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KLIMA/750: Kalifornien USA - Megadürre erdgeschichtlichen Ausmaßes ... (SB)



Dem Südwesten Nordamerikas droht eine Megadürre, wie sie in der jüngeren Erdgeschichte nicht aufgetreten ist. Bereits im Zeitraum von 2000 bis 2018 kam es zu einer schweren Megadürre, die in den letzten 1200 Jahren nur ein einziges Mal übertroffen wurde. Im vergangenen Jahr regnete es wieder etwas mehr, aber das muß nicht das Ende des Dürretrends gewesen sein, wird dieser doch durch die menschengemachten Treibhausgase und damit einhergehend die globale Erwärmung verstärkt. Forscher rechnen deshalb damit, daß sich die Megadürre in diesem Jahrhundert fortsetzt, was weitreichenden Folgen für die Wasserversorgung der Haushalte, Industrie, Kraftwerke und Landwirtschaft nach sich ziehen dürfte.

Eine Forschergruppe um den Hydroklimatologen Park Williams von der Columbia University hatte umfangreiche Daten unter anderem aus Baumringanalysen von vielen tausend Bäumen zusammengetragen und anhand dessen eine Klimageschichte des Südwestens Nordamerikas aufgestellt. Demnach war es in den letzten 1200 Jahren nur gegen Ende des 16. Jahrhunderts zu einer stärkeren Megadürre in dieser Großregion gekommen, wie die Forschergruppe am 17. April im Wissenschaftsmagazin "Science" berichtete. [1]

Jene schwere Dürre zwischen 1575 und 1593 könnte dazu beigetragen haben, daß die Pueblos im heutigen US-Bundesstaat New Mexiko verlassen wurden und sich die von den spanischen Eroberern mitgebrachten Krankheiten unter der ursprünglichen Bevölkerung besonders stark verbreitet haben, vermuten die Forscher.

Die Megadürre des 21. Jahrhunderts hatte ebenfalls weitreichende Folgen, beispielsweise wurden über Jahre hinweg ausgedehnte Wald- und Buschbrände entfacht. Noch gut in Erinnerung ist der nahezu komplette Verlust des Kleinstädtchens Paradise 2018. In jenem Jahr brannten mehrere tausend Quadratkilometer ab, Dutzende Menschen kamen ums Leben, Tausende Häuser wurden vernichtet, Zehntausende Menschen mußten evakuiert werden. Der ökonomische Schaden der Brände allein in jenem Jahr wird auf 24 Milliarden Dollar geschätzt. Über die Zahl der Tiere, die entweder bei den Bränden oder durch die anhaltenden Dürren ums Leben gekommen sind, kann nur spekuliert werden.

Megadürre bedeutet nicht, daß es zwischenzeitlich in der Region nicht auch mal geregnet hätte. Beispielsweise war die Niederschlagsmenge 2017 in Kalifornien einigermaßen hoch. Das hat Kaliforniens Gouverneur Jerry Brown im April 2017 veranlaßt, den drei Jahre zuvor von ihm ausgerufenen Dürrenotstand für beendet zu erklären. Aber die dürregeplagte Landwirtschaft konnte das viele Wasser gar nicht gebrauchen, viel wichtiger wäre eine gleichmäßige Verteilung der Niederschläge sowohl in der Fläche als auch über die Zeit gewesen. Noch im selben Jahr richteten Busch- und Waldbrände allerschwerste Schäden in Kalifornien an.

Einen starken Einfluß auf die klimatischen Verhältnisse im Südwesten Nordamerikas haben die Klimaphänomene El Niño-Southern Oscillation (ENSO) und als Gegenstück dazu La Niña. Letzteres zeichnet sich dadurch aus, daß sich in Höhe des Äquators eine kalte pazifische Meeresströmung breitmacht, die sogenannte atmosphärische Wellen erzeugt. Diese wiederum blockieren die normalerweise heranrollenden pazifischen Sturmfronten und verhindern, daß die Regenwolken den Südwesten des Kontinents erreichen. Daß in den letzten 20 Jahren sehr viel mehr solche La-Niña-Phasen aufgetreten sind, spricht für die Vermutung, daß das Klimaphänomen die Dürre verstärkt hat.

In einem weiteren Schritt der Untersuchung von Williams und seinem Team wurde mittels 31 Klimasimulationen versucht, die Bedeutung der menschengemachten Treibhausgase für die Entstehung der Megadürre zu berechnen. Dazu wurden die Faktoren, die in den Simulationen für menschliche Einflüsse stehen, herausgestrichen. Demnach wäre die aktuelle Megadürre um 47 Prozent weniger schwer ausgefallen. Das Ergebnis bestätigt, was in der Klimaforschung seit langem gesagt wird: Der Mensch verstärkt die Extreme.

Eine verläßliche Prognose, wie sich das Klima im Südwesten Nordamerikas in diesem Jahrhundert entwickeln wird, vermag niemand abzugeben. Sollte El Niño überwiegen, wäre eher mit regenreichen Klimaverhältnissen zur rechnen. Dann würde wahrscheinlich die Megadürre in den ersten beiden Jahrzehnten des 21. Jahrhunderts enden. Allerdings neigen die Forscher zu der Annahme, daß die vom anthropogenen Klimawandel verstärkte Dürreentwicklung noch in ihren Kinderschuhen steckt und dem Südwesten Nordamerikas schwere Dürrezeiten bevorstehen.

Aufgrund der globalen Erwärmung liefert die Sierra Nevada im Frühjahr schon deutlich weniger Schmelzwasser, und die Grundwasserstände in Nevada und Kalifornien sinken, die Seen haben viel niedrigere Wasserstände als noch vor zwanzig Jahren. Mit Hilfe technischer Mittel wie dem Bau von Staumauern, großen Tunneln zum Transport von Wasser über weite Strecken, Meerwasserentsalzungsanlagen und der Methode der Tröpfchenbewässerung in der Landwirtschaft wird versucht, den schwerwiegenden Wassermangel zu kompensieren. Kein Wunder, daß das vom Klimawandel besonders gefährdete Kalifornien zu den US-Bundesstaaten gehört, die eine vergleichsweise ehrgeizige Klimapolitik betreiben und sich von den regierenden Klimawandelleugnern in Washington nicht vorschreiben lassen wollen, wie sie sich zu schützen haben.


Fußnote:

[1] https://science.sciencemag.org/content/368/6488/314

22. April 2020


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