Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → LANDWIRTSCHAFT

MASSNAHMEN/094: Baden-Württembergische Versuche zur Offenhaltung der Kulturlandschaft (MLR-BW)


Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum - Baden-Württemberg
Pressemitteilung vom 03.11.2009

Ministerialdirektor Dr. Albrecht Rittmann: "Baden-Württembergische Versuche zur Offenhaltung der Kulturlandschaft einmalig in Europa"

Umfangreiche Erkenntnisse aus 35 Versuchsjahren / Ergebnisveröffentlichung und Buchvorstellung in Niederstetten


03.11.2009 "Die über einen Zeitraum von 35 Jahren durchgeführten Offenhaltungsversuche liefern praxisnahe Erkenntnisse zur extensiven Nutzung von Grünland, für standortgerechte Methoden der Landschaftspflege und zur Entwicklung von Brachen auf Grünland", sagte Dr. Albrecht Rittmann, Ministerialdirektor im baden-württembergischen Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum am Dienstag (3. November) in Niederstetten (Main-Tauber-Kreis). Die Versuchsergebnisse würden eine wichtige Entscheidungsgrundlage für den gezielten und effektiven Einsatz von Finanzmitteln für die Offenhaltung der vielfältigen und wertvollen Kulturlandschaft Baden-Württembergs darstellen.

Die Untersuchungsergebnisse der vergangenen 35 Jahre sind in dem am Dienstag von der Präsidentin der LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg, Frau Margareta Barth, vorgestellten Buch 'Artenreiches Grünland in der Kulturlandschaft' dokumentiert und zusammengefasst worden.

"Auf Grund der langen Dauer, aber auch mit Blick auf ihre Standort- und Variantenvielfalt sind die Offenhaltungsversuche in Mitteleuropa wohl einzigartig", so der Ministerialdirektor. Für die Landschaftspflege in Baden-Württemberg würden sich aus den Offenhaltungsversuchen mittlerweile wichtige und konkrete Empfehlungen ableiten lassen. Vor allem im Hinblick auf die Erhaltung der Artenvielfalt sowie in Bezug auf die Kostenminimierung der Pflegeeinsätze könnten wichtige Erkenntnisse gewonnen werden. Manches Lehrbuchwissen wurde durch die Versuchsergebnisse überholt und verbessert.

"Die Ergebnisse der Offenlandversuche sind ein wichtiger Baustein für die nachhaltige Entwicklung des Ländlichen Raums in Baden-Württemberg. Dies gilt vor allem für die Regionen unseres Landes, in denen der Tourismus eine gewisse Bedeutung erlangt hat, da diese sich überwiegend durch einen ansprechenden Wechsel zwischen Offenland und Wald auszeichnen", betonte Albrecht Rittmann. Es sei deshalb wichtig und sinnvoll, die Offenlandversuche weiter fortzusetzen und entsprechend zu unterstützen. Die Landesregierung habe deshalb in der Vergangenheit für eine kontinuierliche Versuchsdurchführung gesorgt und die entsprechenden Finanzmittel vorgehalten. So konnten beispielsweise im Jahr 2009 für unterschiedliche Aufgaben rund 40.000 Euro zur Verfügung gestellt werden.


Hintergrundinformationen:

Im Jahr 1975 hat das Land in verschiedenen, zur Verbrachung neigenden Landschaften Baden-Württembergs insgesamt 14 Versuche zur Offenhaltung der Kulturlandschaft (Offenhaltungsversuche) angelegt. Die Versuche sind in ihrer Vielfalt und Dauer einzigartig in Europa. Sie eignen sich hervorragend, um gesicherte Erkenntnisse über die Verschiedenartigkeit natürlicher Abläufe auf Grünlandflächen und über das Verhalten von Pflanzenbeständen zu erlangen. Untersucht wurden Abläufe in den Pflanzenbeständen nach langjährigen extensiven Pflegemaßnahmen wie Mulchen, Mähen, kontrolliertem Abbrennen und Beweiden in unterschiedlichen Intervallen im Vergleich zur Brachparzelle, auf der die Natur sich selbst überlassen wurde.

Sowohl die Standortverhältnisse und Ausgangsvegetation als auch die Pflegemaßnahmen sind sehr unterschiedlich. Viele der Aussagen können für den süddeutschen Raum verallgemeinert werden.

Aus den Erfahrungen, die durch die Bracheversuche gesammelt wurden, konnten Empfehlungen für die Praxis der Landschaftspflege abgeleitet werden.

Die Frage, ob eine extensive Nutzung durch Landwirte oder die Landschaftspflege durch Dienstleistungsbetriebe oder die Brache, also das Nichtstun das geeignete Instrument zur Entwicklung der Kulturlandschaft ist, stellt sich auch heute an den unterschiedlichen Standorten immer wieder neu. Es sind gerade die Grenzertragslandschaften des Schwarzwaldes, der Schwäbischen Alb oder der Flusstäler für die Antworten auf diese Fragen gesucht werden.

Die Versuche lieferten wichtige Hinweise, wie die beiden Hauptnutzungsformen im Grünland - Beweiden und Mähen - auf den unterschiedlichen Standorten so einzusetzen sind, dass die Biodiversität erhalten oder gar erhöht werden kann. Zur kostengünstigen Landschaftspflegemethode des Mulchens konnten ebenso neue Erkenntnisse gewonnen werden, wie zum sinnvollen Einsatz des kontrollierten Abbrennens.

Von Anfang an war Prof. Dr. Schreiber aus Münster mit den wesentlichen Untersuchungen betraut. Er wird durch Forschungsteams der Universität Regensburg unter der Leitung von Prof. Dr. Poschlod, der Universität Vechta unter der Leitung von Frau Prof. Dr. Broll sowie der Universität Hohenheim unter der Leitung von Dr. Thumm unterstützt.

Insgesamt wurden in diesem Zeitraum 33 Diplomarbeiten, 7 Doktorarbeiten und über 90 Publikationen zu den Versuchen verfasst. Auch die jährlich stattfindenden zweitägigen Bereisungen, an denen zahlreiche Personen aus dem gesamten Bundesgebiet teilnehmen, tragen erfolgreich dazu bei, die Erkenntnisse aus den Offenhaltungsversuchen weiterzugeben und den fruchtbaren Austausch zwischen Wissenschaft und Verwaltung einerseits und Landwirtschaft, Naturschutz und Forstwirtschaft andererseits zu fördern. Informationen für die Öffentlichkeit und die Praxis werden über Bücher, Broschüren oder das Internet (www.landschaftspflege-bw.de) sowie nicht zuletzt durch das neu erschienene Buch "Artenreiches Grünland in der Kulturlandschaft - 35 Jahre Offenhaltungsversuche Baden-Württemberg" bereit gestellt.

Das Buch 'Artenreiches Grünland in der Kulturlandschaft - 35 Jahre Offenhal­tungsversuche Baden-Württemberg' wird von der LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg mit Unterstützung der Stiftung Naturschutzfonds Baden-Württemberg herausgegeben. Es kann zum Preis von 24,80 Euro beim 'verlag regionalkultur' (www.verlag-regionalkultur.de) oder im Buchhandel bezogen werden.

Weitere Informationen zum Thema finden sich auch auf der Internetseite des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum unter www.mlr.baden-wuerttemberg.de.


*


Quelle:
Pressemitteilung Nr. 256, 03.11.2009
Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum -
Baden-Württemberg
Kernerplatz 10, 70182 Stuttgart
Telefon: 0711/126-0, Fax: 0711/126-2255
E-Mail: Poststelle@mlr.bwl.de
Internet: www.mlr.baden-wuerttemberg.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. November 2009