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KLIMA/389: Methanhydrate vor Spitzbergen in Auflösung begriffen (SB)


Uuups!

Forscher registrieren aufsteigende Blasen des hochwirksamen Treibhausgases Methan in der Arktis


Wissenschaftler warnen seit längerem davor, daß sich die in Meeressedimenten in eisförmigem Aggregatzustand lagernden Methanhydrate auflösen könnten. Das Gas würde dann aufsteigen, auf seinem Weg dabei den pH-Wert der Ozeane erhöhen und schließlich in die Atmosphäre entweichen, wo es den Treibhauseffekt stark verstärkte. Methan wird das bis zu zwanzigfache Treibhausgaspotential von Kohlendioxid zugesprochen.

Eine britisch-deutsche Forschergruppe entdeckte nun bei einer Expedition ins Nordmeer vor der Westküste Spitzbergens mit Hilfe eines Echolots in Wassertiefen zwischen 150 und 400 Metern mehr als 250 Quellen mit aufsteigenden Methanblasen. Im vergangenen Jahr hatten russische und schwedische Forscher in Sibirien ebenfalls Blasen aus Methangas entdeckt, die an die Meeresoberfläche aufstiegen.

Methanhydrate entstehen bei niedrigen Temperaturen und hohen Drücken. In dem Untersuchungsgebiet war das Gashydrat erst ab einer Meerestiefe von 400 Metern stabil. Vor gut 30 Jahren lag der Grenzwert noch bei 360 Metern. In dieser Zeit hat sich das Meer um ein Grad Celsius erwärmt, was weltweit der höchste Wert ist. Es sei das erste Mal, daß solch ein Stabilitätsverlust in Verbindung mit einer Temperaturerhöhung in der gegenwärtigen geologischen Epoche beobachtet worden sei, berichteten die Forscher.

Graham Westbrook, Professor für Geophysik an der Universität von Birmingham und Hauptautor der in den "Geophysical Research Letters" veröffentlichten Studie, warnte laut BBC News [1], daß bei einer Ausbreitung des Phänomens entlang des arktischen Kontinentalhangs Zehntausende von Tonnen Methan pro Jahr freigelassen werden könnten. Das entspräche fünf bis zehn Prozent der natürlichen Methanfreisetzungen.

Die Forscher berichteten jedoch ebenfalls, daß vermutlich schon seit der letzten Eiszeit ständig Methan aus dem Ozeanboden entweicht. Prof. Tim Minshull vom National Oceanography Centre in Southampton sagte gegenüber BBC News, ihre Untersuchungen ließen nicht erwarten, daß jetzt eine größere Methanfreisetzung begonnen hat. Sie seien überrascht, daß bisher noch von niemandem beobachtet wurde, daß soviel Methan aufsteigt. Aber das läge vielleicht daran, daß die Blasen auch nur einen Durchmesser von 50 bis 100 Meter aufweisen.

Die Forscher haben keine umfassende Studie erstellt, die Methanmessungen fanden eher im nebenbei statt. Deshalb wollen sie im nächsten Jahr eine umfangreichere Expedition starten und längere Meßreihen erstellen. Den Beobachtungen zufolge hat sich das Methan weitgehend im Meerwasser aufgelöst und ist noch nicht in die Atmosphäre entwichen, doch verallgemeinern wollen die Forscher dies nicht, dazu sei das Phänomen zu uneinheitlich.

An einer Einzelbeobachtung beziehungsweise Messung läßt sich kein Trend ablesen. Das versucht der Forscher Minshull deutlich zu machen, wenn er erklärt, daß sie jetzt nicht damit rechnen, den Beginn einer umfassenderen Methanfreisetzung zu erleben. Umgekehrt gilt aber genauso: Man kann genauso wenig davon ausgehen, daß die Methanfreisetzung keinen Trend anzeigt und die Beobachtung nicht den Beginn der von Wissenschaftlern nur noch mit apokalyptischen Begriffen beschriebenen Auswirkung der Erderwärmung auf die weltweit in riesigen Mengen an den Kontinentalhängen lagernden Gashydrate darstellt.

Ohne den Treibhauseffekt gäbe es weder Tier noch Pflanze, die Erde wäre eine Eiswelt. Bei einer Verstärkung des Treibhauseffekts würde sich die Atmosphäre der Erde der unseres Nachbarplaneten Venus annähern. Nach heutigem Stand der Wissenschaft wäre das selbst für die an kochendheißen Quellen lebenden Extremophilen unerträglich.


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Anmerkungen:

[1] "Methane seeps from Arctic sea-bed", BBC News, 18. August 2009
http://news.bbc.co.uk/go/pr/fr/-/2/hi/science/nature/8205864.stm

19. August 2009