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WALD/386: Hambacher Forst - ein Appell ... (Michael Zobel)


60 Monate Waldspaziergang - kein Ende abzusehen

Appell zur Rettung von Dörfern und Wald

von Michael Zobel, 10. April 2019


Guten Tag zusammen,

60 Monate Waldspaziergang am Hambacher Wald, Wald statt Kohle, Sonntag, 14. April, 11.30 Uhr Treffpunkt, diesmal in Morschenich, 12.00 Uhr geht es los... Begrüßung der TeilnehmerInnen durch Eva Töller, Michael Zobel und Todde Kemmerich, dann übernimmt Eva...

Zeitgleich gibt es einen Dorf- und Naturspaziergang in Keyenberg, dort führe ich im Auftrag von WDR5 unter dem Motto Was die Bagger noch holen wollen. (Anmeldung bei WDR5)

Seit 60 Monaten führen wir Menschen durch den Wald und die Dörfer, weit mehr als 50000 TeilnehmerInnen waren bisher dabei. Und wir haben vermeintlich viel erreicht. Zwei Jahre hintereinander gab es keine Rodungssaison, der wunderbare Wald steht immer noch. Die Kohlekommission hat seinen Erhalt für "wünschenswert" erklärt, die Landesregierung NRW möchte die Empfehlung eins zu eins umsetzen. Und RWE prüft den Erhalt des Waldes ebenfalls... so zumindest wird es der Öffentlichkeit vermittelt.

Doch im der Realität sieht es komplett anders aus. Die Bagger kommen immer näher, inzwischen beträgt die Entfernung Schaufelrad/Waldrand an einer Stelle deutlich unter 200 Meter. Legt es RWE wirklich darauf an, den Wald in den Tagebau rutschen zu lassen? Nimmt die Politik das reglos hin, schauen die Gerichte diesem Treiben weiter zu? Manheim wird weiter täglich ausradiert, in wenigen Wochen soll die Kirche fallen, in Morschenich werden die Gärten verwüstet, die ersten Häuser sind unbewohnbar gemacht worden. Niemals werden die Kohlebagger diese beiden Orte erreichen, wenn die Empfehlungen der Kommission umgesetzt werden. Trotzdem werden tagtäglich weitere unumkehrbare Tatsachen geschaffen. Den verbliebenen Bewohnern der Dörfer am Tagebau Hambach und am Tagebau Garzweiler wird das Leben zur Hölle gemacht. Und das, wo doch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung vorgerechnet hat, dass Wald und Dörfer bleiben können, ohne die Energieversorgung des Landes ernsthaft zu gefährden.

Wer gedacht hatte, wir hätten unsere Ziele erreicht, hat sich dramatisch getäuscht. Entschieden ist gar nichts. Die Bagger baggern weiter, das Grundwasser wird weiter abgepumpt, Menschen werden weiter vertrieben, Agrar- und Kulturland wird unwiederbringlich vernichtet.

Und wir werden weiter belogen, erst gestern wurde offiziell von der Landesregierung bestätigt, dass die Räumung der Baumhäuser im Hambacher Wald im Auftrag von RWE durchgeführt wurde. NRWE? Niemals so offensichtlich wie jetzt. 60000 Euro hat die Landesregierung an externe Gutachter gezahlt, um Vorwände für den größten und teuersten Polizeieinsatz in der Geschichte NRW's zu finden. Weitere Stichworte, die Böschungslüge, Polizeieinsätze unter dem Vorwand einer nicht existierenden "Verkehrssicherungspflicht", unter Polizeischutz gefällte Bäume, massiver Ausbau von waldfremden Pisten im potentiellen FFH-Gebiet...

Das Alles nehme ich erneut zum Anlass für einen eindringlichen Appell an RWE, an die Politik, an die Gewerkschaften und die Kirchen, ihrer Verantwortung gerecht zu werden, Dörfer und Wald zu retten und für eine dauerhafte Befriedung der Region zu sorgen.

Es geht um Glaubwürdigkeit, es geht um die Ernsthaftigkeit der Energiewende, es geht um die Bewahrung der Schöpfung.

Im Anhang mein Appell, er geht an führende Vertreter von RWE einschließlich Herrn Schmitz. Dazu an den Bundespräsidenten Frank Walter Steinmeier, die Bundeskanzlerin Angela Merkel, an die Bischöfe Woelki und Dieser, an den Präses der evangelischen Kirche im Rheinland Rekowski und den Vizepräses Pistorius, an die Vorsitzenden der Gewerkschaften IGBCE und ver.di Michael Vassiliadis und Frank Bsierske, an den Ministerpräsidenten von NRW Armin Laschet, an Christian Lindner und an den Aachener Polizeipräsidenten Dirk Weinspach. Zusätzlich per Mail an alle aktuellen Bundestagsabgeordneten, an die Landtagsabgeordneten in Düsseldorf.

Weiterhin versende ich meinen Appell an die bundesweite Presse und an Menschen, die sich seit Jahren mit dem Thema in unterschiedlichster Weise beschäftigen.

Ich bin dankbar

• wenn Sie als Pressevertreter diesen Appell aufgreifen, zum Thema machen, die Bilder der Zerstörung in die Welt bringen, bei RWE, der Politik und den anderen Entscheidungsträgern nachfragen.

• wenn Sie als Politiker den Appell lesen und schnellstens in Handeln umsetzen.

• wenn der Appell über möglichst viele Verteiler bei möglichst vielen Menschen ankommt.

• wenn Sie an einem der kommenden Spaziergänge im Hambacher Wald und in den Dörfern teilnehmen, Sie sind herzlich eingeladen, die nächsten Termine sind der 14. April, 12. Mai, 16. Juni, 14. Juli...

Danke für Ihr Interesse und Ihre Unterstützung.

Für Rückfragen stehe ich natürlich jederzeit zur Verfügung,
mit hoffnungsvollen Grüßen,

Michael Zobel
Naturführer und Waldpädagoge aus Aachen

*

Appell im April 2019 - Versöhnen statt spalten - Wald und alle Dörfer können bleiben

April 2019, es ist viel in Bewegung, wir stehen vor großen Veränderungen. Der Klimawandel wird immer drastischer, der UN-Generalsekretär ruft um Hilfe. Steigender Meeresspiegel, Dürren, Überschwemmungen, Tornado in der Eifel. Die "Jahrhundertereignisse" im Monatstakt. Und was machen wir? Weiter wie gehabt? Aussitzen hilft nicht mehr. Vielleicht sind es am Ende unsere Kinder, die Schüler und Studenten, die für eine drastische Wende sorgen. Indem sie weltweit auf die Straßen gehen und für ihr Überleben und ihre Zukunft kämpfen. Unterstützt von Eltern, Lehrern, Wissenschaftlern, Künstlern. Unüberhörbar, unübersehbar. Es geht um nicht weniger als um das Überleben auf diesem Planeten. Viele Akteure sind jetzt gefragt, wir haben keine Zeit mehr. Die Erkenntnisse liegen auf dem Tisch, jetzt muss gehandelt werden, bei uns und anderswo.

Regierung und Politik

Frau Merkel, Herr Altmeyer, Frau Schulze, Herr Laschet, setzen Sie mindestens die Empfehlungen der Kohlekommission sofort um. Oder zeigen Sie der Welt, dass Sie die Zeichen der Zeit erkannt haben und gehen Sie noch über die Empfehlungen der Kommission hinaus. Greifen Sie die Sorgen vor allem der jungen Menschen auf, diese Bewegung ist nicht aufzuhalten. Herr Laschet, mit einem Rodungs-Moratorium bis 2020 ist niemandem gedient. Helfen Sie mit, einen dauerhaften Rodungsstopp durchzusetzen, setzen Sie genau dieses Zeichen, viele Menschen werden Ihnen dankbar sein.

Kirchen

Es geht um die Bewahrung der Schöpfung. Nicht nur als Lippenbekenntnis. Auch durch Taten. Entwidmen Sie keine Kirchen in den Tagebaudörfern mehr. Verkaufen Sie keine weiteren Gotteshäuser an RWE. Retten Sie die Kirchen in Manheim, Morschenich, Keyenberg, Kuckum und den anderen Dörfern an den Tagebauen. Stellen Sie sich an die Seite der Menschen, die in ihrer angestammten Heimat bleiben wollen.

Gewerkschaften

Angst ist ein denkbar schlechter Ratgeber. Der Strukturwandel ist in vollem Gange, jetzt wird er zusätzlich angeschoben mit großen Summen. Sagen Sie Ihren Mitgliedern, dass die kommenden Veränderungen eine ganz große Chance für die Braunkohlereviere sind. Schon jetzt äußern die Arbeitsagenturen, dass der Bedarf an Arbeitskräften im Revier in den kommenden Jahren kaum gedeckt werden kann. Für mich gehört zu den Aufgaben von Gewerkschaften, für zukunftsfähige und nachhaltige Beschäftigung zu arbeiten. Nehmen Sie den Beschäftigten die Sorge vor den längst überfälligen Veränderungen...

Fridays for Future

Ich setze auf die jungen Menschen. Sie nehmen das Handeln jetzt selbst in die Hände, hunderttausendfach jeden Freitag, bei uns, weltweit. Die "Profis" hatten genug Zeit, jetzt läuft die Zeit davon. Und je größer die Restriktions-Drohungen und die Schmähungen werden, umso klarer wird, dass die jungen Leute auf dem richtigen Weg sind. Ich freue mich, für meine Kinder und meine Enkel. Zusammen mit vielen Eltern, Lehrern, Wissenschaftlern, Künstlern. Und wir bleiben dabei, in den kommenden Wochen und Monaten. Auch am 21. Juni in Aachen, mit 50000 oder mehr Menschen aus ganz Europa, unsere Stadt wird dann das Zentrum der ständig wachsenden Bewegung sein. Danke, Fridays for Future!

RWE

Ich appelliere an den Konzern. Hören Sie sofort auf, tagtäglich unumkehrbare Tatsachen zu schaffen. Hören Sie auf, den Hambacher Wald zu zerstören. Stoppen Sie die Bagger auf der oberen Sohle. Hören Sie auf mit der Zerstörung der Dörfer, niemals wird ein Braunkohlebagger Manheim oder Morschenich erreichen. Stoppen Sie die Vertreibung der Menschen aus den Dörfern. Machen Sie möglich, dass Menschen in ihrer Heimat bleiben. Helfen Sie mit, den Tagebaudörfern eine neue Zukunft zu geben. Hören Sie auf mit Ihrer unsäglichen Propaganda. Mit der Böschungslüge am Hambacher Wald. Zweimal haben Sie den Stillstand des Tagebaus Hambach beschworen. Vor Gericht. Ohne Rodungen käme das Ende des Tagebaus. Unwahr. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat Ihnen präzise vorgerechnet, dass Dörfer und Wald erhalten bleiben können, ohne die Tagebaue in den kommenden Jahren stoppen zu müssen. Hören Sie auf, Öl ins Feuer zu gießen, helfen Sie mit, eine ganze Region zu befrieden.

Waldbewohner und Waldschützer

Bekanntlich habe ich großen Respekt vor den Menschen im Wald, die seit sieben Jahren den Wald unter großem persönlichem Einsatz vor der endgültigen Vernichtung bewahrt haben. Ich verlange aber von jedem Menschen, der sich für den Erhalt des Hambacher Waldes einsetzt, dass er sehr genau überlegt, welche Handlungen dem gemeinsamen Ziel dienlich sind und welche nicht. Es gibt auf beiden Seiten Menschen, die nicht an einer friedlichen Lösung interessiert sind. Unüberlegte Handlungen werden gerne benutzt, um von jeglicher inhaltlicher Diskussion abzulenken. Und genau das brauchen wir nicht.

Polizei

Ich appelliere an den Innenminister, die unsägliche Eskalations-Rhetorik einzustellen. Sie dient nicht dem Frieden. Ich appelliere an die Polizei von NRW und darüber hinaus, sich nicht weiter für eine verfehlte Politik missbrauchen zu lassen. Aktuell wird bekannt, dass der große Räumungseinsatz im September 2018 eben doch von RWE beauftragt war, die Landesregierung NRW hat externe Gutachter beauftragt, nach Vorwänden für diesen sündhaft teuren und völlig sinnlosen Einsatz zu suchen. Ein Skandal. Baumhäuser können geräumt werden. Wieder und wieder. Aber mit diesen überflüssigen und teuren Einsätzen wird nicht ein einziges Problem gelöst. Mit jedem Ihrer Einsätze wird ein weiteres Stück des Hambacher Waldes massiv geschädigt. Es kann und darf nicht sein, dass die Polizei des Landes sich so zum Erfüllungsgehilfen eines profitorientierten Konzerns macht.

Danke für Ihr Interesse und Ihre Unterstützung.
Für Rückfragen stehe ich natürlich jederzeit zur Verfügung,
mit hoffnungsvollen Grüßen,

Michael Zobel
Naturführer und Waldpädagoge aus Aachen

*

Quelle:
Michael Zobel, 10. April 2019
Naturführer und Waldpädagoge
E-Mail: info@zobel-natur.de
Internet: www.naturfuehrung.com


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. April 2019

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