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STANDPUNKT/958: Kritik an BUND-Forderung nach 'Heißen Zellen' für alle atomaren Zwischenlager (Strahlentelex)


Strahlentelex mit ElektrosmogReport
Unabhängiger Informationsdienst zu Radioaktivität, Strahlung und Gesundheit
Nr. 736-737 / 31. Jahrgang, 7. September 2017 - ISSN 0931-4288

Atommüll

Verärgerung über den BUND
Kritik an Forderung nach 'Heißen Zellen' für alle atomaren Zwischenlager


Die Auseinandersetzung um die Forderung des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) nach 'Heißen Zellen' an den Standorten der Atommüll-Zwischenlager [1] geht weiter. Am 14. Juni 2017 hatte der BUND ein Papier 'BUND-Eckpunkte Zwischenlagerung hoch radioaktiver Atommüll' veröffentlicht [2], das fordert, es müsse "für alle Zwischenlager die Möglichkeit geschaffen werden, die Behälter zu reparieren und das Behälterinventar wenigstens stichprobenartig zu überprüfen."

Das kritisiert die Bürgerinitiative 'Kein Atommüll in Ahaus' e.V. unter anderem in einem Schreiben an den Bundesvorstand des BUND vom 16.08.2017. Diese Forderung sei weder mit den Standortinitiativen in Gorleben noch in Ahaus abgesprochen, sie sei auch nicht ernsthaft mit ihnen diskutiert worden. Zumindest für Ahaus sei dem BUND bekannt, dass die BI Ahaus ausdrücklich dagegen ist, zumal ein solches Vorhaben in Ahaus nicht realisierbar sei. Denn für das Zentrale Zwischenlager Ahaus sind die Errichtung und der Betrieb einer 'Heißen Zelle' dort im Ansiedlungsvertrag ausgeschlossen. Das gelte für die GNS und auch für alle ihre Rechtsnachfolger. Der BUND verstoße damit gegen ein Grundprinzip der Anti-AKW-Bewegung, sich nicht gegen die Interessen der regionalen Bürgerinitiativen zu wenden.

Darüber hinaus wird sogar der Neubau von 'verbesserten' Lagerhallen gefordert - womit zugleich die Verlängerung der Zwischenlagerung an diesen Standorten auf viele Jahrzehnte impliziert ist, moniert die Bürgerinitiative 'Kein Atommüll in Ahaus'. Es möge ja sein, dass aufgrund der nur schwer (wenn überhaupt) zu lösenden Problematik, ein geeignetes Endlager zu finden und in Betrieb zu nehmen, die Verlängerung der Zwischenlagerung an den bestehenden oder an neuen Standorten nicht zu vermeiden sei. Aber dies zu fordern sei nicht Aufgabe der Anti-AKW-Bewegung, die seit Jahrzehnten die Beendigung der Atomenergienutzung will. Es sei vielmehr Aufgabe der für diese Technologie Verantwortlichen, Konzepte zu entwickeln und bei den Menschen Akzeptanz dafür zu schaffen, insbesondere an den betroffenen Standorten. Es kann aber nicht sein, dass von den Standorten verlangt werde, dass sie ihrerseits Angebote machen, den Atommüll bei ihnen noch Jahrzehnte länger zu lagern.

Wenn der BUND solche Forderungen erhebt, mache er sich zum Sprachrohr der Betreiber von Atomanlagen und der politisch dafür Verantwortlichen, was für den Bereich der Atommüll-Lagerung nach den aktuellen gesetzlichen Neuregelungen inzwischen dasselbe ist. Er distanziere sich damit klar von der Anti-AKW-Bewegung.

Dies sei genau das, was von den Anti-Atominitiativen befürchtet wurde, als der BUND vor drei Jahren seine Bereitschaft zur Mitarbeit in der 'Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe' des Bundes erklärt hat - im Gegensatz zu den Bürgerinitiativen, die sich von diesem Angebot des Bundes nicht vereinnahmen ließen, erklärt die Bürgerinitiative in Ahaus. Das Vorgehen des BUND sei für sie in vielerlei Hinsicht unverständlich, auch vor dem Hintergrund, dass sie seit Beginn ihres Widerstands vor 40 Jahren mit dem BUND vertrauensvoll zusammengearbeitet und auch tatkräftige Unterstützung erfahren hätten. Das jetzige Verhalten des BUND werfe eine Reihe von Fragen auf, die die Bürgerinitiative 'Kein Atommüll in Ahaus' nun öffentlich diskutieren will:

Weshalb habe der BUND nicht vor der Erstellung des Eckpunktepapiers das Gespräch mit den betroffenen Standortinitiativen gesucht, sondern erst, als das Papier schon stand und offenbar in wesentlichen Punkten nicht mehr verändert werden sollte, wodurch auch eine Telefonkonferenz vom 23. Mai 2017 nur noch eine Alibi-Funktion hatte? Weshalb ignoriere der BUND rechtssichere Verträge wie den Ansiedlungsvertrag zum Zwischenlager Ahaus?

Weshalb verfasse eine NGO wie der BUND, die sich jedenfalls in der Vergangenheit immer der Anti-Atom-Bewegung zugerechnet hat, derartige Vorlagen für verantwortliche Ämter, Ministerien und Politiker?

Und die Bürgerinitiative in Ahaus fragt provokativ: Verspreche sich der BUND durch sein Vorgehen mehr öffentliche Zuwendungen und Mittel? Oder habe sich der BUND gar von Gutachtern oder Gutachterinnen benutzen lassen, die an lukrative Aufträge bei der Endlagersuche kommen wollen? Das weist der BUND empört zurück. In einer Antwort des BUND-Vorsitzenden Hubert Weiger vom 29. August 2017 schließlich veteidigt dieser die Haltung seines Vereins. Es sei aus Sicht des BUND "nicht ausreichend, auf Vorschläge der Politik zu warten und diese dann zu kritisieren." Was die Forderung nach einer Reparatur- und Wartungsmöglichkeit für die Lagerbehälter angehe, "unterscheidet sich die Rolle eines bundesweiten Umweltverbandes möglicherweise von der einer lokalen BI."


[1] vergl. Ein Prozess der passiven Revolution, Strahlentelex 724-725 v. 02.03.2017, S. 7-8,
http://www.strahlentelex.de/Stx_17_724-725_S07-08.pdf

[2] BUND-Eckpunkte Zwischenlagerung hoch radioaktiver Atommüll: Atommüll-Zwischenlager-Konzept jetzt überprüfen, Berlin, 14.06.2017,
www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/atomkraft/zwischenlagerung_atommuell_eckpunkte.pdf


Der Artikel ist auf der Website des Strahlentelex zu finden unter
http://www.strahlentelex.de/Stx_17_736-737_S11-S12.pdf

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Quelle:
Strahlentelex mit ElektrosmogReport, September 2017, Seite 11-12
Herausgeber und Verlag:
Thomas Dersee, Strahlentelex
Waldstr. 49, 15566 Schöneiche bei Berlin
Tel.: 030/435 28 40, Fax: 030/64 32 91 67
E-Mail: Strahlentelex@t-online.de
Internet: www.strahlentelex.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Oktober 2017

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