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STELLUNGNAHME/401: Erörterung - Kanalwasser-Nutzung zum Betrieb des AKW Lingen 2 stößt auf Ablehnung (BBU)


Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) e.V. - Bonn, 19. September 2017

Erörterungstermin in Lingen beendet: Weitere Kanalwasser-Nutzung zum Betrieb des AKW Lingen 2 stößt auf fundierte Ablehnung


(Bonn, Lingen, 19.09.2017) Die beantragte zukünftige Nutzung von Wasser aus dem Dortmund-Ems-Kanal für den Weiterbetrieb des AKW Lingen 2 stößt bei Privatpersonen, Bürgerinitiativen und dem Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) weiterhin auf Ablehnung. Dies wurde am Montag (18.9.2017) beim 2. Erörterungstermin innerhalb weniger Tage in Lingen bekräftigt. Bei dem Termin wurde die zuständige Genehmigungsbehörde, der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) erneut mit zahlreichen fundierten Einsprüchen konfrontiert. Beim 2. Erörterungstermin stand der Speichersee bei Geeste im Mittelpunkt der Anhörung. Dabei ging es u. a. um Fragen des Klimawandels und des Artenschutzes.

Zwei bisherige wasserrechtliche Genehmigungen für den Betrieb des AKW Lingen 2 laufen in wenigen Monaten aus, während das AKW offiziell noch bis Ende 2022 am Netz bleiben soll. In den Genehmigungen sind die bisherige Wasserentnahme aus dem Dortmund-Ems-Kanal sowie die Nutzung von Kanalwasser zur Speicherung in dem Speicherbecken bei Geeste für den Betrieb des AKW Lingen 2 geregelt. Während die direkte Entnahme von Kanalwasser für das AKW noch bis Februar 2018 genehmigt ist, endet die bisherige Genehmigung für die Kanalwassereinspeicherung in den Speichersee Geeste bereits am 12.11.2017 - also in weniger als zwei Monaten. Angesichts dieser knappen Zeit darf sich die Genehmigungsbehörde durch den AKW-Betreiber RWE nicht unter Druck setzen lassen. Alle Einsprüche gegen das Vorhaben müssen intensiv geprüft werden.

Genehmigungsbehörde blendet erneut AKW-Gefahren bei der Erörterung aus

Bei dem Erörterungstermin am Montag ging es konkret um Kanalwasser, das auch zukünftig im Speichersee Geeste eingespeichert werden soll. Die Einwenderinnen und Einwender betonten, dass die beantragte wasserrechtliche Bewilligung zur Nutzung des Kanalwassers nicht losgelöst vom Betrieb des AKW Lingen 2 bzw. vom Betrieb des Speichersees und von den damit verbundenen Gefahren, betrachtet werden kann. Die Genehmigungsbehörde lehnte allerdings wie schon beim Erörterungstermin am 12. September jegliche Erörterung der AKW-Gefahren ab und konzentrierte die Anhörung ausschließlich auf die Wasserentnahme aus dem Dortmund-Ems-Kanal.

Erneut trugen die Einwenderinnen und Einwender zahlreiche Einsprüche gegen die beantragte zukünftige Wasserentnahme aus dem Dortmund-Ems-Kanal und die Speicherung im Speichersee Geeste vor und begründeten diese. Dabei wurden u. a. auch wieder das jüngste Urteil des Europäischen Gerichtshofes zum Betrieb des Kohlekraftwerkes Moorburg und die FFH-Richtlinie sowie der Schutz der Rohrverbindungen zwischen Dortmund-Ems-Kanal und dem Speichersee Geeste vor Sabotage thematisiert. 30 Jahre nach Erteilung der ersten wasserrechtlichen Genehmigungen darf die Wasserentnahme nicht einfach so wie bisher fortgeschrieben werden. Neue Erkenntnisse und Rechtslagen müssen beachtet werden. So ist aus Sicht der Einwenderinnen und Einwender auch auf jeden Fall ein Strategie-Konzept zur Klimaanpassung notwendig. Bei der weiteren Planung der Wasserentnahme für das AKW Lingen 2 müssen zukünftig intensivere Trockenphasen der Ems bzw. des Dortmund-Ems-Kanals in den Sommermonaten ebenso berücksichtigt werden wie das Zufrieren des Kanalwassers in Wintermonaten.

Genehmigungsbehörde hätte das Moorburg-Urteil berücksichtigen müssen

Das Urteil zum Kohlekraftwerk Moorburg, nach dem für das Kraftwerk kein Wasser aus der Elbe entnommen werden darf, hätte seitens des NLWKN auch im Verfahren zur Wasserentnahme aus dem Dortmund-Ems-Kanal für den Speichersee Geeste berücksichtigt werden müssen. Ebenso wie bei der Elbe muss bei der Ems der Schutz als FFH-Gebiet (Flora-Fauna-Habitat) gewährleistet werden. Bisher wurde für das Vorhaben nur eine FFH-Vorprüfung durchgeführt. Ergänzend wurde bei dem 2. Erörterungstermin kritisiert, dass der Fischschutz bei der vorgesehenen Wasserausleitung ausdem Speichersee in den Dortmund-Ems-Kanal in Trockenperioden nicht hinreichend berücksichtigt wurde. Die Pläne zur Wasserausleitung sind intransparent, da es dazu keine Antragsunterlagen gibt; die Wasserausleitung ist nicht Gegenstand des aktuellen Verfahrens, müsste aber gemeinsam erörtert werden.

Ein wichtiges Thema beim 2. Erörterungstermin war auch der Schutz der Bevölkerung vor den Folgen möglicher Dammbrüche des Speicherseees Geeste. Diesen kritischen Punkt wollte die Genehmigungsbehörde aber ebenfalls nicht erörtern, obwohl bei der Erläuterung der Einsprüche z. B. auf die Zerstörung der Möhnetalspere 1943 und auf den Dammbruch beim Elbe-Seitenkanal 1976 hingewiesen wurde.

Niederländische Bevölkerung beteiligen!

Bei beiden Erörterungsterminen wurde kritisiert, dass die Genehmigungsverfahren nicht grenzüberschreitend auch der Bevölkerung in den Niederlanden bekannt gemacht wurden. Da die Verfahren dem Weiterbetrieb des AKW Lingen 2 dienen, wäre das gemäß der Vereinbarungen der Niederländisch-Deutschen-Kernenergie-Kommission (NDKK) erforderlich gewesen. Ein niederländischer Einwender hatte am ersten Erörterungstag mehrfach darum gebeten, dass ihm ein Dolmetscher gestellt wird. Dies hat die Genehmigungsbehörde allerdings immer wieder abgelehnt. Damit wurden die Rechte des Niederländers, seine Einwendungen umfassend zu erörtern, massiv beeinträchtigt. Als Konsequenz nahm der niederländische Einwender, der im Umweltverband Milieudefensie organisiert ist, nicht mehr am zweiten Erörterungstag teil.

Bürgerinitiativen und der BBU werden sich weiterhin zum Schutz der Bevölkerung und der Umwelt dafür einsetzen, dass dem AKW Lingen 2 "das Wasser abgegraben" wird.

Wer sich von dem AKW Lingen 2 und von den Auswirkungen der wasserrechtlichen Genehmigungen betroffen fühlt, kann sich zum Informationsaustausch bei BBU-Vorstandsmitglied Udo Buchholz unter 02562-23125 oder udo.buchholz@bbu-bonn.de, sowie beim BBU in der Geschäftsstelle unter 0228-214032 melden.


Hintergrundinformationen zu den Erörterungsterminen in Lingen:

Termin vom 12.9.2017: Weitere Wasserentnahme aus dem Dortmund-Ems-Kanal
http://www.nlwkn.niedersachsen.de/startseite/wasserwirtschaft/zulassungsverfahren/abwasser_und_einleitungen/kernkraftwerk_emsland_kke/wasserrechtliche-bewilligung-zur-entnahme-von-wasser-aus-dem-dek-fuer-das-kke-151162.html

Termin vom 18.9.2017: Weitere Wassernutzung über den Speicherses Geeste
https://www.nlwkn.niedersachsen.de/startseite/wasserwirtschaft/zulassungsverfahren/abwasser_und_einleitungen/kernkraftwerk_emsland_kke/speicherbecken_geeste_sbg/entnahme-von-wasser-aus-dem-dortmund-ems-kanal-bei-kanal-km-154218-fuer-das-speicherbecken-geeste-151839.html

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Quelle:
BBU-Pressemitteilung, 19.09.2017
Herausgeber:
Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) e.V.
Prinz-Albert-Str. 55, 53113 Bonn
Tel. 0228/21 40 32, Fax.: 0228/21 40 33
Internet: www.bbu-online.de
Facebook: www.facebook.com/BBU72


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. September 2017

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