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RECHT/028: Klagen gegen Muschelzucht im Naturschutzgebiet Beltringharder Koog (NABU SH)


NABU Landesverband Schleswig-Holstein - 21. April 2009 / Gemeinsame Medieninformation

NABU, BUND und Verein Utlande klagen gegen Muschelzucht im Beltringharder Koog

Natur im Beltringharder Koog soll ungestört bleiben - Nach Pilotphase keine praktische Anwendung?


21. April 2009: Die Naturschutzverbände BUND, NABU und Verein Uthlande haben heute Klage beim Verwaltungsgericht in Schleswig gegen die geplante Aufzucht von Miesmuschelsaat im Beltringharder Koog eingereicht. Der Kreis Nordfriesland hatte der Erzeugergemeinschaft der schleswig-holsteinischen Muschelzüchter genehmigt, im bestehenden Naturschutzgebiet Zuchtanlagen zu errichten. Dieses Vorhaben soll mitten im ökologisch hochwertigen Naturschutzgebiet realisiert werden, das zugleich seit 1987 als Ausgleichsfläche für die Eingriffe bei der Eindeichung der Nordstrander Bucht dient.

Die Naturschutzverbände, die gemeinsam den Koog betreuen, lehnen das Vorhaben ab. Sie wenden sich gegen die neue, kommerzielle Nutzung eines seit langem weitgehend ungestörten Bereichs in einem Naturschutzgebiet. Die Muschelfischer wollen hier auf einer rd. drei Hektar großen Fläche im Einstrombereich des Wattenmeers erforschen lassen, ob es Binnendeichs möglich ist, Saatmuscheln anzuziehen. "Nutzungsfreie Zonen sind heute selbst im Wattenmeer-Nationalpark kaum vorhanden und stellen einen 'Wert an sich' dar", so NABU-Landesvorsitzender Hermann Schultz. Nur hier lassen sich auch natürliche Entwicklungen unter Ausschluss menschlicher Eingriffe studieren. "In einem Naturschutzgebiet und einer Ausgleichsfläche für die Eindeichung dürfen keine Nutzungen erfolgen, die der Schutzgebietsverordnung und dem Ausgleichsziel des Planfeststellungsbeschlusses zuwider laufen", stellt BUND-Landesvorsitzende Sibylle Macht-Baumgarten klar.

Die geplante Nutzung strahlt durch Störungen weit in andere Abschnitte des Gebietes aus. Zu befürchten ist, dass bedrohte Arten wie die Zwergseeschwalbe deutlich beeinträchtigt werden. Betroffen ist auch Deutschlands größter Brutplatz des Seeregenpfeifers, der zu den europaweit am stärksten gefährdeten Vogelarten zählt und dessen Vorkommen ein Grund für die Ausweisung des Koog auch als EU-Vogelschutzgebiet ist.

Das Naturschutzgebiet ist selbst Ausgleichsfläche für einen Natur vernichtenden Eingriff. Das Land hatte 1987 nach der Eindeichung der Nordstrander Bucht als 'Trostpflaster' ein Salzwasserbiotop hinter dem Seedeich geschaffen, das sich mit den Jahren zu einem Rückzugsraum für bedrohte Vogelarten entwickelte. Die Flächen unterliegen deshalb einem strikten Betretungsverbot.

Gerade dieses hoch sensible Gebiet soll nun genutzt werden. Seit Subventionen für Aquakulturen aus Brüssel winken, sollen hier binnendeichs Saatmuscheln gezüchtet werden. Hintergrund der Pläne ist das auch durch den Klimawandel bedingte Ausbleiben von Muschelbrut. Da jedoch erklärtermaßen die geplante Zuchtanlage im Koog keinen relevanten Anteil zur erforderlichen Saatmuschelerzeugung liefern kann, bestehen in der als 'Wissenschaftliche Untersuchung' deklarierten Pilotphase keine überwiegenden Gründe des Allgemeinwohls, die diesen Eingriff rechtfertigen könnten. Die Muschelfischer haben zudem erklärt, das Vorhaben an keinem anderen Ort der Westküste realisieren zu können. Gleichzeitig legten sie sich fest, für die kommerzielle Phase der Ausweitung der Zucht nicht das Naturschutzgebiet Beltringharder Koog nutzen zu wollen, obwohl nach eigener Aussage sich die Untersuchungsergebnisse nicht auf andere Gebiete übertragen lassen. "Offen bleibt die Frage, worin dann überhaupt der Nutzen des geplanten Vorhabens für Schleswig-Holstein besteht", fragt sich abschließend Friedrich Twenhöven vom Verein Uthlande.

NABU Schleswig-Holstein
BUND Schleswig-Holstein
Verein Utlande


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Quelle:
Presseinformation, 21. April 2009
Herausgeber: Naturschutzbund Deutschland e.V.
NABU Schleswig-Holstein
Färberstr. 51, 24534 Neumünster
Tel.: 04321/53734, Fax: 04321/59 81
E-mail: info@NABU-SH.de
Internet: www.NABU-SH.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. April 2009