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LANDRAUB/024: ProSavana - contra Kleinbauern!? (FUE Rundbrief)


Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 4/2013
Holzplantage oder Ökosystem? - Wälder unter Nachfragedruck

ProSavana - contra Kleinbauern!?
Land Grabbing im Norden Mosambiks bedroht Ernährungssicherung

Von Christine Wiid und Andreas Bohne



Noch vage, aber dennoch beeindruckend: Zwischen 6 und 10 Millionen Hektar soll die Fläche von ProSavana umfassen. Damit bietet das Programm ein drastisches Beispiel für großflächige Landnahmen. Die mosambikanische Zivilgesellschaft kritisiert mangelnde Transparenz und befürchtet die Bedrohung der lokalen Ernährungssicherung.


ProSavana: Hinter diesem Wort verbirgt sich ein Programm, das im Jahr 2009 hinter verschlossenen Türen beschlossen wurde und seit knapp zwei Jahren die mosambikanische und zunehmend auch die internationale Zivilgesellschaft bewegt. Im Norden von Mosambik, im sogenannten Nacala-Korridor, soll eine mehrere Millionen Hektar große Fläche dem Agribusiness überlassen werden. Die Fläche erstreckt sich über Teile der drei Provinzen Nampula, Zambezia und Niassa. Das Gemeinschaftsprogramm erfolgt mit mosambikanischer, brasilianischer und japanischer Beteiligung. Insbesondere Erfahrungen aus Brasilien sollen übernommen werden und so basiert ProSavana auf dem brasilianischen Vorläuferprogramm Prodecer, das die Savannenlandschaft Cerrado in großflächige Soja-Monokulturen verwandelte.


Kritik aus der Zivilgesellschaft
Die mosambikanische Kleinbauernlobbyorganisation ORAM bezweifelt jedoch, dass sich das brasilianische Modell auf Mosambik übertragen lässt und fürchtet, dass ProSavana mit Landverlusten für Kleinbauern und -bäuerinnen einhergehen wird. »Es gibt keine freien Flächen« sagt Calisto Ribeiro bei einem Besuch in Deutschland im September. »Der Konflikt um Land ist vorprogrammiert«. ORAM hat die Diskussion um ProSavana von Beginn an verfolgt und mit geführt.

Im April 2013 gelangte der Masterplan für ProSavana erstmals an die Öffentlichkeit. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Entwicklung des Programms vor allem durch Intransparenz, fehlende Gemeindekonsultationen und öffentliche Beteiligung gekennzeichnet. Während brasilianische und japanische Delegationen bereits Sondierungsreisen in die Region unternahmen, hatten die etwa vier Millionen betroffenen Kleinbauern und -bäuerinnen noch keinerlei Informationen über das Programm und die möglichen Auswirkungen auf ihre Lebensumstände erhalten. Dazu passt auch, dass der Masterplan von einer ausländischen Gutachtergruppe, quasi ohne mosambikanische Beteiligung, verfasst wurde.

Mosambikanische NROs wie ORAM, der nationale Kleinbauernverband UNAC oder die Umweltorganisation JA! schlagen daher Alarm. Sie befürchten eine Zunahme von Land Grabbing und die Entstehung einer Klasse von Landlosen, soziale Unruhen und massive Umweltschädigungen. Die Bedürfnisse und das Wissen der lokalen Bevölkerung werden nur ungenügend berücksichtigt. Stattdessen soll eine intensive Landwirtschaft auf Grundlage kommerziellen Saatguts, Einsatz von Chemikalien und privater Landtitel forciert werden.

Als eine Reaktion formulierten NROs einen offenen Brief an die Regierungschefs Mosambiks, Brasiliens und Japans, der jedoch bisher unbeantwortet blieb. Und auch auf einer von der Zivilgesellschaft organisierten Konferenz im August 2013 in der mosambikanischen Hauptstadt Maputo wurde der Konflikt zwischen den Modellen einer kleinbäuerlichen Landwirtschaft und agroindustriellen Großbetrieben sehr deutlich. Doch selbst bei den Verfechtern von ProSavana gibt es unterschiedliche Positionen: Während der Masterplan klar großflächige Landwirtschaftsinvestitionen, vor allem für den Export, vorsieht und dafür auch Umsiedlungen in Kauf nimmt, erklärt das mosambikanische Landwirtschaftsministerium, dass das Ziel die Förderung kleiner und mittlerer landwirtschaftlicher Betriebe sei.


Der Diskurs verändert sich
Diese Aussage passt sich klar den Diskursänderungen an, die die japanische Wissenschaftlerin und ProSavana-Kritikerin Sayaka Funada Classen identifiziert hat. Zu Beginn wurden der Erfolg des Cerrado-Programms und die japanisch-brasilianische Süd-Süd-Kooperation herausgestellt. Ebenso wurde die notwendige Übertragung des Ansatzes in afrikanische Savannengebiete wie den Norden Mosambiks betont - nach Ansicht von Befürwortern von ProSavana eine »unternutzte« und »landwirtschaftlich stagnierende« Region. Danach erfolgte eine Betonung der Rolle von Unternehmen für die Umsetzung des Programms. Sicherlich auch aufgrund der zivilgesellschaftlichen Kritik erfolgte in den letzten zwei Jahren eine Umdeutung von ProSavana hin zu einer Unterstützung kleinbäuerlicher Strukturen gemeinsam mit einer Förderung des Agribusiness. Gerade aufgrund dieser Diskursänderung kritisieren NROs, dass ProSavana als »Entwicklungsprojekt« verkauft wird, aber in Wirklichkeit nur dem Agribusiness dient.


Erste Trends sichtbar?
Die Zivilgesellschaft fordert daher einen Stopp von ProSavana bzw. eine fundamentale Neuausrichtung, denn im Rahmen von ProSavana werden bereits erste kleinere Pilotprojekte, sogenannte »Quick Impact Projects«, umgesetzt. So berichtet Calisto Ribeiro von Kleinbauern aus den Distrikten Gurue (Provinz Zambezia) und Ribaue (Provinz Nampula), die im Rahmen eines solchen Pilotprojekts, bei dem es um die Vermehrung von Saatgut geht, bereits ihr Land verloren haben. Eine Entschädigung haben die Bauern nicht erhalten und Gemeindekonsultationen, die das mosambikanische Landrecht eigentlich vorsieht, fanden nicht statt. Auch in anderen Regionen drohen neue Landkonflikte.


Christine Wiid ist Projektreferentin für Mosambik beim INKOTA-Netzwerk und Andreas Bohne ist Projektmanager Afrika bei SODI.


Das Forum Umwelt & Entwicklung wurde 1992 nach der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung gegründet und koordiniert die Aktivitäten der deutschen NRO in internationalen Politikprozessen zu nachhaltiger Entwicklung. Rechtsträger ist der Deutsche Naturschutzring, Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzverbände (DNR) e.V.

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Quelle:
Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 4/2013, S. 34
Herausgeber: Projektstelle Umwelt & Entwicklung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Februar 2014