Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → REDAKTION

RESSOURCEN/109: Alaska erweitert Ölfördergebiet - Leckagen am Band (SB)


Offshore-Testbohrungen vor Alaska genehmigt

Serie von Erdöl-Austritten am North Slope


Die Staatsregierung von Alaska hat zeitgleich mit einer Serie von Erdölverschmutzungen im Fördergebiet North Slope dem britisch-niederländischen Konzern Shell Grünes Licht zum Anlegen von drei Testbohrungen in der Tschuktschensee erteilt. Damit werde das Tor für die Erschließung einer neuen Region in der Arktis aufgestoßen, meldete McClutchy Newspapers. [1] Wie nicht anders zu erwarten, bezeichnete die republikanische Senatorin für Alaska, Lisa Murkowski, die im Senatsausschuß für Energie und natürliche Ressourcen sitzt, die Entscheidung des dem Innenministerium unterstellten Minerals Management Service (MMS) als "Fortschritt". Die Ankündigung sei "ein ermutigendes Zeichen", daß "Alaskas Erdöl- und Erdgasressourcen weiterhin eine bedeutende Rolle in der Energiesicherheit Amerikas spielen", erklärte sie.

Die Entscheidung übt allerdings noch eine völlig andere Signalfunktion aus: Die US-Regierung wird unverdrossen in der ökologisch hochempfindlichen Arktis Rohstoffe abbauen, um das Getriebe der wachstumsfixierten Wirtschaft am Laufen zu halten. Sollte die Arktis im Zuge des Klimawandels und der erwarteten Erderwärmung zugänglicher werden - um so besser.

Damit steigt die Gefahr von jahrzehntelang anhaltenden Umweltschäden, wie sie die Havarie des Öltankers Exxon Valdez am 24. März 1989 vor der Küste Alaskas verursacht hat. Rund 40.000 Tonnen Schweröl flossen damals in den Prince-William-Sund, wo rund 2000 Kilometer Küstenstreifen verseucht wurden. Hunderttausende Vögel, Fische und andere Tiere fielen dem Unglück zum Opfer.

Der Tanker befand sich auf dem Weg zu der Öl-Verladestation der Trans-Alaska-Pipeline in der Hafenstadt Valdez. Zwar wurde das Ausmaß der Katastrophe dadurch vergrößert, daß sie von einem einwandigen Tanker ausgelöst wurde, aber auch die heute üblichen doppelwandigen Tanker sind nicht vor Havarien gefeit. Zudem stellt nicht nur der Schiffsverkehr eine Gefahrenquelle für Ölverschmutzungen dar, die gesamte Transport-Infrastruktur geht mit Leckagen einher.

US-Innenminister Ken Salazar, der am Montag zu der Entscheidung Alaskas Stellung nahm, beteuerte, daß die Freigabe der Ölbohrung an Shell eng überwacht werde. Damit würde gewährleistet, daß die Arbeit auf "sichere und umweltverantwortliche Weise" verrichtet wird.

Was aber in der Behörde als "verantwortlich" gilt, darüber läßt sich womöglich streiten. Jedenfalls übt Marilyn Heiman von der Pew Evironment Group Kritik an der behördlichen Freigabe der Tschuktschensee zur Erforschung der Erdölvorkommen. Eine Ölleckage könne genauso leicht bei einer Explorationsbohrung auftreten wie bei einer Förderbohrung, meinte sie. Bislang sei insbesondere nicht gezeigt worden, daß ein Ölaustritt bei Dunkelheit und extremen Wetter- oder Eisverhältnissen bewältigt werden kann. [1]

Der Fünf-Jahresplan der Bush-Administration zur Erdölförderung in der Arktis wird von der derzeitigen US-Regierung überprüft. Womöglich wird die eine oder andere Umweltschutzauflage zusätzlich verhängt, aber alles in allem hält Präsident Barack Obama den Kurs seines Vorgängers bei. So wird es künftig vermutlich weiterhin Meldungen geben wie die aus der "Anchorage Daily News" vom Dienstag, wonach am 29. November eine Erdölpipeline geborsten und es zu einer der schwersten Ölverseuchungen am North Slope gekommen ist. [2] Weil sich vor einigen Wochen in einer 45 Zentimeter durchmessenden Pipeline dicke Eispfropfen gebildet hatten, hatte das Unternehmen BP Exploration (Alaska) Inc. den Durchfluß gestoppt. Doch der Druck baute sich weiter auf, bis das Rohr aufbrach, hieß es. Vermutlich sind rund 175.000 Liter eines Gemischs aus Rohöl, Erdgas und Meerwasser in die Umwelt entwichen. Noch während der Aufräumarbeiten, die inzwischen abgeschlossen sind, meldete BP eine weitere Erdölleckage. Dabei flossen gut 26.000 Liter aus. [3]

Ob die maximale weltweite Ölförderung (Peak Oil) bereits überschritten ist, wie einige Experten behaupten, oder noch nicht und vor allem in den kanadischen Ölsanden ein bislang nur marginal genutztes Potential steckt, das Erdölzeitalter hat seine Spuren hinterlassen und wird es um so mehr, sollten die kanadischen Sande und Schiefer tatsächlich von ihren ölhaltigen Anteilen befreit werden, um dem industriellen Weltgetriebe Lebenssaft einzuflößen. Wissenschaftler sprechen bereits von dem neuen geologischen Zeitalter des Anthropozäns, also von einer durch die Menschen maßgeblich bestimmten Epoche. Erdöl in seinen zahlreichen Verbindungen und Produkten hat einen beträchtlichen Anteil an dieser Entwicklung.


*


Anmerkungen:

[1] "Offshore oil drilling gets go-ahead in Alaska's Arctic", McClatchy Newspapers, 7. Dezember 2009
http://www.mcclatchydc.com/251/story/80196.html

[2] "Spill is among worst ever on North Slope", Anchorage Daily News, 8. Dezember 2009
http://www.adn.com/money/industries/oil/prudhoe/story/1046914.html

[3] "New North Slope spill BP's second in four days", Anchorage Daily News, 4. Dezember 2009
http://www.adn.com/money/industries/oil/prudhoe/story/1040254.html

9. Dezember 2009