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ATOM/374: Tritium-Leck am Akw Oyster Creek bedroht Trinkwasserversorgung (SB)


Akw-Betreiber pumpt radioaktiv kontaminiertes Grundwasser ab

... und leitet es letztlich in den Atlantik


Wenn angeblich schwach verstrahlter Müll aus dem Rückbau von Atomkraftwerken beispielsweise dem Schrottrecycling zugeführt und eingeschmolzen wird, sollte sich eigentlich niemand über den Plan der Betreiber des Akw Oyster Creek im Bezirk Ocean County, US-Bundesstaat New Jersey, wundern, tritiumverseuchtes Grundwasser abzupumpen, eine Zeitlang zu lagern und es dann als Kühlwasser zu verwenden. Man mag es dennoch nicht glauben, aber das Vorhaben gilt als Umweltschutzmaßnahme.

Das 619-MW-Atomkraftwerk Oyster Creek wurde am 1. Dezember 1969 in Betrieb genommen und ist mit 41 Jahren das älteste Akw, das in den USA noch läuft. Trotz Bedenken seitens der Bevölkerung wurde im vergangenen Jahr eine Laufzeitverlängerung von zwanzig Jahren genehmigt. Im Jahr 2009 entwich Tritium aus der Anlage und drang in zwei Grundwasserspeicher ein, berichtete kürzlich der Environment News Service (ENS). [1] Erstmals wurde das Tritium am 13. April 2009 bei einer Routineinspektion in einem Kabelschacht, in dem das Wasser 30 Zentimeter hoch stand, entdeckt, schrieb die Betreibergesellschaft Exelon Corporation auf ihrer Website. [2]

Das Unternehmen hat zugesagt, diese Woche damit zu beginnen, Wasser aus den beiden Beobachtungsbrunnen des Cape May- und des Cohansey-Grundwasserspeichers sowie ab Anfang Oktober aus einem weiteren Brunnen abzupumpen. Nach Angaben des Commissioners von der Umweltschutzbehörde New Jerseys, Bob Martin, soll das tritiumverseuchte Wasser entfernt werden, um eine Trinkwasserkontamination, zu der es bislang noch nicht gekommen ist, zu vermeiden.

Exelon wie auch der Vertreter der Umweltbehörde erwecken den Eindruck, als sei der bisherige Schaden zu beheben und das Trinkwasser noch nicht verseucht. Außerhalb des Betriebsgeländes des Akw oder in der Näher von Trinkwasserquellen wurde keine Radioaktivität gemessen, versicherte Martin. Man wolle sicherstellen, daß es dazu niemals kommen werde. Auf dem Gelände selbst hingegen wurden im Juni stark erhöhte Tritiumwerte in dem Beobachtungsbrunnen für den Cohansey-Aquifer registriert. Die Strahlenwerte überstiegen eine Million Picocurie pro Liter (pCi/L) und lagen somit das Fünfzigfache über dem von der EPA als gesundheitlich unbedenklich bestimmten Grenzwert von 20.000 pCi/L. Noch heute werden 700.000 pCi/L Tritium an zwei Meßstellen registriert. Exelon hat versprochen, bis Ende des Jahres alle Rohrleitungen, in denen radioaktive Substanzen fließen, auszutauschen.

Die sogenannte Beseitigung der radioaktiven Verseuchung sieht vor, daß das kontaminierte Wasser in Tonnen gepumpt und zu einem Rückhaltetank auf dem Gelände gebracht wird. Schließlich soll es dem Kühlwasser, das aus dem Barnegat Bay stammt und dorthin zurückfließt, zugemischt werden, von wo es weiter in den Atlantischen Ozean geleitet wird. Weil das tritiumhaltige Wasser mit großen Mengen an Kühlwasser gemischt wird, hoffen Betreiber und Behörden, daß nach dieser Methode die Grenzwerte unterschritten werden. Zur Beruhigung der Öffentlichkeit sollen die Meßergebnisse über die dann nicht mehr nachweisbare Strahlenbelastung des Kühlwassers veröffentlicht werden.

In den USA gibt es kein Endlager für radioaktive Substanzen. Auf dem Gelände des Akw Oyster Creek lagern noch 1000 Tonnen Nuklearabfall. Die Anlage gilt als eine der umweltschädlichsten in den USA. Im Zeitraum 2001 bis 2004 wurden von dort aus mit die meisten radioaktiven Emissionen aller Akws der USA abgegeben. Nachgewiesenermaßen wurden die Umwelt verstrahlt. Ocean County verzeichnet die höchste Krebsrate innerhalb New Jerseys. [3]

Ein kausaler Zusammenhang zu den Tritium-Emissionen, die auch im "Normalbetrieb" von Oyster Creek wie auch anderen Akws weltweit abgegeben werden, kann nicht festgestellt werden, liegt aber nahe. Umweltschutzgruppen wie der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) warnen vor Tritium, das bei der Aufnahme in den Körper sämtliche Organe schädigen und Krebs auslösen kann. [4]

Tritium zählt sicherlich zu den weniger gefährlichen unter den radioaktiven Substanzen, aber das ist eine letztlich statistisch begründete Aussage. Denn wer aufgrund einer Tritiumkontamination an Krebs erkrankt und stirbt, ist zu hundert Prozent ums Leben gekommen.


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Anmerkungen:

[1] "Cleanup of Radioactive Water at Oyster Creek Nuclear Plant Begins", Copyright Environment News Service (ENS), 23. September 2010
http://www.ens-newswire.com/ens/sep2010/2010-09-23-092.html

[2] "Oyster Creek Tritium Project Timeline of Events", abgerufen am 28. September 2010
http://www.exeloncorp.com/assets/energy/powerplants/docs/Oyster%20Creek/Tritium/dwnload_timeline_OCtritium.pdf

[3] RADIOACTIVE CONTAMINATION AND POTENTIAL HEALTH RISKS FROM THE OYSTER CREEK NUCLEAR POWER REACTOR, Joseph J. Mangano, Radiation and Public Health Project, 12. Juni 2007
http://www.radiation.org/spotlight/070612_oystercreekreport.html

[4] http://www.bbu-online.de/Kampagnen/Tritium-Projekt.pdf

28. September 2010