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MOOR/056: Freisinger Moos - Kleiner großer Schritt (BUND MAGAZIN)


BUND MAGAZIN - 1/2020
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland - BUND
Friends of the Earth Germany

FREISINGER MOOS
Kleiner grosser Schritt

von Severin Zillich


Naturschutz und Klimaschutz gehören zusammen, gerade bei Zielkonflikten wird das gerne betont. Wie eng sie zuweilen verbunden sind, zeigt sich nirgends anschaulicher als in unseren Mooren.


Deutschland hat europaweit nur die siebtgrößte Moorfläche. Doch damit belasten wir das Weltklima stärker als jedes andere Land auf dem Kontinent. Weil unsere Moore zu 80 Prozent entwässert werden, entweichen ihnen riesige Mengen klimaschädlicher Gase - ein unhaltbarer Zustand in Zeiten der Klimakrise. Zumal naturbelassene Moore zu den gefährdetsten heimischen Lebensräumen zählen. Im Freisinger Moos setzt sich der BUND für Natur und Klima ein.

Reste der Vielfalt
Im Nordosten Münchens liegt eine Niedermoorlandschaft, die zweitgrößte Bayerns. Gut hundert Jahre lang bewirtschafteten die Menschen das Freisinger Moos extensiv. Reste dieser reichen Kulturlandschaft überdauerten bis heute: ein Mosaik aus (Streu-)Wiesen, Torfstichen und Hochstaudenfluren, Gehölzen und Gewässern. Doch mit der fortdauernden Entwässerung der Torfböden dringt auch hier seit einigen Jahren der Maisanbau vor.

Zum Schutz der noch großflächigen Wiesen mit ihren typischen Vogelarten hat man zwei europäische Schutzgebiete eingerichtet: das FFH-Gebiet »Moorreste im Freisinger und im Erdinger Moos« auf knapp 500 Hektar; und das Vogelschutzgebiet »Freisinger Moos« auf 1135 Hektar.

CSU bremst EU
Nun bietet das EU-Naturschutzrecht grundsätzlich einen passablen Hebel, um wertvolle Lebensräume zu sichern. Doch das Land Bayern setzt dieses Recht nur äußerst schleppend um. Statt für jedes Schutzgebiet konkrete Ziele zu benennen - wie es zweckmäßig gewesen wäre -, beließ es die CSU bei einer laschen Sammelverordnung. Umso schlimmer, dass vielerorts bis heute die vorgeschriebenen Managementpläne fehlen. Das gilt auch fürs Freisinger Moos.

Um nicht ein weiteres Stück Heimat mit seiner typischen Flora und Fauna verschwinden zu sehen, kaufte und pachtete der BUND in Freising einige der wertvollsten Streuwiesen. Dazu Manfred Drobny, Geschäftsführer der Kreisgruppe: »Seit Jahrzehnten pflegen wir die Perlen dieses Niedermoores. Deshalb blühen hier bis heute Raritäten wie der Schwalbenwurz-Enzian, die Mehlprimel und das Preußische Laserkraut. Und deshalb fliegen hier noch Falter wie die Ameisenbläulinge oder das Wald-Wiesenvögelchen.«

Rinder als Rasenmäher
Zum Schutz dieser artenreichen Feuchtwiesen hat der BUND Freising eine naturverträgliche Beweidung initiiert. Mit Fleckvieh und Limousin-Rindern halten die Biobauern Barbara und Lorenz Kratzer seit bald 30 Jahren den Aufwuchs klein. Das Fleisch der Rinder findet in der Region reißenden Absatz. Zudem helfen gezielte Mähaktionen der BUND-Aktiven im Herbst die Streuwiesen offen zu halten.

Davon profitiert auch die Vogelwelt. So brüten im Freisinger Moos noch in größerer Anzahl Brachvögel (bundesweit vom Aussterben bedroht) und Kiebitze (stark gefährdet). Andere Charaktervögel der Feuchtwiesen sind nur noch vereinzelt oder als Wintergäste zu finden, wie Braunkehlchen, Wachtelkönig, Kornweihe oder Bekassine. Dagegen nistet der Weißstorch seit 2018 erfolgreich in einem Horst des BUND am Rande des Mooses.

Mehr Wasser!
Das A und O jeglichen Moorschutzes ist der Wasserstand. Um das Freisinger Moos langfristig bewahren und in Teilen renaturieren zu können, muss der Grundwasserstand den natürlichen Verhältnissen nahekommen. Hoffnungsvoll stimmt Manfred Drobny, dass - nach dem gewonnenen Volksbegehren zur Artenvielfalt - jede (weitergehende) Entwässerung von Moorböden in Bayern verboten ist.

Außerdem sollen noch dieses Jahr an zwei Stellen im Moos Gräben angestaut und Wiesen wiedervernässt werden, im Rahmen eines Landesprogramms für den Klimaschutz.

Für den Geschäftsführer hat das Pilotprojekt mit BUND-Beteiligung eine Reihe zusätzlicher Vorteile: »Wir sichern die Versorgung mit Trinkwasser und ein Quellgebiet von Kalt- und Frischluft für das nahe Freising. Wir verbessern den Hochwasserschutz und werten das Moos für die Naherholung auf. Und wir beleben mit der Vernässung das Niedermoor, und zwar so, dass hier eine moorverträgliche Nutzung möglich bleibt, etwa mit Rinderweiden.«

Sollte es gelingen, das Freisinger Moos demnächst weiter zu vernässen, wäre das ein großer Schritt, um die Schätze dieses Lebensraums für die Nachwelt zu erhalten. Und immerhin ein kleiner Schritt, um das Weltklima zu retten.


BOOM MIT SCHATTENSEITE

Im Landkreis Freising wächst die Wirtschaft seit Langem überproportional. Die Kehrseite: Kaum ein Kreis verbraucht bundesweit mehr Fläche. Gewerbe- und Siedlungsgebiete greifen um sich, und dem zunehmenden Verkehr begegnet man mit immer mehr Straßen. Auf dem Rückzug ist dagegen die Landwirtschaft - besonders die kleinen und extensiv wirtschaftenden Höfe verschwinden. In dieser Boomphase steigt auch der Druck auf das Freisinger Moos als wichtigstes Naherholungsgebiet der Region.


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:

- Das Freisinger Moos mit FFH- und Vogelschutzgebiet liegt im Ballungsraum zwischen München und Freising. Im Osten schließen sich die Isarauen an.

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Quelle:
BUND MAGAZIN 1/2020, Seite 34 - 35
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)
Friends of the Earth Germany
Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin
Tel. 030/27586-457, Fax. 030/27586-440
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Internet: www.bund.net/bundmagazin
 
Das BUNDmagazin ist die Mitgliederzeitschrift
des BUND und erscheint viermal im Jahr


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. April 2020

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