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INTERVIEW/154: Klimarunde, Fragestunde - Erstickt nicht den Atem der Natur ...    Viliamu Iese im Gespräch (SB)


Climate Engineering Conference 2014: Critical Global Discussions

Scandic Hotel, Berlin, 18. - 21. August 2014

Viliamu Iese über die unkalkulierbaren Risiken des Geoengineerings, die sensible Frage der Migration und seine Hoffnung, daß die großen Emittenten rechtzeitig ihren CO2-Ausstoß verringern werden



Was denken die Einwohner von Weltregionen, die als erste vom Klimawandel getroffen werden, über Konzepte des Climate Engineerings, also der gezielten, großmaßstäblichen und langanhaltenden Beeinflussung des Klimas? Werden sie ihre Hoffnungen darauf gründen, daß nach rund zwei Jahrhunderten Industrieentwicklung, während der die Erdatmosphäre als ungeregeltes Endlager für Kohlendioxidemissionen aus der Verbrennung fossiler Energieträger benutzt wurde, nun ein Zeitalter anbricht, in dem die Probleme aus der Vergangenheit mit nunmehr "guten" industrietechnologischen Mitteln gelöst werden? Oder werden sie Zweifel hegen, daß dies ohne kaum weniger schwerwiegende Auswirkungen auf Mensch und Umwelt, als sie durch den Klimawandel zu erwarten sind, vonstatten gehen wird? Oder werden sie womöglich aus politischen Gründen mißtrauisch sein, weil sie in den letzten zwei Jahrhunderten von eben jenen industriell hochentwickelten Ländern, die am meisten klimarelevante Emissionen produziert haben, unter dem Vorwand der zivilisatorischen Weiterentwicklung und Menschwerdung eine militärische, religiöse, kulturelle und wirtschaftliche Vereinnahmung erlebt haben?

Mit Mikrophon bei der Moderation - Foto: © 2014 by Schattenblick

Eloquente Moderation
Viliamu Iese am 19. August in der Session "Perspectives on Climate Engineering - From People on the Front Lines of Climate Change"
Foto: © 2014 by Schattenblick

Solche Fragen standen auf der Climate Engineering Conference 2014 in Berlin im Mittelpunkt einer Session mit dem Titel "Perspectives on Climate Engineering - From People on the Front Lines of Climate Change". Als Referenten geladen waren Penehuro Lefale [1] vom neuseeländischen Institut Bodeker Scientific, Dr. Cush Ngonzo Luwesi [2] von der Kenyatta University und Dr. Pablo Suarez [3] vom Red Cross/Red Crescent Climate Centre. Moderiert wurde das Treffen von Katharina Beyerl vom Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) und Viliamu Iese von der University of the South Pacific in der Republik Fidschi.

Der auf Samoa geborene Pflanzenbiologe Viliamu Iese ist Staatsbürger Tuvalus und arbeitet an seiner Universität im Disaster Risk Management and Food Security to the Climate Change Program, also in einem Programm zu Katastrophenrisiken und Ernährungssicherheit im Zuge des Klimawandels. Am Rande der Konferenz ergab sich für den Schattenblick die Gelegenheit für ein Interview mit Herrn Iese.


Schattenblick (SB): Bei den früheren Verhandlungen unter dem Dach der Vereinten Nationen zum Klimaschutz hatten die pazifischen Inselstaaten gefordert, daß der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur bei 1,5 Grad Celsius über dem Wert zu Beginn der Industrialisierung und nicht bei dem üblicherweise verbreiteten 2-Grad-Ziel gestoppt werden soll. Besteht diese Forderung noch heute?

Viliamu Iese (VI): Ja, aber das fordern nicht allein die pazifischen Inselstaaten, sondern das ist der Standpunkt der Alliance of Small Island States, AOSIS [4], bei den UNFCCC-Verhandlungen. [5] Angesichts der Lage, in der wir uns befinden, mit all den Folgen des Klimawandels, hoffen wir noch immer sehr, daß das Ziel eingehalten wird, und stehen fest dazu. Wir appellieren an die großen Emittenten von Treibhausgasen, weitreichende Maßnahmen zum Klimaschutz zu ergreifen. Da dürfen wir in unserer Situation nicht nachgeben.

SB: Was halten Sie von dem Konzept der Meeresdüngung als Maßnahme des Klimaschutzes?

VI: Das unterstütze ich nicht, vor allem deshalb nicht, weil für uns Pazifikbewohner der Ozean wie Milch ist. Er ist unsere Lebensgrundlage. Und eine Meeresdüngung könnte viele Folgen haben, die dann auch noch mittels der Strömungen quer über den Ozean weitergetragen werden. Das würde die marine Biodiversität, auf die sich wiederum die Bewohner der pazifischen Inselstaaten verlassen, beeinflussen. Deshalb lehnen die Staaten diese Methode strikt ab.

SB: Gibt es Ihrer Einschätzung nach irgendwelche Methoden unter dem Label Geoengineering, die Sie unterstützen würden?

VI: Zur Zeit nicht. Wir haben hier auf der Konferenz schon häufiger darüber gesprochen: Aufgrund menschlicher Aktivitäten wurde das Klima bereits beeinflußt, ob absichtlich oder nicht, und nun wird ausgerechnet die Beeinflussung des Klimas als Lösung vorgeschlagen. Da bestehen doch erhebliche Sorgen über die potentiellen Folgen des Geoengineering, denn es gibt so viel, was wir noch gar nicht wissen.

Meiner persönlichen Meinung nach gibt es bei der Methode der Entfernung von Kohlendioxid aus der Atmosphäre [6] bestimmte Aspekte, die untersuchenswert sind. Aber selbst dabei stellen sich sehr viele Fragen. Die Versauerung des für uns so wichtigen Ozeans, der unsere Lebensgrundlage ist, löst eine große Besorgnis aus. Deshalb könnte das Entfernen von Kohlendioxid eine Hilfe sein, aber wie wir hier auf der Konferenz gehört haben, würde das sehr lange dauern und müßte in einem sehr großen Maßstab betrieben werden, damit es global wirksam wird. Deshalb existiert meiner Ansicht nach zur Zeit keine Technologie, die helfen könnte. Aus diesem Grund konzentrieren wir uns auf die Forderung nach strengen Klimaschutzmaßnahmen.

Die Treibhausgasemissionen müssen reduziert und die Aufforstungsmaßnahmen forciert werden. Technologien zum Management der Sonneneinstrahlung [7] könnten zwar eine schnelle Lösung sein, aber dabei stellt sich sehr die Frage, ob sie nachhaltig sind. Das ist wie beim Fieber: Man kann vielleicht die Temperatur senken, aber damit hat man die Krankheit noch nicht geheilt. Wenn also durch SRM-Technologien die Durchschnittstemperatur gesenkt werden könnte, wäre es sehr ungewiß, welche Auswirkungen das im globalen Maßstab hätte. Sehr wahrscheinlich träten grenzüberschreitende Folgen auf. Zudem hätte man dann möglicherweise die Temperatur gesenkt, aber dadurch noch nicht die Versauerung der Meere aufgehalten.

Und nicht nur das, es bestehen auch Unsicherheiten hinsichtlich der Frage, um wieviel Grad die Temperatur erneut steigt, würde man SRM plötzlich stoppen. Sollten zu dem Zeitpunkt die CO2-Emissionen nach wie vor zunehmen, würde sich die Erde vermutlich in einer nie dagewesenen Geschwindigkeit wieder erwärmen. So ein plötzlicher Hitzeanstieg hätte natürlich gewaltige Folgen nicht nur auf die Menschen, sondern auf alles Leben im Pazifik und vielleicht sogar der ganzen Welt.

Vielflächige, gemusterte, kugelartige Struktur - Foto: NEON ja, koloriert von Richard Bartz, freigegeben als CC-BY-SA 2.5 [http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5/deed.de] via Wikimedia Commons

Gephyrocapsa oceanica Kamptner, Präfektur Mie, Japan - Kalkalgen können ihre schützende Hülle verlieren, wenn die Versauerung der Meere voranschreitet. Es besteht die Befürchtung, daß in dem Fall die gesamte marine Nahrungskette, an deren Anfang sich die Kalkalgen befinden, zusammenbricht.
Foto: NEON ja, koloriert von Richard Bartz, freigegeben als CC-BY-SA 2.5 [http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5/deed.de] via Wikimedia Commons

Die Diskussionen über Geoengineering finde ich gut und fruchtbar. Es ist in Ordnung, wenn da Leute über Regulierungsmaßnahmen debattieren. Das Problem ist jedoch, daß die Forschungen bereits stattfinden. Ob es mir gefällt oder nicht, sie werden weiter betrieben. Deshalb stellt sich mir und den Menschen in meiner Heimat die Frage, ob wir nur am Rande als Beobachter bleiben und betrachten wollen, wie insbesondere die entwickelten Länder die Initiative ergreifen, um zu tun, was sie für nötig halten, oder ob wir uns einbringen. Damit unsere Stimmen in den Diskussionen gehört und wir an den Entscheidungsprozessen beteiligt werden, so daß die Welt nicht umhin kann zu hören, wie es uns dabei ergeht. Denn letztlich sind wir ein ziemlich großer Bestandteil der Welt. Der Pazifik ist der weltweit größte Ozean, und wir werden von den Klimawandelfolgen als erste getroffen.

SB: Haben Sie eine Idee, wie das 1,5-Grad-Ziel noch erreicht werden kann?

VI: Ich spreche hier nur für mich: Ich denke, der einzige machbare Vorschlag besteht darin, an die großen Emittenten zu appellieren, daß sie einschneidende Maßnahmen ergreifen, um ihre Emissionen zu reduzieren. Das ist der einzige Weg, der in Betracht kommt. Ich weiß, daß das ein sehr schwieriger Vorschlag ist, aber ich hoffe, daß die großen Emittenten nicht nur ihre gegenwärtige Entwicklung im Blick behalten, sondern auch ihre eigene Zukunft. Denn der Klimawandel ist ein globales Problem, wenn auch mit unterschiedlichen Folgen und in unterschiedlicher Intensität. Selbst die USA sind nicht geschützt, sie spüren die Auswirkungen des Klimawandels bereits, und es finden dort Diskussionen über die Höhe der Verzweiflung [8] statt.

Ich habe hier schon mehrfach gehört, wenn die Welt nur verzweifelt genug ist, würde man drastische Maßnahmen zur Verringerung der Emissionen ergreifen. Aber von meinem Standpunkt oder dem der pazifischen Inselstaaten her besteht da eine Ungerechtigkeit. Auf wessen Verzweiflung hin wird man dann hören? Denn in der Zwischenzeit werden wir längst verzweifelt sein!

Wir sorgen uns nicht allein um unsere Existenz, um die unserer Familien, unseres Landes, unserer Menschenrechte, unserer Umwelt und Ökosysteme, sondern um die der ganzen Welt.

Einige Länder haben bereits gute Fortschritte erzielt. Ich denke, Deutschland ist da schon ganz gut vorangekommen. Aber hier haben wir es mit einem globalen Problem zu tun. Die Bemühungen eines Landes sind da nichts. Wir brauchen eine globale Anstrengung, um die Erderwärmung zu bremsen. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, daß die großen Emittenten wie USA, China, Indien, Brasilien, Rußland ein Empfinden dafür entwickeln und ... wie soll ich es ausdrücken ... in die Augen ihrer Kinder blicken und sich die Frage stellen: Haben sie so eine Welt verdient oder nicht? Und daß sie dann die entsprechenden Maßnahmen ergreifen.

Die Kinder von heute werden vielleicht in fünfzig Jahren auf unsere Zeit zurückblicken und feststellen, daß ihre Großväter nicht genug getan haben, und sagen, wir wünschten uns, unsere Großmütter wären vorausschauender gewesen, anstatt zu reagieren, damit ich als Kind meine Umwelt auf viel, viel bessere Weise kennengelernt hätte. Doch zur Zeit sieht es nicht danach aus.

Auf den Inselstaaten gehen wir die Sache so an: Wir machen das, was wir auf den verschiedenen Ebenen machen können. Wir überlassen es ganz und gar unseren politischen Entscheidungsträgern und Verhandlungsführern, den Kampf in der globalen Arena fortzusetzen. Während wir selbst auf der unteren Ebene mit unseren Gemeinschaften daran arbeiten, deren Resilienz [9] zu stärken. Denn wenn wir auf der einen Seite gar nichts unternehmen und uns ausschließlich auf die großen Emittenten verlassen, werden die Folgewirkungen um so schneller eintreten. Aber wenn wir die Belastbarkeit unserer Gemeinschaften stärken, diese mit Informationen versorgen, auf deren Grundlage dann Entscheidungen getroffen werden, und die Vulnerabilität [10] hinsichtlich der verschiedenen Auswirkungen herausarbeiten, die Ernährungsicherheit stärken, die Lebensführung verbessern, Schutzmechanismen aufbauen, dann ist die andere Art, die wir machen können: Anpassung. Wohingegen die politischen Führer auf die politische Arena konzentriert sind.

Luftbildaufnahme des Atolls mit Landebahn - Foto: Gabriella Jacobi, freigegeben als CC-BY-SA-3.0 [http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode] via Wikimedia Commons

Funafuti, Hauptstadt Tuvalus, Juni 2006.
Tuvalu wird vermutlich einer der ersten Staaten sein, die beim Anstieg des Meeresspiegels von der Landkarte verschwinden.
Foto: Gabriella Jacobi, freigegeben als CC-BY-SA-3.0 [http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode] via Wikimedia Commons

SB: In Zukunft wird vielleicht mehr als nur eine Familie von Tuvalu versuchen, vor Gericht ihr Aufenthaltsrecht in einem anderen Land, in diesem Fall Neuseeland, einzuklagen. [11] Wie beurteilen Sie die Flüchtlingspolitik wohlhabenderer Staaten in der Pazifikregion?

VI: Migration ist auf den Inseln zur Zeit ein sehr sensibles Thema. [12] Wir wollen auch gar nicht "Flüchtlinge" genannt werden. Das ist eine Frage der Identität. Wir sind sehr stolz auf unsere kleinen Paradiese, und wenn Einwohner auswandern, fände ich es besser, wenn sie als leistungsfähige Bürger angesehen werden. Denn sie fügen sich sehr gut in andere Länder ein. Das geschieht schon längst. Australien und Neuseeland haben ein Quotensystem in Form einer Lotterie entwickelt, das es pazifischen Inselbewohnern erlaubt, ins Land einzuwandern. Wer gewinnt, erhält ein permanentes Aufenthaltsrecht. Es werden also bereits Menschen aufgenommen. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit für Saisonarbeiter, sechs Monate in diesen Ländern zu arbeiten. Das sind sehr gute Ausgangspunkte. Die Einwanderungsgesetze sind natürlich sehr streng. Die Prozedur ist aufwendig, teuer und kostet viel Zeit. Das dürfte in anderen Ländern der Welt genauso sein.

Migration ist ein wichtiges Thema, das von den regionalen Führern angesprochen wird. Der Prozeß verläuft langsam, aber es werden eben alle Aspekte des Themas behandelt, und sie haben eine Strategie zur Umsetzung ihrer Ideen ausgearbeitet. Die Hauptsorge besteht darin, daß niemand weiß, was passiert, wenn wegen der negativen Auswirkungen des Klimawandels eine Massenbewegung entsteht. Zu welchen sozioökonomischen Folgen wird es dann kommen? Das betrifft nicht nur die Menschen, die sich von einem Land in ein anderes bewegen, sondern auch die Herkunfts- und Zielländer insgesamt. Darüber hinaus stellen sich Fragen der Souveränität und Identität. Wenn mein Heimatland Tuvalu nach Neuseeland geht - wird es sich dann noch Tuvalu nennen? Die Neuseeländer werden sagen, nein, es wird kein "Sub-Tuvalu" in ihrem Land geben.

Das ist also ein sehr heikles Thema, und ich hoffe, unsere Regierungen werden die Gespräche darüber fortsetzen, denn das können wir nicht ignorieren, und werden dazu eine machbare, nachhaltige Strategie entwickeln. Zu dieser Problematik wurden auch schon Umfragen durchgeführt. Die Leute wurden gefragt: Wollen Sie wegen der Folgen des Klimawandels in ein anderes Land auswandern? Viele der älteren Einwohner sagten nein, hier sind wir geboren worden, hier haben unsere Ahnen gelebt, das ist unser Land, wir werden niemals weggehen. Die jüngere Generation, die für die Reize der Migration empfänglicher ist, käme damit anscheinend klar. Aber auch das ist keine generelle Einstellung in allen Ländern, die an der Umfrage beteiligt waren. Es gibt auch jüngere Menschen, die sehr stolz auf ihre Heimat sind und nicht weggehen wollen.

SB: Der Klimawandel, so heißt es, verstärkt Konflikte. Ist es in den Inselstaaten schon mal vorgekommen, daß eine so schwierige Frage, wie mit den Folgen des Klimawandels umgegangen werden soll, zu inneren Spannungen geführt hat?

VI: Nein, es sind keine Konflikte aufgetreten. Es finden Diskussionen statt, auch mit den regionalen Führern. Inzwischen ist es so, daß sich die Inselstaaten gegenseitig auf vielerlei Weise unterstützen. Denn auch die Verletzbarkeit ist sehr divers. Sehen Sie, für mein Heimatland, Tuvalu, 26 Quadratkilometer groß und nur bis zu fünf Meter über dem Meeresspiegel, ist das Problem viel dringlicher als beispielsweise für Fidschi oder die Solomoneninseln.

Es kommt zum Austausch von Fähigkeiten, man hilft sich gegenseitig, außerdem bestehen regionale Pläne, die von dem Secretariat of the Pacific Regional Environment Programme in Samoa entwickelt wurden und die die regionale Klimaschutzpolitik betreffen. Das Sekretariat unterstützt andere kleine Länder dabei, ihre eigene Politik zu entwickeln. Es gibt also einen ausgeprägten Regionalismus und es herrscht die allgemeine Haltung vor, daß man sich gegenseitig unterstützt. Auch wurden vor dem Hintergrund des Klimawandels bereits einige Finanzfonds aufgelegt.

Erst kürzlich hat Kiribati eine große Fläche Land in Fidschi erworben, auf der Landwirtschaft betrieben und Nahrung produziert werden soll. Und wenn die Produkte in Fidschi verkauft werden, wäre das eine Einnahmenquelle für Kiribati. Also, es gibt keine Konflikte wegen des Klimawandels, unter dem ja jeder auf irgendeine Weise leidet. Deshalb streben alle die Zusammenarbeit an.

Ich begrüße natürlich auch die externe Unterstützung, die den Ländern bei ihren Bemühungen um Adaptation und Mitigation [13] eingeräumt wird. Die Europäische Union finanziert eines unserer größeren Projekte der Kooperation mit den Communities, damit sie ihre Belastbarkeit weiter ausbauen. An dem Projekt sind 15 Länder der Region beteiligt, einschließlich Timor-Leste. Auch USAID [14] ist hilfreich, die australische Regierung ebenfalls. Wir sind sehr dankbar dafür - und ich hoffe, sie verringern ihre Emissionen! (lacht)

SB: Herr Iese, vielen Dank für das Gespräch.

Beim Interview - Foto: © 2014 by Schattenblick

"Ich habe hier schon mehrfach gehört, wenn die Welt nur verzweifelt genug ist, würde man drastische Maßnahmen zur Verringerung der Emissionen ergreifen. Aber von meinem Standpunkt oder dem der pazifischen Inselstaaten her besteht da eine Ungerechtigkeit. Auf wessen Verzweiflung hin wird man dann hören? Denn in der Zwischenzeit werden wir längst verzweifelt sein!"
(Viliamu Iese, 19. August 2014, Berlin)
Foto: © 2014 by Schattenblick


Fußnoten:


[1] Ein Schattenblick-Interview mit dem Referenten finden Sie hier:
INTERVIEW/149: Klimarunde, Fragestunde - Hört den Wind ...    Pene Lefale im Gespräch (SB)

[2] Ein Interview mit Dr. Cush Ngonzo Luwesi folgt in Kürze.

[3] Im Rahmen der Session diskutierten einzelne Arbeitsgruppen zu verschiedenen Aspekten des Geoengineerings. Das Gespräch der Arbeitsgruppe, an der Dr. Pablo Suarez teilnahm, finden Sie hier im Pool unter INTERVIEW/155.

[4] Die Alliance of Small Island States (AOSIS) ist eine weltweite Koalition aus 44 kleinen Inselstaaten und niedrig gelegenen Küstenstaaten, die alle auf ähnliche Weise vom Klimawandel bedroht sind. Im wesentlichen handelt es sich um einen Zusammenschluß der SIDS, der "small island developing states", die im Verhandlungssystem der Vereinten Nationen auftreten.
Das 1,5-Grad-Ziel wurde zuletzt wieder im Juni 2014 bei den UN-Zwischenverhandlungen zum Klimaschutz in Bonn vorgebracht. Beispielsweise hier:
http://aosis.org/wp-content/uploads/2014/06/UNFCCC-SBSTA-Opening-Statement-Bonn-June-2014.pdf

[5] UNFCCC - United Nations Framework Convention on Climate Change (Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen über Klimaänderungen)

[6] CDR - Carbon Dioxide Removal

[7] SRM - Solar Radiation Management

[8] Verzweiflung, engl. "desperation", war ein auf der Konferenz häufig zu hörender Begriff, um den sich manche Diskussion rankte. Ein Standpunkt lautete, daß, wenn der Klimawandel voranschreitet und seine Folgen immer zerstörerischer werden, die Verzweiflung der Menschen zunimmt und die Frage aufgeworfen werden wird, ob nicht doch, trotz mancher Unsicherheiten über unerwünschte Nebenwirkungen, Geoengineering bzw. Climate Engineering betrieben werden sollte.

[9] Engl. "resilience": Belastbarkeit, Widerstandsfähigkeit. Hier: Bezogen auf die Auswirkungen des Klimawandels.

[10] Engl. "vulnerability": Verletzbarkeit. Hier: Anfälligkeit gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels wie Meeresspiegelanstieg, Salzwasserintrusion (Eindringen von Salzwasser in Süßwasser), Dürren, Korallensterben, Verschiebung der Meeresströmungen, etc.

[11] Eine Familie, die im Jahr 2007 illegal nach Neuseeland eingereist war, hatte vor kurzem erfolgreich gegen ihre Abschiebung geklagt. Im Urteilsspruch wurde allerdings ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Familie nicht wegen des von der Verteidigung vorgebrachten Arguments, auf Tuvalu zu leben sei wegen des Klimawandels gefährlich, Recht zugesprochen bekam, sondern wegen der humanitären Gründe, die mit der Familienzusammenführung zu tun hatten. Die Kläger sind somit nicht, wie gelegentlich berichtet wird, anerkannte "Klimaflüchtlinge". Das Urteil wurde am 4. Juni 2014 gesprochen. Siehe:
https://forms.justice.govt.nz/search/IPT/Documents/Deportation/pdf/rem_20140604_501370.pdf

[12] Auf die Flüchtlingspolitik ging vor einigen Monaten Maureen Penjueli aus der Republik Fidschi im Interview mit dem Schattenblick näher ein. Sie ist Koordinatorin des pazifischen Netzwerks zur Globalisierung PANG (Pacific Network on Globalisation), das in den Inselstaaten des Pacific Islands Forum Secretariat tätig ist. Dem sind die Cookinseln, Fidschi, Kiribati, Marshallinseln, Mikronesien, Nauru, Niue, Palau, Papua-Neuguinea, Samoa, Solomoninseln, Tonga, Tuvalu und Vanuatu angeschlossen. Siehe:
INTERVIEW/115: Wohnstube Meer - Ungebremst' Zerstörungswucht, Menschen bleibt da nur die Flucht ..., Maureen Penjueli aus Fidschi im Gespräch (SB)

[13] Engl. "adaptation": Anpassung. Hier: Anpassung an den Klimawandel beispielsweise durch den Bau von Schutzwällen gegen das Meer, Verlagerung der Siedlungen in höher gelegene Gebiete, etc.
Engl. "mitigation": Minderung, Schadensminderung. Hier: Klimaschutzmaßnahmen wie zum Beispiel die Verringerung von Treibhausgasemissionen.

[14] USAID - United States Agency for International Development (zu dt.: Behörde der Vereinigten Staaten für internationale Entwicklung)


Zur "Climate Engineering Conference 2014" sind bisher in den Pools
INFOPOOL → UMWELT → REPORT → BERICHT
und
INFOPOOL → UMWELT → REPORT → INTERVIEW
unter dem kategorischen Titel "Klimarunde, Fragestunde" erschienen:

BERICHT/088: Klimarunde, Fragestunde - für und wider und voran ... (SB)
Ein Einführungsbericht

INTERVIEW/149: Klimarunde, Fragestunde - Hört den Wind ...    Pene Lefale im Gespräch (SB)
INTERVIEW/150: Klimarunde, Fragestunde - defensiv zur Sicherheit ...    Prof. Jürgen Scheffran im Gespräch (SB)
INTERVIEW/151: Klimarunde, Fragestunde - Folgen kaum absehbar ...    Prof. Mark Lawrence im Gespräch (SB)
INTERVIEW/152: Klimarunde, Fragestunde - geteilte Not, dieselbe Not ...    Dr. Thomas Bruhn im Gespräch (SB)
INTERVIEW/153: Klimarunde, Fragestunde - Fortschritt in falscher Hand ...    Prof. Clive Hamilton im Gespräch (SB)
INTERVIEW/155: Klimarunde, Fragestunde - schlußendlich nach der Decke strecken ...    im Gespräch mit fünf Klimawandelexperten, -besorgten und -betroffenen der CEC'14 Tagung (SB)

10. September 2014