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MELDUNG/268: Problempflanze Weihnachtsbaum (NABU HB)


NABU Landesverband Bremen - 8. Dezember 2016

Problempflanze Weihnachtsbaum


(Bremen, den 08.12.16) Schon seit Wochen fahren Laster mit verpackten Weihnachtsbäumen quer durch die Republik. Aus Dänemark kommen alleine über 5 Millionen Stück nach Deutschland, ein Drittel der rund 25 Millionen Bäume stammt aus dem Sauerland. Der Trend geht hierzulande zum Zweitbaum für den Balkon, was den Händlern gute Umsätze garantiert. Dass in vielen industriell erzeugten Weihnachtsbäumen Pestizide schlummern, die Natur unter den Monokulturen leidet und die georgischen Zapfenpflücker miserabelst entlohnt werden, geht in der besinnlichen Weihnachtsstimmung unter, bemängelt der NABU.

Exotische Pflanzen werden künstlich gepäppelt

Eine Familie zieht mit dem Schlitten durch den verschneiten Wald und schlägt ihren Weihnachtsbaum. Schneebälle fliegen, Kinder lachen, es fehlt nur noch ein glücklich grasendes Rentier für die perfekte Bullerbü-Idylle. "Das Bild ist ebenso romantisch wie an jeglicher Realität vorbei", weiß NABU-Geschäftsführer Sönke Hofmann, der als gelernter Förster die schnöde Wirklichkeit kennt: "Das Geschäft ist knallhart, es geht um 700 Millionen Umsatz alleine in Deutschland."

Weihnachtsbaum-Industrie setzt auf Pestizide

Jedes Jahr warnt der NABU vor den Gift-Tannen, die massiv mit Pestiziden und Pflanzengiften erzeugt werden und auch mal gegen Schimmel ins Fungizid-Tauchbad kommen, bevor sie wochenlang ins Kühlhaus wandern. "Der Bundesverband der Weihnachtsbaumerzeuger hat schon zweimal erfolglos versucht, uns deswegen einen Maulkorb zu verpassen", berichtet der NABU-Funktionär amüsiert, "wenn die sich mit solchem Elan für eine giftfreie Erzeugung einsetzen würden, hätten wir keine Probleme."

Bundesverband der Weihnachtsbaumerzeuger will NABU Maulkorb verpassen

Immer wieder finden Tester teils verbotene Chemikalien in den Bäumen. "Uns berichten Allergiker von massiven Beschwerden, wenn sie sich einen normalen Weihnachtsbaum ins geheizte Wohnzimmer stellen", so Hofmann, "da scheint dann ein ganzer Cocktail an Giften und Allergenen frei zu werden." Bei garantiert unbehandelten Fichten aus dem normalen Forst wisse er dagegen von keinen Beschwerden.

Andererseits reagierten die Erzeuger auch nur auf die Kundenwünsche: "Der Weihnachtsbaum verkommt zum Lifestyle-Produkt, das perfekt benadelt und geformt die Nachbarn beeindrucken soll", kritisieren die Naturschützer. Solche Bäume gebe es in der Natur nur als seltenste Perlen, also müsse künstlich nachgeholfen werden und das gehe am effektivsten mit der Chemiekeule.

Auf einer Fläche weit mehr als doppelt so groß wie Bremen wachsen bundesweit monotone Weihnachtsbaumplantagen, plus die Flächen für Importbäume. "Das ist eine schlimme Kahlschlagwirtschaft, die kaum Tieren einen Lebensraum bietet, daran können auch die obligatorischen Ansitzstangen für Greife nichts ändern", weiß der Forstingenieur Hofmann. Von der ganz ohne Gifte wachsenden Artenvielfalt eines Mischwaldes seien diese Flächen soweit entfernt "wie eine Klärgrube von einem Feuchtbiotop".

Georgische Zapfenpflücker rsikieren ihr Leben

Zumal fast Dreiviertel der Weihnachtsbäume mittlerweile Nordmanntannen aus dem Kaukasus seien. "Damit können die heimischen Insekten und Vögel nichts anfangen", betont der NABU. Ein soziales Problem seien die Bedingungen für die bitterarmen Zapfenpflücker in Georgien. Für ein paar Cent riskieren die Saisonarbeiter auf 60 Meter hohen Bäumen ohne Sicherheitsleinen ihr Leben. "Die Preise für das Saatgut werden auch von den europäischen Erzeugern für den eigenen Profit gedrückt", ärgert sich Sönke Hofmann.

Alternativen nutzen

Die Alternative seien zertifizierte Weihnachtsbäume, am besten aus Bio-Plantagen oder ein Baum vom Förster direkt aus dem Wald. So biete die Försterei Brundorf bei Schwanewede einen Weihnachtsbaum-Selbstschlag-Tag an.

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Quelle:
Pressemitteilung, 08.12.2016
Herausgeber: Naturschutzbund Deutschland
Landesverband & Stadtverband Bremen e. V.
Vahrer Feldweg 185, 28309 Bremen
Tel.: 0421/33 98 77 2, Fax: 0421/33 65 99 12
E-Mail: Info@NABU-Bremen.de
Internet: www.NABU-Bremen.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Dezember 2016

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