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KLIMA/379: Australische Farmer sorgen sich wegen El Niño (SB)


Japanische Forscher sagen Fortsetzung der Dürre in Australien voraus

Weltweite Klimaumkehr könnte zu einem Rückgang der Erntemenge und einem entsprechenden Nahrungsmangel führen


Die Zeichen mehren sich, daß eine neue El Niño-Klimaumkehr entsteht. Dabei kommt es üblicherweise weltweit zu Wetterkapriolen. In Wüsten kann es regnen, in niederschlagsreichen Gebieten hält Dürre Einzug. [1] Die australischen Farmer sorgen sich nun, daß die seit langem ersehnten Niederschläge ausbleiben.

Die japanische Wissenschaftsorganisation JAMSTEC (Japan's Frontier Research Center for Global Change) teilte in ihrer in der vergangenen Woche veröffentlichten Juni-Vorhersage mit, daß ein spezieller, im März bemerkter Trend - der Indian Ocean Dipole -, der in der Vergangenheit Australien Regen gebracht hat, vom El Niño-Phänomen überlagert werden dürfte. Die australische Zeitung "Weekly Times" [2] zitiert den JAMSTEC-Chefwissenschaftler Jing-Jai Luo mit den Worten: "Der kräftige El Niño hat den negativen Indischer Ozean Dipol gekillt."

Das El Niño-Phänomen tritt alle drei bis sieben Jahre in unterschiedlicher Stärke auf und endet gewöhnlich erst im Frühling des jeweils darauffolgenden Jahres. Falls die Vorhersage zutrifft, stehen Australien weitere sechs Monate Dürre bevor. Da sich die Prognosen der JAMSTEC-Wissenschaftler in der Vergangenheit bewahrheitet haben, bringen die australischen Farmer ihnen einiges Vertrauen entgegen. So hat Forschungsleiter Prof. Toshio Yamagata im Mai 2007 eine Fortsetzung der Dürre in Australien prognostiziert - Monate vor den Vorhersagen anderer Forschungseinrichtungen.

Wenn sich in einem El Niño-Jahr die Meeresströmungen und Windsysteme weltweit neu ausrichten, bedeutet das für die Nordwestküste Australiens, daß warmes Oberflächenwasser in Richtung Afrika gedrängt wird und kaltes Tiefenwasser aufsteigt. Dessen Verdunstungsrate ist geringer, so daß sich weniger Wolken bilden. Zudem werden sie von der australischen Landmasse fortgetrieben, so daß Südostaustralien kaum Wolken aus dieser Richtung empfängt und entsprechend wenig Regen erhält.

Klimaforscher versäumen es in der Regel nicht, darauf aufmerksam zu machen, daß ihre Angaben mit Unsicherheiten behaftet sind. Das gilt auch für JAMSTEC-Forscher Jing-Jai, der einräumte, daß sie ein älteres Klimavorhersagemodell auf einem neuen Computer gefahren haben. Dennoch spricht einiges für den genannten Trend und auch, daß er den beobachteten Dipolcharakter im Indischen Ozean überlagert.

Nicht nur für Australien käme eine kräftige und damit folgenschwere Klimaumkehr in diesem Jahr äußerst ungelegen, da sie auf eine weltwirtschaftlich angespannte Situation trifft, in der hunderte Millionen Menschen in Armut geworfen werden. Seit acht Jahren leidet der Kontinent unter Dürre. Davon sind nicht ausschließlich immer dieselben Regionen betroffen, doch zeigt sich mittlerweile, daß ausgerechnet die Kornkammer Australiens, das Murray-Darling-Becken, regelmäßig von Trockenheit heimgesucht wird. Die beiden Flüsse Murray und Darling verzeichneten zum auslaufenden Südsommer einen extrem niedrigen Pegelstand, die Bewässerung der Felder mußte reduziert werden. Die Stauseen drohen trockenzufallen. So sind Dartmouth Dam nur zu 21 Prozent, Lake Eildon zu 12,6 Prozent und Waranga Basin zu 15 Prozent ihrer Kapazitäten gefüllt.

Die australischen Farmer sind jedoch wesentlich auf eine kräftige Bewässerung ihrer Felder angewiesen. Nur so konnten sie in der Vergangenheit die hohen Ernteerträge einfahren und als wichtiger Exporteur von Agrarprodukten auf dem Weltmarkt auftreten. Seit einigen Jahren schießt die australische Regierung Hunderte Millionen Dollar in die Landwirtschaft, um sie am Leben zu erhalten, immer in der Hoffnung darauf, daß die Dürre endlich endet.

Eine zusätzliche Brisanz erhält die australische Dürre, die auch als "Jahrhundertdürre" bezeichnet wird, dadurch, daß die Exporte einbrechen und Länder, die bislang Nahrungsmittel aus Australien gekauft haben, nun höhere Preise bezahlen müssen oder gar nichts erhalten, weil der Handel zum Stillstand kommt - so geschehen beim Reis, der während der Preisexplosion für Lebensmittel im vergangenen Jahr kaum noch über die Grenzen hinweg gehandelt wurde. Das gleiche wäre auch bei anderen Getreidesorten zu erwarten, falls es in einem der großen Exportnationen zu Ernteeinbrüchen kommt.

Damals hatte sich gezeigt, daß die globale Wirtschaftsordnung auf dem bloßen Versprechen eines freien Handels beruht: In Zeiten der Not sorgt das profitorientierte Wirtschaftssystem dafür, daß die weniger wohlhabenden Länder von der Versorgung abgeschnitten werden, weil sie sich die gestiegenen Preise, in diesem Fall für Nahrungsmittel, nicht leisten können.


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Anmerkungen:

[1] Siehe auch: KLIMA/377: El-Niño-Jahr 2009 trifft auf globale Wirtschaftskrise (SB)

[2] "El Nino drought blow", The Weekly Times, 17. Juni 2009.
http://www.weeklytimesnow.com.au/article/2009/06/17/87111_latest-news.html

19. Juni 2009