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WASSER/227: Die Trave lässt plätschern - meistens ... (DER RABE RALF)


DER RABE RALF
Nr. 194 - Oktober/November 2016
Die Berliner Umweltzeitung

Die Trave lässt plätschern - meistens ...
Flusslandschaft des (Doppel-)Jahres

Von Jörg Parsiegla


Bereits im März 2016 wurde die Trave in Schleswig-Holstein zur "Flusslandschaft der Jahre" 2016/17 gekürt. Die Titelvergabe, eine gemeinsame Kampagne der NaturFreunde Deutschlands und des Deutschen Angelfischerverbandes, will die Öffentlichkeit für die ökologische, ökonomische und soziokulturelle Bedeutung von Flüssen sensibilisieren. Die Trave zum Beispiel ist als zweitlängster Fluss des nördlichsten deutschen Landes komplett unter Schutz gestellt. Die Landesregierung hat den gesamten Flusslauf einschließlich anliegender Naturschutzgebiete als sogenannte Fauna-Flora-Habitate (FFH) gemeldet und damit in das europäische Schutzgebietsnetzwerk Natura 2000 integriert.

Die Umständliche

Die Trave könnte es sich leichter machen: Von ihrem auf circa 70 Meter über Normalnull gelegenen Quelltümpel in Gießelrade, einem ostholsteinischen 140-Seelen-Dorf mit Biogasanlage und Heuherberge, wären es kaum zehn Kilometer bis zur Ostsee. Stattdessen fließt sie, in Ortslage verrohrt, in alten Schmelzwasserbetten der letzten Eiszeit zuerst landeinwärts, bevor sie in großem Bogen, vorbei an Bad Segeberg und durch Bad Oldesloe, der Hansestadt Lübeck entgegenstrebt und in Travemünde - nun doch - die Ostsee erreicht. Das gesamte Flusssystem der Trave entwässert auf seinen 124 Kilometern Länge immerhin um die 80 Seen, sein Einzugsgebiet erreicht mit 2.676 Quadratkilometern die Größe des Saarlandes.

Die Trave ist von der Einmündung des Elbe-Lübeck-Kanals auf Lübecker Stadtgebiet bis zur Mündung in die Ostsee über 27 Kilometer eine Bundeswasserstraße. Den Flusslauf überqueren gut einhundert Brücken - von auf Höhe der Bachsohle verlegten Betonröhren bis zu kühn geschwungenen Spann- und Klappbrücken auf Lübecker Stadtgebiet.

Für den Naturschutz ist die Flusslandschaft Trave besonders durch ihre weiträumig miteinander verbundenen unterschiedlichen Lebensraumtypen interessant. Zum Beispiel kommen im Unterlauf der Trave das vom Aussterben bedrohte Meer- sowie das stark gefährdete Flussneunauge vor, stellenweise wurden die streng geschützte Gemeine Flussmuschel und der ebenfalls streng geschützte Moorfrosch nachgewiesen.

Die Trave ist zudem Lebensraum des vom Aussterben bedrohten Fischotters.

In ihrem Oberlauf ist die Trave ein recht munteres Gewässer, das oft über Stock und Stein springt und daher für sportliche Aktivitäten, beispielweise für den Kanusport, nur bedingt in Frage kommt (unbedingt die Freigabemarke "Grün" beachten). Wenige Kilometer hinter Bad Segeberg, bei Herrenmühle, durchbricht die Trave die ostholsteinische Endmoräne. Ab hier fließt sie spürbar langsamer. Hinter Bad Oldesloe schließlich setzt sie ihren Weg ruhig und langsam fort, bis sie sich vor Lübeck mit dem Elbe-Lübeck-Kanal zur Kanal-Trave vereinigt.

Butter bei die Fische - und Vögel

Nicht uninteressant ist die Trave für die Freunde des Angelfischens. Nach Passieren der ersten größeren Seen gehören Barsch, Aal, Hecht, Brassen, Elritze sowie Forellen- und Karpfenarten zu den vorkommenden Fischarten. Im weiteren Flussverlauf kommen noch Welse und Zander hinzu. In der Hansestadt Lübeck hängen aufgrund des zunehmenden Salzgehaltes auch Flunder, Hering und Hornhecht an der Angelschnur.

So vielfältig das Erscheinungsbild der Trave, so unterschiedlich beschaffen sind ihre Ufer. Es gibt Abschnitte, da reicht die Landwirtschaft bis an den Fluss heran. Dann hat man einen schönen, weiten Blick auf die hügelige Umgebung. Ab und zu gibt es tief liegende Viehweiden.

Wo Hänge die Trave einengen, bieten sich gute Nistmöglichkeiten für Eisvögel, die hier gar nicht so selten sind. Auch andere Singvögel fühlen sich am Fluss wohl, besonders wenn an den Hängen Gehölze wachsen. Man trifft auf Rohrammern, Zaunkönige, Grasmücken, Buchfinken und Singdrosseln. Auch Feldlerchen sowie Bach- und Gebirgsstelzen schauen vorbei. Unter den Raubvögeln lassen sich Mäusebussarde und Rotmilane ausmachen.

Auf ihren stilleren Abschnitten, besonders im Sommer, lohnt ein Blick auf den Grund der Trave: Der ist oft sandig und man sieht viele Fische. "Wir wollen für einen guten Zustand aller Gewässer werben und mit konkreten Projekten gemeinsam mit den örtlichen Akteuren und Behörden einen Beitrag zur Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie leisten", erklärt Dieter Neumann, Landesvorsitzender der NaturFreunde Schleswig-Holstein. Und sein Kollege vom Landessportfischerverband, Präsident Peter Heldt, ergänzt: "Wir setzen uns für eine sachorientierte Fortentwicklung dieses biologisch ausgesprochen wertvollen Fließgewässer-Lebensraumes ein."


Weitere Informationen:

www.naturfreunde.de
www.dafv.de


Trave - Steckbrief

Lage: Schleswig-Holstein
Quelle: Gießelrade bei Ahrensbök in Ostholstein
Länge: 124 Kilometer
Mündung: Travemünde (Ostsee)
Einzugsgebiet: 2.676 Quadratkilometer
Nebenflüsse links: Clever Au, Schwartau
Nebenflüsse rechts: Beste, Wakenitz, Stepenitz
Großstädte: Lübeck
Mittelstädte: Bad Segeberg, Bad Oldesloe,
Reinfeld, Lübeck-Travemünde

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Quelle:
DER RABE RALF
27. Jahrgang, Nr. 194, Oktober/November 2016, Seite 15
Herausgeber:
GRÜNE LIGA Berlin e.V. - Netzwerk ökologischer Bewegungen
Prenzlauer Allee 8, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg
Redaktion DER RABE RALF:
Tel.: 030/44 33 91-47/-0, Fax: 030/44 33 91-33
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Internet: www.raberalf.grueneliga-berlin.de
 
Erscheinen: zu Beginn gerader Monate
Abonnement: jährlich, 20 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. November 2016

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