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WALD/313: Hambacher Forst - ablenken, spalten, schwächen ... (Zucker im Tank)


Pressemitteilung von Zucker im Tank - 16. September 2018

Blockadeaktion "NiederAUSmachen" drosselt Kohlekraftwerk Niederaußem um 79 %


Die Aktion "NiederAUSmachen" wurde gestern (15.09.2018) gegen 16:00 Uhr beendet. Mehr als 20 Aktivist*innen haben das Braunkohlekraftwerk Niederaußem über ca. sieben Stunden so effektiv blockiert, dass RWE das Kraftwerk bis auf 21 % der Leistung herunterfahren musste. Mit Ankett-Vorrichtungen und einem Tripod, einem dreibeinigen ca. fünf Meter hohen Klettergestänge, wurden die Kohleförderbänder blockiert. An anderer Stelle im Kraftwerk besetzten fünf Kletteraktivist*innen drei Kohlebagger. Laut den Aktivist*innen war die Aktion eine Solidaritätsbekundung für die Klimaaktivist*innen im Hambacher Forst und gegen die aktuelle Räumung der Baumhäuser dort gerichtet. "Wenn RWE räumt und den Wald rodet, nehmen wir ihre Kraftwerke vom Netz. Wir bleiben so lange aktiv, bis die massive Zerstörung des Klimas und unserer Lebensgrundlage beendet ist."

Durch die beiden Blockaden wurde die Kohlezufuhr des Kraftwerks komplett abgeschnitten. Niederaußem stößt im Jahr 25 Millionen Tonnen CO2 aus und ist damit Europas drittgrößte CO2-Quelle. Durch die Aktion wurden ca. 28.000 t Kohle eingespart. Eine Tonne Braunkohle stößt ziemlich genau eine Tonne CO2 aus. Durch die Aktion wurden demnach ca. 28.000 t CO2 nicht ausgestoßen. Das entspricht dem jährlichen CO2-Ausstoß von durchschnittlich 3000 Personen in Deutschland.

Die Aktivistin Martina Pruisken sagte: "Das Kraftwerk ist Teil der Zerstörung unserer Lebensgrundlagen durch den Kapitalismus. Es muss sofort abgeschaltet werden - das haben wir heute selbst in die Hand genommen."

Die Blockierer*innen lösten durch ihre Aktion einen Großeinsatz der Polizei aus, die mit einer Vielzahl sogenannter Technischer Einheiten und Klettereinheiten anwesend war. "Wenn die Technischen Einheiten der Polizei hier räumen, ziehen wir sie von anderen Orten, wie dem Hambacher Forst, ab. Das war auch unser Ziel", so die Aktivistin Shirin Ploen. Zu einer gefährlichen Situation kam es, als Polizeikräfte versuchten das Tripod, mit der noch dort verankerten Person hoch zu heben. "Das ist lebensgefährlich. Bei Tripods muss auf jeden Fall mit einer Hebebühne oder ähnlichem geräumt werden, um die Beteiligten nicht zu gefährden."

Am Sonntagmorgen (16.09.) wurden einige Aktivist*innen freigelassen. Der Großteil befindet sich nach wie vor in der Gefangenensammelstelle der Polizei.

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Pressemitteilung von Zucker im Tank - 15. September 2018


Niederaußem, 15.09.2018. Seit heute morgen um 6:45 Uhr blockieren über 20 Aktivist*innen der Aktionsgruppe "NiederAUSmachen" an insgesamt fünf Blockadepunkten das Kraftwerk Niederaußem, welches von RWE im Rhein-Erft-Kreis betrieben wird. Mehrere Gruppen von Aktivist*innen haben drei Kohlebagger auf dem Kraftwerksgelände besetzt, welche die Kohle von einem Bunker zum Verbrennen ins Kraftwerk transportieren. Am einem anderen Bunker im westlichen Teil des Geländes haben weitere Gruppen mittels Lock-On und Tripod Kohleförderbänder besetzt.

"Unsere Aktion steht in Solidarität mit dem Kampf um den Hambacher Forst und mit allem für was er steht. Seit Jahren ist er ein Kristallisationspunkt der Klimagerechtigkeitsbewegung und ein Ort des Widerstands gegen das bestehende auf Herrschaft und Ausbeutung basierende System. RWE, die Polizei und die Landesregierung glauben vielleicht, dass eine Räumung den Widerstand schwächen wird. Aber ganz im Gegenteil: wenn der Wald und Baumhäuser geräumt werden, kommen wir nur umso entschlossener wieder - auf der Straße, auf Bäumen, auf Baggern. Klimakiller wie dieses Kraftwerk sind angreifbar! Und wir sagen: für jeden Baum eine Mega-Wattstunde!", sagt Myriam, eine Aktivistin aus der Aktion heraus.

Das Kraftwerk Niederaußem, hat eine Leistung von 3.396 MW und stößt 27,3 Millionen Tonnen C02 jährlich aus. Es wird mit Kohle aus den Tagebauen Hambach und Garzweiler befeuert. Der Preis für den Betrieb solcher gigantischen Emmissionsquellen ist hoch: sie tragen sowohl zur Zerstörung von Landschaften vor Ort als auch zur globalen Erwärmung bei.

"Dieses Kraftwerk steht ganz real für die tödlichen Auswirkungen von Kapitalismus und Kolonialismus hier und weltweit. Das wollen wir mit unserer Aktion stoppen und nicht an die Regierenden appellieren, die gerade mit der Kohlekommission versuchen, einen Konflikt zu befrieden, der erst zu Ende ist, wenn es global ein gutes Leben für alle gibt", erklärt Myriam weiter.

Seit Jahren formiert sich breiter Widerstand gegen die Abbaggerung und Verstromung von Braunkohle im Rheinischen Revier. Zuletzt haben sich auch Gewerkschaften und Kirchen für einen Räumungs- und Rodungsstopp ausgesprochen. "Für die Profitinteressen eines einzelnen Konzerns setzt der Staat im Hambacher Forst gewaltvoll eine Räumung durch und damit auch die Rodung einiger Bäume. Er zeigt damit einmal mehr, dass er nicht die richtige Antwort auf die Interessen von Lebewesen und Klima ist."

Parallel zu dieser Aktion hat die Aktion Unterholz heute zu massenhaften Aktionen zivilen Ungehorsams aufgerufen. "Gemeinsam werden wir ausreichend intervenieren, um nicht nur Klimaschutz von unten durchzusetzen, sondern auch dafür zu sorgen, dass technische Einheiten der Polizei den Wald verlassen müssen", äußert sich Sheila am Blockadepunkt im Westen des Kraftwerksgeländes.

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Quelle:
Zucker im Tank - Pressemitteilungen vom 15. und 16.09.2018
E-Mail: zuckerimtank@riseup.net
Internet: www.zuckerimtank.net


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. September 2018

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