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KLIMA/421: Merkel kündigt Weltklimaordnung an (SB)


Die Weltordnung wirft ihre Schatten voraus


Das Resultat der Weltklimakonferenz von Kopenhagen ist, gemessen am eigenen Anspruch, ziemlich bescheiden. Es beschränkt sich auf die vage Absicht der Regierungen, die globale Durchschnittstemperatur um nicht mehr als zwei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter steigen zu lassen und die Entwicklungs- und Schwellenländer in den nächsten drei Jahren mit 30 Milliarden Dollar und ab 2020 mit rund 100 Milliarden Dollar zu unterstützen. Zumindest wurde das versprochen, ob es eingehalten wird und falls ja, auf welche Weise, steht nicht fest.

Die ärmeren Länder, die eine größere Verletzlichkeit hinsichtlich der Folgen des Klimawandels aufweisen, stießen mit ihrem bereits auf der Vorbereitungskonferenz in Barcelona eindringlich vorgetragenen nackten Überlebensinteresse bei den großen Wirtschaftsmächten und Treibhausgasemittenten auf taube Ohren.

Was bedeutet es dann vor diesem Hintergrund, wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel davon spricht, daß Kopenhagen "ein erster Schritt hin zu einer neuen Weltklimaordnung" war? Abgesehen davon, daß etwas schönzureden zum Standardrepertoire von Politikerinnen und Politikern gehört, betont Merkel damit sehr wohl die Bedeutung des Klimawandels für die globalgesellschaftlichen Verhältnisse von morgen.

Da die bestehende Weltordnung, in der täglich 100.000 Menschen dem Hungertod überantwortet werden, in Bezug auf die Auswirkungen des Klimawandels angepaßt werden soll, folgt daraus nicht logischerweise, daß die Zahl der Opfer weiter zu- statt abnehmen wird? Bestätigt wird diese Schlußfolgerung jedenfalls dadurch, daß sich die Konferenzteilnehmer von Kopenhagen auf keine konkreten Reduktionsziele geeinigt haben. Umgekehrt hätte zumindest die vage Aussicht bestanden, der Entwicklung Einhalt zu gebieten und ihre verheerendsten Auswirkungen auf den Großteil der Menschheit abzumildern.

Am gesamten Verlauf der Kopenhagen-Konferenz wurde deutlich, daß die führenden Wirtschaftsnationen gar nicht das Interesse haben, "die Menschheit" zu retten. Solche Kategorien werden nur für die Öffentlichkeit verbreitet, während viel wesentlicher an einer Weltklimaordnung gezimmert wird, in der die klimatisch begünstigten Regionen von einer kleinen Minderheit unangefochten besetzt werden können, während der Rest der Menschheit entweder in kontrollierten Sonderzonen Zuarbeiten für die Privilegierten leisten darf oder in unwirtlichen, vernichtenden Klimafolgen ausgesetzten Regionen weitgehend sich selbst überlassen bleibt. In dieser Hinsicht kann der Bundeskanzlerin zugestimmt werden: Das Konferenzergebnis ist ein erster Schritt in diese Richtung. Möge es der letzte gewesen sein.

20. Dezember 2009