommen. Volkswagen werde einen Fonds zur Finanzierung des Programms für 2,0l-TDI-Fahrzeuge in Höhe von maximal 10,033 Milliarden US-Dollar einrichten. Diese Summe basiert auf einer Teilnahmequote von 100 Prozent sowie der Annahme, dass sich 100 Prozent der in Frage kommenden Kunden entweder für einen Rückkauf oder eine vorzeitige Leasingrücknahme entscheiden.

Die Vereinbarungen im Zusammenhang mit dem angestrebten 2,0l-TDI-Vergleichsprogramm bedürfen noch der Genehmigung von Richter Charles R. Breyer vom United States District Court for the Northern District of California, der das bundesweite MDL-Verfahren (Multi-District Litigation) zur Diesel-Thematik leitet.


Auch Verbraucherschutzklagen einbezogen

Volkswagen gibt außerdem bekannt, dass es mit den Attorney Generals von 44 US-Bundesstaaten, dem District of Columbia und Puerto Rico übereingekommen ist, bestehende und mögliche künftige Verbraucherschutzklagen im Zusammenhang mit der Diesel-Thematik (State Consumer Protection Claims) für einen Vergleichsbetrag in Höhe von insgesamt 603 Millionen US-Dollar beizulegen.

"Wir nehmen unseren selbst gesetzten Auftrag, das Richtige zu tun, sehr ernst und sehen in diesen Vereinbarungen einen wichtigen Schritt nach vorn", wird Matthias Müller, Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG, zitiert. "Wir wissen das konstruktive Zusammenwirken aller Beteiligten zu schätzen und sind unseren Kunden sehr dankbar für ihre Geduld auch im weiteren Verlauf dieses Verfahrens. Wir sind uns bewusst, dass wir noch viel tun müssen, um das Vertrauen der Menschen in Amerika zurückzugewinnen. Dabei gilt unser Augenmerk der Lösung der noch offenen Fragen. Wir werden Volkswagen zu einem besseren und stärkeren Unternehmen machen und unser Ziel, einer der weltweit führenden Anbieter nachhaltiger Mobilität zu werden, konsequent verfolgen", so Müller weiter.


3,0l-TDI-V6-Dieselmotor-Fahrzeuge eingeschlossen

Dem Gericht wurden drei Vereinbarungen als Bestandteil des 2,0l-TDI-Vergleichsprogramms zur Genehmigung vorgelegt:

(1) ein sogenannter Consent Decree, eine vom US-Justizministerium (DOJ) für die Environmental Protection Agency (EPA) und vom Bundesstaat Kalifornien über das California Air Resources Board (CARB) sowie den kalifornischen State Attorney General gemeinsam eingereichte Vereinbarung;
(2) eine von der Federal Trade Commission (FTC) eingereichte Vergleichsverfügung (Consent Order); und
(3) ein angestrebter Vergleich mit dem PSC im Namen eines bundesweiten Kläger-Zusammenschlusses derzeitiger und bestimmter früherer Eigentümer und Leasingnehmer von betroffenen 2,0l-TDI-Fahrzeugen der Marken Volkswagen und Audi mit dem Ziel der Beilegung der Sammelklage. Die Parteien sind davon überzeugt, dass die bei Gericht eingereichten Vereinbarungen eine faire und angemessene Lösung für die betroffenen Kunden von Volkswagen und Audi darstellen. Volkswagen wird weiterhin zügig daran arbeiten, für betroffene Fahrzeuge mit 3,0l-TDI-V6-Dieselmotor eine einvernehmliche Lösung zu erreichen.


Auf "negative Sondereinflüsse" entfallen 16,2 Milliarden Euro

Am 22. April 2016 hat Volkswagen im Zuge der Veröffentlichung seines Jahresabschlusses 2015 insgesamt negative Sondereinflüsse in Höhe von 16,2 Milliarden Euro erfasst, die sich auf weltweite Rückstellungen für technische Fahrzeuganpassungen und Rückkäufe, Rechtsrisiken sowie weitere Aufwendungen als Konsequenz der Diesel-Thematik beziehen. Wie bereits damals vermerkt, kann die zukünftige Bewertung von Risiken aufgrund der Komplexität und aufgrund von Rechtsunsicherheiten im Zusammenhang mit der Lösung der Diesel-Thematik eventuell abweichen.

"Die heutige Bekanntgabe bewegt sich im Rahmen unserer bereits veröffentlichten Rückstellungen und sonstigen finanziellen Verpflichtungen", erklärte Frank Witter, Finanzvorstand der Volkswagen AG. "Wir sind in der Lage, die Konsequenzen zu beherrschen. Die Bekanntgabe bedeutet für unsere US-Kunden und -Händler sowie auch für unsere Anteilseigner mehr Klarheit. Vergleichslösungen in dieser Größenordnung belasten uns ohne Zweifel erheblich. Wir werden uns nun auf die Umsetzung unserer TOGETHER-Strategie 2025 konzentrieren und daran arbeiten, die operative Exzellenz im gesamten Konzern zu verbessern", fuhr Frank Witter fort.


"Kein Schuldanerkenntnis von Volkswagen"

Juristisch bedeutsam dürfte sein, dass, wie es in der Pressemitteilung heißt, "die heute verkündeten Vereinbarungen stellen kein Schuldanerkenntnis von Volkswagen dar. Gemäß ihrer Bedingungen sind sie nicht darauf ausgerichtet, Volkswagens Verpflichtungen im Rahmen der Gesetze oder Bestimmungen eines Rechtssystems außerhalb der USA zu beeinflussen oder in jenen Anwendung zu finden". Die Regelungen zu Stickoxid (NOx) Emissionsgrenzwerten für Fahrzeuge in den USA seien sehr viel strenger als in anderen Teilen der Welt und die Motorenvarianten unterscheiden sich ebenfalls erheblich. Dies mache die Entwicklung technischer Lösungen in den Vereinigten Staaten schwieriger als in Europa oder anderen Regionen der Welt, wo die Umsetzung eines genehmigten Programms zur Anpassung von TDI-Fahrzeugen, mit dem die UN/ECE und europäischen Abgasnormen vollumfänglich erfüllt werden, in Übereinkunft mit den entsprechenden Behörden bereits begonnen hat.


Angestrebte 2,0l-TDI-Vergleichslösungen

Vorbehaltlich der gerichtlichen Genehmigung des angestrebten 2,0l-TDI-Vergleichsprogramms hat sich Volkswagen unter anderem zu folgenden Maßnahmen bereit erklärt:

Einen Rückkauf beziehungsweise eine vorzeitige Leasingrücknahme zu tätigen oder kostenlos die technische Anpassung von Fahrzeugen (sofern von EPA und CARB genehmigt) zu leisten sowie zusätzlich Ausgleichszahlungen an derzeitige und bestimmte frühere betroffene Eigentümer und Leasingnehmer vorzunehmen. Im Einzelnen bedeutet das:

  • Volkswagen wird einen eigenen Fonds zur Finanzierung des 2,0l-TDI-Vergleichsprogramms einrichten. Die Einlage in diesen Fonds wird einen Betrag von maximal 10,033 Milliarden US-Dollar nicht überschreiten. Konkret hängt der Betrag von der Anzahl der an dem Programm teilnehmenden Kunden ab sowie von den von eben diesen Kunden gewählten Optionen, sofern die vorgeschlagenen technischen Anpassungen von den Behörden freigegeben werden und somit als Möglichkeit zur Verfügung stehen.
     
  • Kunden können wählen, ob sie ihr Fahrzeug an Volkswagen zurückverkaufen oder ihr Leasing ohne Sanktion beenden, oder, sofern technische Maßnahmen genehmigt sind, ihr Fahrzeug kostenfrei anpassen lassen und es behalten. Kunden, die sich für eine dieser Optionen entscheiden, erhalten zusätzlich eine Ausgleichszahlung von Volkswagen.
     
  • Der Rückkauf-Wert eines in Frage kommenden Fahrzeugs wird auf dem "Clean Trade-In"-Wert basieren wie in der Ausgabe September 2015 des NADA "Used Car Guide" veröffentlicht, unter Berücksichtigung von möglichen Zusatzausstattungen und Meilenstand.

Folgende Umweltprogramme in den USA in Absprache mit EPA und CARB zu unterstützen:

  • Über einen Zeitraum von drei Jahren eine Summe von 2,7 Milliarden US-Dollar in einen von einem gerichtlich bestellten Treuhänder verwalteten Fonds einzuzahlen, um überhöhte Stickoxid-Emissionen (NOx) von 2,0l-TDI-Fahrzeugen auszugleichen.
     
  • Über zehn Jahre hinweg 2,0 Milliarden US-Dollar in die Infrastruktur für Null-Emissions-Fahrzeuge sowie in Initiativen zu investieren, die den entsprechenden Zugang und die öffentliche Sensibilisierung für diese Technologie fördern.

Wie der Konzern mitteilt, wird Volkswagen mit dem Vergleichsprogramm beginnen, sobald das Gericht die Vergleichsvereinbarungen abschließend genehmigt hat. Dies dürfte frühestens im Herbst 2016 der Fall sein.

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Quelle:
© 2016 by Irene Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung der Autorin


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Juni 2016

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