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LAIRE/105: Green New Deal - ein Projekt der Großindustrie (SB)


Desertec, Nordsee-Supergrid und Offshore-Windpark Doggerbank - das Imperium schlägt zurück

Allerdings bietet dezentrale Energieversorgung keinen Ausweg aus bestehenden Verwertungsbedingungen


Ist es nicht großartig? Sieht die Zukunft nicht rosig - pardon - grün aus? Werden nicht sämtliche Öko-Träume erfüllt, jetzt, da sogar die Industrie in immer kürzeren Abständen mit neuen gigantomanischen Konzepten zur Nutzung sogenannter regenerativer Energien durch Wind, Sonne, Wasser oder Biomasse aufwartet und die Investition von zig Milliarden Euro in die Erzeugung von "Wüstenstrom", den Bau eines Nordsee-Leitungsverbunds für Ökostrom oder in den Bau riesiger Offshore-Windparks in der Nordsee zusagt? Und die Regierungen finden's auch noch gut so!

Warum wohl? Warum spricht selbst der liberale Wirtschaftsminister Rainer Brüderle vom "Einstieg in das Zeitalter regenerativer Energien" und Bundeskanzlerin Angela Merkel von einer Kräftigung der erneuerbaren Energien in Deutschland? Weil die aus herrschaftslogischer Sicht "Gefahr", sei sie auch verschwindend gering, erfolgreich gebannt wurde, daß sich die Energieversorgung der Bundesbürger in Richtung dezentrale Einheiten entwickeln könnte. Ob der damit verbundene Traum der Versorgungsunabhängigkeit erfüllbar ist oder nicht, allein die Idee muß als Bedrohung der vorgegebenen Ordnung aufgefaßt werden, denn die Versorgung mit Energie in Form von Brennstoff und elektrischem Strom bildet ein unverzichtbares Mittel der Herrschaftssicherung.

Umgekehrt könnte die Erosion administrativer Verfügungsgewalt an dieser einen Stelle unabsehbare Folgen hinsichtlich anderer Abhängigkeiten nach sich ziehen. Bürger, die im Bereich der Energieversorgung nicht mehr auf die staatliche Aufsicht angewiesen sind, könnten Gefallen daran finden und versuchen, sich auch von anderen Fesseln zu befreien. Wo kämen wir da hin? Ja, wohin denn, wenn nicht zu Lebensweisen, auf die staatliche Institutionen ihren Einfluß verlören, und einem Verhältnis zur biologischen und nicht-biologischen Umwelt, das nicht durch ausbeuterische Verwertungsformen bestimmt wäre.

Aber keine Sorge, ihr Merkel und ihr Brüderle. Selbst wenn jedes Haus in Deutschland Sonnenkollektoren besäße, verbleibende Versorgungslücken durch Windräder und Biomassekraftwerke sowie ausgeklügelte Energiespeichersysteme auf rein kommunaler Ebene geschlossen wären, würden Staat und Wirtschaft, die beiden Standbeine der vorherrschenden Gesellschaft, nicht in die Knie gezwungen. Auch solche dezentralen Energieversorgungssysteme sind auf die Hightech-Industrie für die Produktion von Solarzellen, Windrädern, Kraftwerken, Akkumulatoren, etc. angewiesen, und außerdem sind sie nicht aus der behördlichen Aufsicht entlassen. Die Vorstellung einer Dezentralität der Energieversorgung bietet keinen Ausweg aus dem mehr und mehr von der Großindustrie okkupierten Green New Deal, mit dem die nach Profit strebende, dabei Mangel und Verluste generierende und verbreitende Wirtschaftsweise zukunftsfähig gemacht werden soll.

10. Januar 2010