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GENTECHNIK/282: SG Biofuels - der weiße Ritter für Sprit aus Jatropha? (SB)


Kalifornische Firma will Jatropha genetisch modifizieren

Neuer Schub für Arbeitskräfte verzehrenden Plantagenanbau der Purgiernuß


Noch heute preisen manche Umweltschützer die Pflanze Jatropha curcas als wahre Geldmaschine für Kleinbauern in Entwicklungsländern, da aus den überaus ölhaltigen Samen mit einfachen Mitteln Treibstoff gewonnen werden kann. Inzwischen ist der Jatropha-Hype abgeklungen, hatten sich doch in Ländern wie Indien und Madagaskar die Erwartungen der Regierung bzw. der beteiligten Investoren nicht erfüllt. Man hatte das Potential der Pflanze unter den gegebenen Anbau- und Produktionsbedingungen völlig überschätzt. Ein großmaßstäblicher Plantagenanbau der im Deutschen Purgiernuß genannten Pflanze wirft allenfalls dann nennenswerte Erträge ab, wenn die nicht zum Verzehr geeignete Sukkulente auf fruchtbarem und ausreichend befeuchtetem Boden wächst. Damit stände sie allerdings in Konkurrenz zum Nahrungsanbau. Die Vorstellung, Jatropha liefere nennenswerten Ersatz für fossile Energieträger, so daß das Getriebe der hochmotorisierten Großverbrauchsländer des Nordens in bevorstehenden Zeiten des Erdölmangels keinen Beschränkungen unterliegt, erweist sich bis heute als Irrtum.

Nun erscheint offenbar ein weißer Ritter am Horizont: SG Biofuels. Das 2006 gegründete kalifornische Unternehmen ist mit dem Biotechkonzern Life Technologies eine strategische Partnerschaft eingegangen und sieht in genetisch modifizierter Jatropha seine Zukunft. Im vergangenen Monat teilte das Unternehmen mit, daß es eine Jatropha-Pflanze - J-Max 100 - gezüchtet und marktreif gemacht habe, die 100 Prozent mehr Ertrag und 300 Prozent mehr Einkommen abwirft. [1]

Das Unternehmen hat in den letzten Jahren zahlreiche Jatropha-Arten eingesammelt, um Varianten zu züchten, die ertragreicher, weniger kälteempfindlich und wassergenügsamer sind. In Zusammenarbeit mit Life Technologies wird das Erbgut von Jatropha in der Hoffnung durchkämmt, auf Gene zu stoßen, welche die gewünschten Eigenschaften hervorbringen. [2] SG Biofuels züchtet Jatropha in Treibhäusern sowie auf Plantagen in Lateinamerika.

Die hochgesteckten Erwartungen lassen sicherlich die Münzen in den Ohren von Investoren klingeln, und Life Technologies darf auf einen Wertzuwachs seiner Aktien hoffen, allerdings müssen das Zuchtergebnis erst noch unter Beweis stellen, daß es tatsächlich die hohen Erträge abwirft. Es wurde in der Saatgutforschung, auch und gerade im Zusammenhang mit gentechnisch veränderten Sorten, wie sie SG Biofuels in Zukunft einsetzen könnte, schon manche Wunderpflanze angekündigt, die rasch wieder in der Versenkung verschwunden ist.

Im Plantagenanbau insbesondere des Biosprit-Lands Brasilien sind sklavereiähnliche Arbeitsverhältnisse keine Seltenheit. Kaum vorstellbar, daß eine Ertragssteigerung eine der in Lateinamerika angebauten Pflanzen daran irgend etwas ändert. Der "grüne" Boom in der Motorisierung findet auf dem gebeugten Rücken von Plantagenarbeiter rund um den Globus statt. Mag die "Wunderpflanze" Jatropha auch eine Renaissance aufgrund mikrobiologischer Zuchtverfahren erleben - die verschleißträchtigen, Menschenleben verzehrenden Produktionsverhältnisse bleiben die alten. Für sie gelten nicht die rosigen Aussichten, die von den Biotechunternehmen verkündet werden, weil Jatropha mehr Öl liefern kann als bisherige Sorten.


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Anmerkungen:

[1] "SG Biofuels unveils jatropha cultivar", Biomass Magazine, 23. Februar 2010
http://www.biomassmagazine.com/article.jsp?article_id=3540

[2] Website von SG Biofuels, Abgerufen am 10. März 2010
http://www.sgfuel.com/genetics.htm

10. März 2010