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ENTWICKLUNG/041: Bosch will Fußgängern mehr Sicherheit vor Autofahrern verschaffen (Irene Feldbauer)


Bosch will Fußgängern mehr Sicherheit vor Autofahrern verschaffen

Dem sollen verbesserte Fahrerassistenzsysteme dienen

von Irene Feldbauer, 13. Oktober 2015


2014 sind allein auf deutschen Straßen 523 Passanten ums Leben gekommen. Das ist ein Anteil von 15,5 Prozent aller Verkehrstoten in Deutschland. Bosch will das ändern und Fußgängern, den schwächsten Verkehrsteilnehmern, mehr Sicherheit verschaffen. Dazu entwickelt das Unternehmen immer umfassendere Fahrerassistenzsysteme, die den Fußgänger besser schützen und das Ziel vom verletzungs- und unfallfreien Fahren verwirklichen sollen. Wie eine Pressemeldung vom Dienstag des Bereich Forschung informiert, arbeiten dazu bereits Wissenschaftler auf dem neuen Forschungscampus des Unternehmens in Renningen bei Stuttgart an einem anwendungsnahen System, das Autofahrern helfen soll, eine drohende Kollision mit Fußgängern sowohl beim Bremsen als auch beim Ausweichen zu vermeiden.


Foto: © Bosch

Infografik: Fahrerassistenzsysteme bei Bosch - Rechtzeitiges Ausweichen vor Fußgängern
Dr. Lutz Bürkle arbeitet in der zentralen Forschung und Vorausentwicklung von Bosch unter anderem an neuen Fahrerassistenzsystemen. Sensoren erkennen dabei plötzlich auftauchende Hindernisse wie Fußgänger. Anschließend verstärkt das System - wenn nötig - die Lenkbewegung des Fahrers beim Ausweichen.
Foto: © Bosch

Lässt sich ein Zusammenstoß mit einem plötzlich auftauchenden Passanten allein durch Bremsen nicht mehr verhindern, berechnet der Assistent blitzschnell eine Ausweichroute. Sobald der Autofahrer das lebensrettende Fahrmanöver startet, unterstützt ihn das System beim Lenken. "Reagiert der Fahrer mindestens eine halbe Sekunde vor der Kollision, kann das Assistenzsystem unseren Untersuchungen zufolge 60 Prozent der Zusammenstöße verhindern", erklärt Projektleiter Dr. Lutz Bürkle von der zentralen Forschung und Vorausentwicklung.


2018 Serienfertigung geplant

Bereits 2018 soll das neue System in die Serienfertigung gehen. Zur Erprobung der Technik haben Bürkle und sein interdisziplinäres Team ein Forschungsfahrzeug aufgebaut, dessen zentraler Bestandteil eine Stereo-Videokamera von Bosch, ist, die auch bereits in Serienmodellen zum Einsatz kommt. Hinter der Frontscheibe im Bereich des Innenspiegels installiert, liefert die Kamera ein dreidimensionales Bild der Umgebung vor dem Auto und erkennt Fußgänger sowie den Gegenverkehr und Hindernisse auf der Fahrbahn.


Dr. Lutz Bürkle arbeitet im Fahrzeugcockpit am Computer, Foto: © Bosch

Dr. Lutz Bürkle sorgt mit seiner Forschungsarbeit in Renningen für mehr Sicherheit von Fußgängern. Lässt sich ein Zusammenstoß mit einem plötzlich auftauchenden Passanten allein durch Bremsen nicht mehr verhindern, berechnet der von Bürkles Team erdachte Assistent blitzschnell eine Ausweichroute.
Foto: © Bosch


Berechnung in Bruchteilen von Sekunden

Ein Computer im Kofferraum des Forschungsfahrzeugs wertet die Informationen aus. Taucht im Sichtfeld der Stereo-Videokamera ein Fußgänger auf, berechnet das System die Wahrscheinlichkeit einer Kollision sowie eine mögliche Ausweichroute. Das alles passiert blitzschnell - mehr als zehn Mal in der Sekunde. Die richtige Interpretation der Kamerabilder und der jeweiligen Fahrsituation ist dabei besonders anspruchsvoll. "Um die Ausweichroute möglichst exakt planen zu können, müssen wir zum Beispiel vorhersehen, wo der Fußgänger in einer Sekunde voraussichtlich sein wird", erklärt Bürkle.

Die Entwicklung der dafür benötigten Algorithmen ist ein Kernstück der Arbeit. Dabei hilft die vielfältige Softwarekompetenz von Bosch, die das Unternehmen immer weiter ausbaut.


Beitrag zum automatisierten Fahren

Mit ihrer Arbeit zur Analyse von Kamerabildern wollen die Bosch-Forscher auch einen wichtigen Beitrag für die Entwicklung des automatisierten Fahrens leisten. Geplant ist laut Pressemitteilung, dass ab 2020 Autos mit dem Autobahnpiloten von Bosch beispielsweise hochautomatisiert über die Autobahn fahren können, ohne dass die Fahrer sie ständig überwachen müssen. Basis dafür ist unter anderem ein genaues, von verschiedenen Sensoren erzeugtes Bild des Fahrzeugumfelds. Bosch setzt hierbei neben seinen Mittel- und Fernbereichs-Radarsensoren auch auf die Stereo-Videokamera und das Know-how aus der Bildverarbeitung. Das Ziel von Bosch bei der Entwicklung des automatisierten Fahrens ist in erster Linie die Erhöhung der Sicherheit im Straßenverkehr. Weltweit sterben jedes Jahr schätzungsweise 1,3 Millionen Menschen durch Verkehrsunfälle. In 90 Prozent der Fälle ist menschliches Fehlverhalten schuld. Technische Unterstützung in schwierigen und unübersichtlichen Verkehrssituationen kann Leben retten.

Noch bevor automatisierte Fahren serienreif sein werde, will Bosch noch eine ganze Reihe nützlicher Fahrerassistenzsysteme auf den Markt bringen. Die Bildanalyse und das Ermitteln von Ausweichrouten lassen sich zum Beispiel auch für einen Engstellen-Assistenten nutzen. Besonders in Städten sind Straßen häufig auf beiden Seiten dicht zugeparkt. Hält dann noch ein Lieferwagen in zweiter Reihe, wird es ganz schnell sehr eng. Erneut sollen dann die Bilder der Stereo-Videokamera die entscheidenden Informationen liefern. Der Rechner wertet sie aus und der Assistent steuert die elektrische Servolenkung so, dass ein kollisionsfreies Durchfahren auch bei nur wenig Platz möglich ist. "Die Beispiele zeigen, wie Bosch die Mobilität mithilfe von Sensoren, Software und Know-how in der Bildverarbeitung sicherer machen kann", sagt Dr. Michael Bolle, Leiter der zentralen Forschung und Vorausentwicklung bei Bosch.


31 Partner arbeiten am Projekt zusammen

Zur Verwirklichung des Forschungsziels entstand ein öffentlich gefördertes Verbundprojekt "UR:BAN", in dem sich 31 Partner aus der Automobil- und Zulieferindustrie, von Elektronik-, Kommunikations- und Softwarefirmen, Universitäten sowie Forschungsinstituten und Städte zusammengeschlossen haben. Ziel der Zusammenarbeit sind Fahrerassistenz- und Verkehrsmanagementsysteme für das städtische Umfeld. Finanziell unterstützt wird das Projekt vom Bundeswirtschaftsministerium. Weil eine enge Zusammenarbeit von Wirtschaft und Wissenschaft dazu beiträgt, die Innovationskraft zu stärken, arbeitet Bosch weltweit mit fast 250 Universitäten und Forschungseinrichtungen zusammen.

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Quelle:
© 2015 by Irene Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung der Autorin


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Oktober 2015

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