Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → LANDWIRTSCHAFT

GENTECHNIK/799: Neues Tomaten-Patent für Monsanto? (Greenpeace)


Greenpeace - Presseerklärung - München, 09.03.2011, veröffentlicht von Sigrid Totz

Neues Tomaten-Patent für Monsanto?

Greenpeace und Misereor: Saatgutkartell weiter auf dem Vormarsch


Das Europäische Patentamt in München will auch weiterhin Patente auf Saatgut, Pflanzen und Lebensmittel erteilen, die mit Hilfe konventioneller Züchtung hergestellt werden. Dies zeigt eine aktuelle Recherche, die von der Initiative No Patents on Seeds - zu deren Trägern Greenpeace und Misereor gehören - in Auftrag gegeben wurde.

Obwohl die endgültige Entscheidung zum Präzedenzfall Brokkoli erst in den kommenden Wochen gefällt wird, will das Amt weiterhin Patente auf pflanzliche Lebensmittel vergeben. So teilten die Prüfer des Patentamtes der Firma Seminis - einer Tochter des US-Konzerns Monsanto - im Januar 2011 mit, dass es keine grundsätzlichen Einwände gegen einen Patentantrag auf Tomaten gäbe. Die Firma will normal gezüchtete Tomaten mit weniger Kernen als ihre Erfindung patentieren lassen (EP1026942).

"Wenn die Entwicklung am Europäischen Patentamt so weitergeht, wird es in ein paar Jahren kaum noch patentfreies Saatgut geben", sagt Christoph Then, Patentberater von Greenpeace. "Konzerne wie Monsanto, Syngenta und Dupont werden dann in Europa darüber bestimmen, was angebaut wird, welche Lebensmittel in den Handel kommen und was sie kosten."

Das Ergebnis der aktuellen Recherche ist überraschend, da das Amt im Dezember 2010 in einem Präzedenzfall zu einem Patent auf Brokkoli vorab entschieden hatte, dass alle Verfahren zur Züchtung von Pflanzen und Tieren grundsätzlich nicht patentierbar sind. Die endgültige Entscheidung über das Brokkoli-Patent wird für die nächsten Wochen erwartet. Nach der heute veröffentlichten Recherche ist aber schon jetzt absehbar, dass auch in Zukunft Patente auf Pflanzen und Tiere, Saatgut und Lebensmittel erteilt werden. Lediglich Verfahren zur Zucht werden von der Patentierung ausgenommen.

"Das bestehende gesetzliche Verbot der Patentierung von konventioneller Züchtung wird vom europäischen Patentamt unterlaufen", sagte Kerstin Lanje von Misereor. "Das Amt will zugunsten der Saatgutkonzerne weitere Fakten schaffen. Dies wird gravierende Auswirkungen auf die Entwicklungsländer haben, die schon jetzt unter steigenden Preisen für Lebensmittel leiden."

Die aktuelle Recherche der Initiative Kein Patent auf Leben! listet für das Jahr 2010 über 250 Patent-Anmeldungen auf gentechnisch veränderte Pflanzen sowie weitere 100 Patentanträge auf Pflanzen, die ohne Gentechnik gezüchtet werden. Der Anteil von Patenten auf konventionelle Züchtung macht dabei insbesondere bei Konzernen wie Monsanto, Syngenta und Dupont einen zunehmenden Anteil aus. Zudem wurden etwa 25 Patente angemeldet, die die Tierzucht betreffen. Etwa 200 Patente auf Saatgut mit und ohne Gentechnik wurden 2010 vom Europäischen Patentamt erteilt.

Gegen die Patentierung von Pflanzen und Tieren haben sich die Bundesregierung und alle im Bundestag vertretenen Parteien ausgesprochen. Im Januar veröffentlichten zudem verschiedene Institutionen der katholischen Kirche eine gemeinsame Erklärung gegen Patente auf Pflanzen und Tiere. Die Organisationen hinter No Patents on Seeds planen jetzt einen Vorstoß auf europäischer Ebene zur Änderung des Patentrechtes. Dazu wurde heute auch eine Unterschriftenaktion auf www.no-patents-on-seeds.org gestartet. Zu den ersten Unterzeichnern in Deutschland gehören die Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft (ABL), der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM), der Verband Katholisches Landvolk, der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) sowie der Naturschutzbund (NABU).


Publikationen zum Thema

08.03.2011 PDF 697 KB
Das Saatgutkartell auf dem Vormarsch
http://www.greenpeace.de/fileadmin/gpd/user_upload/themen/patente_auf_leben/Patente_Report_2011.pdf

Zum Thema in www.greenpeace.de
09.12.2010 - Vorentscheidung zum Brokkoli-Patent
http://www.greenpeace.de/themen/patente/nachrichten/artikel/brokkoli/


*


Quelle:
Presseerklärung, 09.03.2011
Herausgeber: Greenpeace e.V., Pressestelle
Große Elbstraße 39, 22767 Hamburg
Tel. 040/306 18-0, Fax 040/30618-160
E-Mail: presse@greenpeace.de
Internet: www.greenpeace.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. März 2011