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MASSNAHMEN/313: Gülleproblem nicht zu Lasten des Bibers austragen (NABU TH)


NABU Landesverband Thüringen - 15. Mai 2020

Gülleproblem nicht zu Lasten des Bibers austragen

NABU Thüringen spricht sich gegen eine Entnahme von Biberdämmen an der Gleise im Saale-Holzland-Kreis aus und rät zur Suche nach Alternativen


Jena - Das Gülleproblem an der Gleise zwischen Löberschütz und Golmsdorf im Saale-Holzland-Kreis erregt öffentliche und mediale Aufmerksamkeit. Der Golmsdorfer Bürgermeister und die Angler des Gewässers möchten die Biberdämme entfernen lassen. Der Grund dafür ist das im März übergelaufene Güllebecken eines landwirtschaftlichen Betriebes. Fische und andere Tierarten kamen dabei ums Leben und noch immer sind an verschiedenen Stellen Rückstände der Gülle vorhanden. Der NABU Thüringen hält das Entfernen der Dämme in der Reproduktionszeit von Bibern dennoch für nicht verantwortbar. Vielmehr sollten andere Wegen gefunden werden, die Güllereste zu beseitigen.


Foto: © Siegfried Klaus

Biberjunges
Foto: © Siegfried Klaus

"Wir verstehen, dass Anglerinnen und Angler das Biotop von der Gülle befreit wissen wollen, damit sich die dortige Tier- und Pflanzenwelt erholt und sie so schnell wie möglich wieder Forellen und andere Fische nutzen können, sagt Marcus Orlamünder, der Koordinator des NABU-Projektes "Bibermanagement in Thüringen", einem von der Europäischen Union und vom Freistaat Thüringen geförderten Projektes. "Die Biberdämme zu entfernen, ist allerdings jetzt in der Reproduktionszeit unverantwortlich. Die Dämme erfüllen für den Biber wichtige Funktionen, um das Revier bewohnen und nutzen zu können. Wird der Wasserstand durch das Entfernen der Biberdämme gesenkt, können die Röhren zu den Behausungen offen gelegt werden und die Biber wären schutzlos." Der Biberexperte rät gemeinsam nach anderen Lösungen zu suchen und hält ein Abpumpen oder Abschöpfen der Güllereste für denkbar. Zudem dürfe man die Selbstreinigungskraft des Gewässers nicht vergessen, dazu braucht es allerdings etwas Geduld und Zeit. Über den Umgang mit den Gülleresten sollte sich hier ein Expertengremium aus der Wasserwirtschaft austauschen und gemeinsam eine gangbare Lösung entwickeln.

Das Biberrevier an dem Gleiseabschnitt ist seit mindestens 2018 an dieser Stelle bekannt und speist sich wahrscheinlich aus den Bibervorkommen an der Saale. Dort ist der Biber seit 2007 wieder dauerhaft heimisch und reproduziert erfolgreich. Jungbiber wandern die Flusssysteme entlang und siedeln sich an geeigneten Abschnitten an. Die Gleiseansiedlung ist daher mit den Saalebibern im Zusammenhang zu sehen. Der Flussabschnitt an der Gleise bietet gute Lebensbedingungen für den Biber. Es kann sich hier auch um ein Familienrevier handeln, in dem Reproduktion stattfindet. Darauf deuten auch die starken Dammbauaktivitäten hin. "Sollte sich dies bestätigen, würde die Reproduktions- und Ruhestätte der Tiere eingeschränkt und es könnte die Biber jetzt kurz vor der Geburt der Jungen stark beeinträchtigen", sagt Marcus Orlamünder.

Rechtlich zählt der Biber zu den europarechtlich streng geschützten Tierarten (Anhang II, IV der FFH-Richtlinie). Neben dem Schutz seiner Lebensräume ist es verboten, den Biber zu fangen, zu töten, zu stören oder seine Baue und Dämme zu beschädigen. Ausnahmen sind unter Zustimmung der Unteren Naturschutzbehörde im Einzelfall möglich.

Zudem fehlt laut NABU Thüringen an der Gleise auch eine Strategie für ein ganzheitliches Gewässermanagement durch die Verantwortlichen und Anrainer. In den letzten Jahren kam es sieben Mal zu vergleichbaren Katastrophenfällen, wobei eine schon zu viel ist.

Marcus Orlamünder verweist auch noch mal auf die positiven Auswirkungen der Biberaktivitäten auf die Fischfauna. Diese sind vielfach belegt, so dass davon auszugehen ist, dass die Biberansiedlung den Fischbeständen und der Fischmasse in diesem Gewässer langfristig sicher zu Gute kommt.

Das vom Freistaat Thüringen geförderte Vorhaben "Bibermanagement in Thüringen" wird durch Mittel der Europäischen Union im Rahmen des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) kofinanziert. Das Projekt wird vom Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz unterstützt.

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Quelle:
Pressemitteilung, 15.05.2020
Herausgeber: Naturschutzbund Deutschland e.V.
NABU Thüringen
Leutra 15, 07751 Jena
E-Mail: LGS@NABU-Thueringen.de
Internet: www.NABU-Thueringen.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Mai 2020

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