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KLIMA/502: Untergang der Maya-Zivilisation nach geringer Klimaveränderung (SB)


Neue Studie zum Untergang der Maya-Zivilisation in Mexiko

Eine kleine Veränderung der Niederschlagsmenge mit gewaltiger Wirkung


Der Niedergang der Maya-Zivilisation vor rund 1100 Jahren in Mittelamerika ging auf Veränderungen des Klimas zurück. Es traten vermehrt Dürren auf, die einen akuten Wassermangel bei den Bewohnern der mexikanischen Halbinsel Yucatan auslösten. Darin ist sich die Wissenschaft weitgehend einig. Aber einer neuen Studie zufolge wurde bislang nicht präzise genug bestimmt, wie stark sich das Klima verändert hatte. Man nahm schlicht an, daß die Trockenheit schon einigermaßen gravierend gewesen mußte, um eine Zivilisation in den Untergang zu treiben. Nun hat eine internationale Forschergruppe unter Zuhilfenahme der Analyse von Stalagmiten und Sedimenten flacher Seen herausgefunden, daß die Niederschlagsmenge damals nur moderat abgenommen hatte. Trifft das zu, könnte die Studie einen kleinen Ausblick dafür liefern, welche Schwierigkeiten wahrscheinlich die heutige Zivilisation haben wird, wenn sie mit den Folgen des bevorstehenden Klimawandels zurechtkommen will.

Von der Blütezeit der klassischen Maya-Zivilisation um 800 n. Chr. bis zu ihrem Niedergang 150 Jahre später hatte die Jahresniederschlagsmenge nur um 25 bis 40 Prozent, insbesondere wegen ausbleibender Sommerstürme, abgenommen, fand die Forschergruppe um Prof. Martín Medina-Elizalde vom Yucatan Center for Scientific Research in Mexiko und Prof. Eelco Rohling von der University of Southampton im Vereinigten Königreich heraus [1]. Eine geringere Niederschlagsmenge im Siedlungsgebiet der Maya auf der Yucatan-Halbinsel bedeutete, daß die Verdunstungsrate überwog. Dadurch kam es nach Einschätzung der Forscher zu einer raschen Verringerung der Verfügbarkeit von Oberflächenwasser.

Sommer sei die Hauptanbauzeit, in der auch die Sammelbecken der Maya mit Wasser aufgefüllt wurden. In der Yucatan-Ebene existierten keine Flüsse, sagte Medina-Elizalde [2]. Soziale Verwerfungen und das Verlassen von Städten seien wahrscheinliche Folgen der empfindlichen Wasserverluste, insbesondere wenn in mehreren Jahren hintereinander Dürre geherrscht hatte.

Die Forscher betonten, daß die von ihnen rekonstruierten Dürreperioden ähnlich schwerwiegend waren wie die vom Weltklimarat IPCC für die nahe Zukunft prognostizierten Dürren in Mexiko. Es bestünden zwar Unterschiede von damals zu heute, räumte Prof. Medina-Elizalde ein, aber die Warnung sei unmißverständlich: Was wie eine geringe Reduzierung der Wasserverfügbarkeit aussähe, könnte erhebliche, langanhaltende Probleme bereiten. Heute sei man im Vorteil, da man sich dessen gewahr sei, aber man müsse auch dementsprechend handeln, mahnte der Forscher.

Die Frage, ob die technologischen Möglichkeiten der Menschen von heute entwickelter sind als die der Maya, läßt sich keineswegs so leicht beantworten, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Die Maya hatten ausgeklügelte, teils unterirdisch verlegte Wassersysteme entwickelt. Beispielsweise wurde in der Stadt Uxul ein gekacheltes Becken von hundert Metern Kantenlänge entdeckt. Und in Palenque waren Forscher auf Druckleitungen gestoßen, die das Wasser auf ein sechs Meter höheres Niveau zu heben vermochten.

Die Übertragbarkeit der obigen Studie auf die heutige Zeit ist schon deshalb problematisch, weil sich die Untersuchung hauptsächlich auf die Interpretation von Proxydaten stützt. Zudem herrschen auf der mexikanischen Halbinsel tropische Verhältnisse. Würde in den gemäßigten Breiten die Niederschlagsmenge um 25 bis 40 Prozent zurückgehen, wäre der Wasserverlust geringer, da auch die Verdunstung schwächer bliebe. Dennoch veranschaulicht das Studienergebnis, daß bereits kleine klimatische Veränderungen gravierende Auswirkungen haben können, und da hat jede Klimazone seine Empfindlichkeiten.

Denkt man an den heißen Sommer 2003 zurück, der in Westeuropa mehrere zehntausend Todesopfer, einen Ernterückgang um bis zu 50 Prozent und materielle Schäden von rund zehn Milliarden Euro gefordert hat, so läßt sich ahnen, daß auch die modernen Technologien keinen ausreichenden Schutz gegen solche katastrophalen Ereignisse bieten. Und dabei handelte es sich noch nicht einmal um ein klimatisches, sondern nur um ein meteorologisches Ereignis. Einmal angenommen, so eine Hitzewelle setzte sich Sommer für Sommer fort, dann wären womöglich die Stauseen restlos ausgetrocknet und hätten weder Strom noch Trinkwasser geliefert, die Binnenschiffart wäre versandet, der Wald großflächig kollabiert.

Die Abhängigkeit der heutigen Menschen von einer umfassenden Versorgung dürften die der Maya noch weitaus übertreffen. Der Niedergang der Maya-Zivilisation auf der Yucatan-Halbinsel überrascht nicht, 150 Jahre können eine sehr lang Zeitspanne sein, wenn sich die klimatischen Verhältnisse dauerhaft ändern.



Fußnoten:

[1] M. Medina-Elizalde, E. J. Rohling: "Collapse of Classic Maya Civilization Related to Modest Reduction in Precipitation", in: Science, 2012; 335 (6071): 956, DOI: 10.1126/science.1216629

[2] "Classic Maya Civilization Collapse Related to Modest Rainfall Reductions, Research Suggests", ScienceDaily, 23. Februar 2012
http://www.sciencedaily.com/releases/2012/02/120223142455.htm

28. Februar 2012