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KLIMA/264: China überholt die USA bei CO2-Emissionen (SB)


Dramatische Folgen des nachholenden Wirtschaftswachstums Chinas

Die Treibhausgasemissionen werden in den kommenden Jahre weltweit rapide steigen


Noch in diesem Jahr wird die Volksrepublik China den weltweit größten Produzenten von Treibhausgasen, die Vereinigten Staaten von Amerika, überholen. Das berichtete vergangenen Freitag die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf offizielle chinesische Energieproduktion- Daten. Problematisch an solchen Aussagen ist zweierlei: Erstens liegen die Kohlendioxidemissionen Chinas pro Kopf der Bevölkerung noch weiter hinter denen der USA. Zweitens kann man China als ausgelagerten Industriestandort der Vereinigten Staaten von Amerika ansehen. Denn in der Volksrepublik werden sehr viel mehr Güter produziert, die in die USA exportiert werden, als umgekehrt. Das bedeutet, daß die US- amerikanische Gesellschaft mehr verbraucht, als sie selber im eigenen Land herstellt.

Wenn beispielsweise eine chinesische Fabrik unter hohem energetischem Einsatz Elektrogeräte produziert und diese dann in die USA exportiert werden, dann schlägt die mit der Produktion emittierte CO2-Menge nicht für die USA, sondern für China negativ zu Buche.

China ist gewiß kein Musterknabe in Fragen des Umwelt- und Klimaschutzes. Aber wenn ausgerechnet eine US-amerikanische Institution zu dem Ergebnis kommt, daß Chinas CO2-Emissionen rapide zugenommen haben und das Land deswegen bald weltweit Spitzenreiter sein wird, dann bedürfen die Zahlen einer kritischen Betrachtung.

Der Wissenschaftler Gregg Marland vom U.S. Carbon Dioxide Information Analysis Center (CDIAC) berichtete, daß die Treibhausgasemissionen Chinas im Jahr 2005 um zehn Prozent zugelegt haben. Weil im vergangenen Jahr der Treibstoffverbrauch Chinas um über neun Prozent gestiegen ist, glaubt der US-Forscher, daß angesichts dieses Trends die USA noch in diesem Jahr vom ersten Platz der CO2-Emissionen verdrängt werden.

CDIAC ist eine Organisation, die Regierungen, Forscher und Nichtregierungsorganisationen auf der ganzen Welt mit Klimadaten versorgt. Marland hat den Verbrauch fossiler Rohstoffe Chinas auf der Basis von Angaben der Ölgesellschaft BP zu errechnen versucht und ist von diesem Betrag aus auf eine Summe von 5,3 Milliarden Tonnen CO2- Emissionen im Jahr 2005 gekommen. In den USA waren hingegen 5,9 Milliarden Tonnen verbraucht worden. Das Verhältnis wird sich demnach umkehren.

Nach UN-Angaben aus dem Jahr 2003 erzeugten die USA 23 Prozent der weltweiten Treibhausgase und China 16,5 Prozent. Pro Kopf der Bevölkerung liegt China allerdings noch sehr viel weiter hinter den USA. Ein US-Bürger ist für jährlich 20 Tonnen CO2 verantwortlich, ein Bürger Chinas für 3,2 Tonnen. Der Weltdurchschnitt liegt bei 3,7 Tonnen pro Person und Jahr.

Bei dem anhaltenden Wirtschaftswachstum Chinas scheint es allerdings eine rein politische Frage, ob das Land noch in diesem oder, wie in früheren Studie berechnet wurde, bis zum Jahre 2010 die USA als Spitzenproduzent von Treibhausgasen ablöst. Die Regierungen können sich noch so sehr mit diesen und ähnlichen Fragen befassen, das Grundproblem wird davon nicht berührt.

Eine expansive Produktionsweise, ob sie sich in ein grünes Mäntelchen kleidet wie in Europa, oder ob sie wie in China zu 70 Prozent auf starke CO2-emittierende Kohlekraftwerke beruht, wird niemals "sauber" im Sinne des Nichtverbrauchs von Ressourcen sein und somit niemals den Anspruch von "Klimaneutralität" erfüllen. Das ist ohnehin ein Verschleierungsbegriff, da Klima von jeher Inbegriff des Wandels ist. Und Menschen, deren Existenz sich nicht auf Verbrauch stützt, kommen, soweit bekannt, nur in Mythen vor.

Nach Einschätzung der Internationalen Energieagentur (IEA) wird China bis zum Jahre 2015 seine Kraftwerkskapazitäten um eine Leistung ausbauen, die der gesamten bestehenden Kapazität der Europäischen Union entspricht. Dieser Entwicklung ist nicht von einem Standpunkt aus zu stoppen, der das Wachstum Chinas bereits hinter sich hat und nun sowohl von den Früchten dieser Entwicklung zehrt als auch auf dieser wirtschaftspolitischen Grundlage des eigenen Handelns beharrt.

27. März 2007