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FORSCHUNG/282: Wann lohnt die Deich-Sanierung? - Software zur Prognose von Deichversagen (idw)


Universität Stuttgart - 30.01.2009

Wann lohnt die Deich-Sanierung? - Software zur Prognose von Deichversagen


Hochwasserereignisse wie an der Elbe in den Jahren 2002 und 2006 oder zuletzt in weiten Teilen Großbritanniens haben gezeigt, dass es eine absolute Sicherheit gegen Überflutungen nicht gibt. Die Institute für Geotechnik und für Wasserbau der Uni Stuttgart haben jedoch ein Computerprogramm entwickelt, mit dem sich insbesondere an Mittelgebirgsflüssen die Wahrscheinlichkeit eines Deichversagens ermitteln lässt. Die Software mit dem Namen "PC-River" entstand im Rahmen des Förderprogramms RIMAX (Risikomanagement extremer Hochwasserereignisse). Sie baut auf Erfahrungen bei der Analyse von Seedeichen in den Niederlanden auf.

Klassische Ansätze der Deichbemessung im Hochwasserschutz berücksichtigen Unsicherheiten bei den Eingangsdaten nicht. Das Programm der Stuttgarter Wissenschaftler dagegen erstellt eine Zuverlässigkeitsanalyse, die detaillierte Aussagen über das Schutzniveau eines Deiches (also über die Wahrscheinlichkeit, dass der Deich vor einem Hochwasser schützt) zulässt. Die Software verarbeitet zum einen Nutzerdaten wie die Höhe und Breite des Deiches, die Beschaffenheit des Untergrundes sowie die Wasserstände und Windstatistiken der Vergangenheit. Zum anderen können verschiedene Versagensmechanismen berücksichtigt werden: Das Überströmen des Deiches ebenso wie dessen innere Erosion durch Unterspülungen, die Erosion der Deckschicht oder Böschungsinstabilitäten. Aus diesen Werten errechnet die Software für jeden Deichabschnitt eine so genannte Versagenswahrscheinlichkeit. Diese drückt zum Beispiel aus, dass ein Deich statistisch einmal in 300 Jahren brechen kann. Durch eine Anbindung an gebräuchliche Programme der hydraulischen Berechnung von Hochwasserwellen kann die Software in der Praxis mit vertretbarem Aufwand angewendet werden. Das Verfahren erweist sich insbesondere bei der Verknüpfung mit Hochwasserschäden für nutzen-kosten-basierte Risikoanalysen als wertvoll.

Anhand einer Fallstudie an der Elbe in Sachsen wurde die Anwendbarkeit von PC-River belegt. Das dortige Hochwasser im Jahr 2002 bot die Möglichkeit, die Ergebnisse der Fallstudie mit der Deichbruchstatistik, die nach Versagensmechanismen unterscheidet, zu vergleichen. Dabei zeigte sich eine gute Übereinstimmung von berechneten und beobachteten Werten.

Um den Schutzgrad eines Deiches zu beurteilen, ermitteln die Stuttgarter Wissenschaftler in einem neuen Ansatz einen so genannten Zuverlässigkeitsbord. Der an das in der Praxis geläufige Freibordmaß angelehnte Wert berücksichtigt eine Sicherheitsreserve für die Unterspülung oder anderen Versagensmechanismen und rechnet diese in die Deichhöhe um. PC-River bietet ein Werkzeug, das es ermöglicht, bei knappen Budgets besonders dringende Maßnahmen zur Deich-verstärkungen zu identifizieren und zu priorisieren. Zudem lässt sich quantifizieren, ob das Geld für Sanierungsmaßnahmen in einem bestimmten Deichabschnitt effizient eingesetzt wird.


Ansprechpartner: Axel Möllmann, Institut für Geotechnik, Tel. 0711/685 63779, e-mail: axel.moellmann@igs.uni-stuttgart.de, Uwe Merkel, Institut für Wasserbau, Tel. 0711 / 685 60107, e-mail: uwe.merkel@iws.uni-stuttgart.de

Text und Bild unter www.uni-stuttgart.de/presse/mediendienst/6/

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Hochwasser an der Elbe im Frühjahr 2006.

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Stuttgart, Ursula Zitzler, 30.01.2009
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E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Februar 2009