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MELDUNG/241: BUND Naturschutz fordert bayerisches Herbizidausstiegsprogramm (BN)


BUND Naturschutz in Bayern e.V. - München, 6. Juli 2016

BN fordert bayerisches Herbizidausstiegsprogramm

Glyphosat: Bayern muss seine Hausaufgaben machen


Ohne die Bewertung von Glyphosat durch die europäische Chemikalienagentur (EchA) abzuwarten, hat sich die EU-Kommission vom Vorsorgeprinzip verabschiedet und die Zulassung des Total-Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat, die am 30.6.2016 abgelaufen wäre, um weitere 18 Monate verlängert. Damit wurden die schwerwiegenden Bedenken zur Gesundheitsgefährdung durch den Wirkstoff und die Auswirkungen auf die Biodiversität ignoriert. Der Freistaat Bayern kann jedoch unabhängig von der Brüsseler Entscheidung den Einsatz von Herbiziden begrenzen.

Der BUND Naturschutz fordert jetzt von Bayerns Landwirtschaftsminister Helmut Brunner mit dem Umdenken zu beginnen, und ein Ausstiegsprogramm aus dem Herbizideinsatz in der Landwirtschaft aufzulegen, sowie die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen für die Glyphosatanwendung auf öffentlichen Flächen zu stoppen.

"Das Umdenken muss auch von oben beginnen", so Hubert Weiger, BN Landesvorsitzender, "und deswegen braucht es jetzt dringend eine bayerische Beratungsoffensive und Förderprogramme für pestizidfreie Beikrautregulierung". Die landwirtschaftliche Beratung, Forschung, und Ausbildung muss endlich die Abkehr von der chemieintensiven Landbewirtschaftung vollziehen. Im Bereich der Beikrautregulierung ist die Technik bereits vorhanden.

Mit hochmoderner Striegel- und Hacktechnik, in Kombination mit pflanzenbaulichen Maßnahmen, könnten nach Schätzungen des BN schon heute mehr als 80% aller Herbizidanwendungen eingespart werden. Zu den pflanzenbaulich Maßnahmen zählen geänderte Fruchtfolgen mit einem Wechsel von Sommer und Winterkulturen, um Problemunkräuter und Gräser in Schach zu halten. Im integrierten Pflanzenschutz, dem vorgeblichen Leitbild der Landbewirtschaftung werden solche Maßnahmen immer wieder herausgestellt, doch letztlich nicht umgesetzt, weil die Anwendung des Totalherbizids Glyphosat billiger ist, als Schadschwellen zu beachten oder besser in moderne Hacktechnik zu investieren.

"Die Akzeptanz von Pestiziden nimmt in der Bevölkerung immer weiter ab. Die bayerischen Landwirtschaftsämter dürfen keine Ausnahmegenehmigungen mehr für den Einsatz von Glyphosat auf öffentlichen Flächen erteilen", so Richard Mergner, BN Landesbeauftragter. 2015 wurden insgesamt 69 Ausnahmegenehmigungen für Behörden, Kommunen, Landkreise aber auch für Bauhöfe oder kirchliche Friedhofsverwaltungen erteilt, 36 für Gewerbetreibende, wie z.B. auch Privatbahnen oder Solaranlagenbetreiber (siehe Landtagsdrucksache 17/9046 vom 10.11.2015, Antwort auf Anfrage von Rosi Steinberger).

Der Glyphosateinsatz auf den staatseigenen Flächen der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) und der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) betrug im Jahr 2014 insgesamt 470 kg Wirkstoffmenge und muss beendet werden, wenn Bayern zu einer glaubwürdigen Herbizidvermeidungsstrategie kommen will.

Der Hauptteil der in der Landwirtschaft verwendeten Glyphosat-Menge bleibt mit der jetzigen Zulassungsverlängerung unangetastet. Besonders rückstandsbehaftet ist das Abspritzen von verunkrauteten Getreidebeständen kurz vor der Ernte. Dafür werden in Deutschland ca. 10% der eingesetzten 5000 Tonnen Glyphosat verwendet, das sind 500.000 Kilogramm Wirkstoff.

Gefahren des Pestizideinsatzes

Der Pestizideinsatz in der Landwirtschaft trägt über die mögliche Anreicherung im Bodenökosystem und in der Nahrungskette zur Gefährdung von Kleinlebewesen, Tier und Mensch bei. Der BN kritisiert, dass die Datengrundlage zur Wirkungsabschätzung von Pestiziden hinsichtlich Metabolismus, Gentoxizität und Kanzerogenität mangelhaft und zum Teil völlig fehlend ist. Bei den 110.000 Tonnen zubereiteten Pflanzenschutzmitteln, die jährlich in Deutschland verkauft werden, sind auch 900 Formulierungshilfsstoffe mit toxischen Einzel- und Kombinationswirkungen im Einsatz und müssen nicht deklariert werden. "Das Zulassungsverfahren für Pestizide muss, insbesondere durch Offenlegung der Unterlagen, die zur Zulassung der Pestizide geführt haben , endlich verbessert werden", so Marion Ruppaner, BN Agrarreferentin. Nur über eine Reduktion des Pestizideinsatzes in der Landwirtschaft können auch die Spätfolgen für die Verlagerung von Pestizidrückständen in das Grund- und Trinkwasser vermieden werden.


siehe auch die Landwirtschaftsposition des BN von 2016, Forderungen zur Pestizidverminderung auf Seite 58 und 59. p:
www.bund-naturschutz.de/landwirtschaft/agrarpolitik.html

Downloads
http://www.bund-naturschutz.de/uploads/tx_news/PM-066-16_Pestizidreduktionsprogramm-LW_01.pdf

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Quelle:
Presseinformation, 06.07.2016
Herausgeber:
BUND Naturschutz in Bayern e.V.
Landesgeschäftsstelle
Dr.-Johann-Maier-Str. 4, 93049 Regensburg
Tel. 0 941/ 2 97 20-0, Fax 0 941/ 2 97 20-30
E-Mail: info@bund-naturschutz.de
Internet: www.bund-naturschutz.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Juli 2016

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