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STANDPUNKT/142: Keine neue Rechtsbeugung für Kraftwerk Datteln IV (NABU NRW)


NABU Landesverband Nordrhein-Westfalen - 31. Mai 2011

BUND: "Kraftwerkstorso Datteln IV beerdigen"

"Kohlekraftwerke sind keine Brücke, sondern eine Sackgasse" / keine neue Rechtsbeugung für Kraftwerk Datteln IV


Düsseldorf, 01.06.2011 - Der nordrhein-westfälische Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) fordert Ministerpräsidentin Hannelore Kraft auf, sich endlich klar zum Klimaschutz und für eine zukunftsfähige Energiestruktur zu bekennen. Kohlekraftwerke wie Datteln IV seien keine Brücke, sondern führten in die energiepolitische Sackgasse. Mit dieser SPD-Politik drohe NRW die De-Industrialisierung, weil uralte Kohletechnologien gegenüber den modernen und zukunftsgewandten erneuerbaren Energien und Energiespartechnologien bevorzugt würden.

"Wer jetzt noch für Kohlekraftwerke als Brückentechnologie wirbt, sabotiert die eigenen Klimaschutzziele und verkennt die ökonomischen Chancen einer Energiewende an Rhein, Ruhr und Lippe" sagte der BUND-Landesvorsitzende Paul Kröfges. Anstatt an einer veralteten Dinosauriertechnologie festzuhalten, müsse die Landesregierung endlich konsequent die technischen Energiesparpotenziale erschließen und "mit Volldampf" die erneuerbaren Energien ausbauen. Hierzu sei die schnelle Verabschiedung eines Landesklimaschutzgesetzes unabdingbar. Von der angekündigten "ökologisch-industriellen Revolution" sei jedenfalls bislang zu wenig zu erkennen.

Derzeit sind in Nordrhein-Westfalen 67 Kohlekraftwerksblöcke mit einer installierten Bruttoleistung von etwa 22,3 Gigawatt in Betrieb. Diese Kraftwerke sind für den Großteil der energiebedingten Treibhausgas-Emissionen in Höhe von etwa 176 Millionen Jahrestonnen verantwortlich. Würden alle sieben derzeit in Bau befindlichen Kraftwerksblöcke in Neurath, Walsum, Datteln, Lünen und Hamm (insgesamt 6,2 Gigawatt elektrische Netto-Leistung) tatsächlich ans Netz gehen, wären damit - unter Einberechnung der CO2-Reduktion durch die verbindliche Abschaltung von Altanlagen - zusätzliche CO2-Emissionen in Höhe von 20 Millionen Jahrestonnen verbunden.

"Bei Regelbetriebszeiten für Neubaukraftwerke von mehr als 30 Jahren würde dieser CO2-Sockel alle Klimaschutzziele des Landes unterlaufen", konstatiert Dirk Jansen, Geschäftsleiter des BUND. "Kohlekraftwerke sind keine Brücke, sondern eine Sackgasse." Mit Klagen gegen die Kraftwerke Datteln IV und Lünen versuche der BUND, diesen "klimaschutzpolitische Amoklauf" zu stoppen. Zur Ergänzung eines zukunftsfähigen Energiemix aus erneuerbaren Energien seien flexible und energietechnisch hoch effiziente Gaskraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung das Mittel der Wahl.

Der BUND warnte davor, die Fehler von Schwarz-Gelb zu wiederholen und "aus rein politischen Gründen dem klima-, umwelt- und menschenschädlichen Kraftwerksvorhaben Datteln IV künstlich neues Leben einzuhauchen". Der gestrige Beschluss des RVR, auf Grundlage eines fragwürdigen E.On-Gutachtens das Regionalplanänderungsverfahren fortzusetzen, führe in die Richtung einer erneuten Rechtsbeugung. Damit mache sich der RVR ohne jede gesetzliche Verpflichtung zum Erfüllungsgehilfen von E.On. "Die Landesregierung würde mit einer Zielabweichung ihre übergeordneten Ziele zum Schutz der Bevölkerung und der Umwelt zugunsten des E.On-Schwarzbaus aufgeben", kritisiert BUND- Energieexperte Jansen. "Dabei war den Betroffenen im Koalitionsvertrag Vertrauensschutz garantiert worden, eine nachträgliche Beugung geltenden Rechts sollte es nicht geben." Die Enthaltung der Grünen im RVR deutet der BUND als Signal, dass jedenfalls die Öko-Partei weiter zum Koalitionsvertrag steht und für eine E.On-gefällige Regionalplanänderung nicht zur Verfügung stehen wird. E.On habe im Übrigen keinerlei Rechtsanspruch auf ein Zielabweichungsverfahren und könne ein solches auch nicht einklagen.

Der BUND appellierte an Rot-Grün, den derzeitigen Bestrebungen zur nachträglichen Legalisierung des gescheiterten Kraftwerksprojektes unter Verletzung des Vertrauensschutzes und Schutzanspruches der Bevölkerung eine klare Absage zu erteilen. Die Politik müsse endlich ihre Verantwortung wahrnehmen und den rechtswidrigen Kraftwerkstorso Datteln IV beerdigen.

Vor diesem Hintergrund begrüßte der BUND die bekannt gewordene Entscheidung von NRW-Klimaschutzminister Johannes Remmel, den Widerruf der E.ON-Stilllegungserklärung für die Altkraftwerke Datteln 1-3 nicht akzeptieren zu wollen, als "wichtiges Signal für Rechtssicherheit". Damit müssen die 47 Jahre alten Kraftwerksblöcke Ende 2012 vom Netz genommen werden. Das dieser Entscheidung zugrunde liegende Gutachten belege, dass die Versorgung des Fernwärmesystems E.ON-Ruhrgebiet und die Belieferung mit Bahnstrom auch ohne Datteln 4 bei gleichzeitiger Stilllegung der Altblöcke Datteln 1-3 und Shamrock möglich sind.

Alle Datteln Infos:
http://www.bund-nrw.de/themen_und_projekte/energie_klima/kohlekraftwerke/kraftwerksplanungen_nrw/datteln/


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Quelle:
Pressemitteilung, 31.05.2011
NABU Nordrhein-Westfalen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Juni 2011