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FORSCHUNG/418: Klimakiller Lachgas - Forscher ermitteln Quellen im Rapsanbau (idw)


Universität Hohenheim - 29.08.2013

Klimakiller Lachgas: Forscher ermitteln Quellen im Rapsanbau



Wissenschaftler der Universität Hohenheim untersuchen, wie viel Lachgas der Rapsanbau freisetzt. Die Resultate sollen auch dabei helfen Emissionen beim Anbau anderer Nutzpflanzen zu vermindern.

Lachgas ist ein vielfach stärkeres Treibhausgas als Kohlendioxid und trägt auch dazu bei, dass Ozon in der Stratosphäre abgebaut wird. Es entsteht unter anderem beim Einsatz von Stickstoffdüngern. Wie viel von dem Gas über das Jahr aus deutschen Rapsfeldern in die Atmosphäre aufsteigt ist bisher nicht bekannt. Am Beispiel der Bioenergienutzung von Raps sollen die Untersuchungen an der Universität Hohenheim dazu beitragen, die Treibhausgasbilanz von Biokraftstoffen generell weiter zu verbessern. Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz fördert das Forschungsprojekt mit fast 430.000 Euro. Damit gehört es zu den Schwergewichten der Forschung an der Universität Hohenheim.

Jedes Jahr steigen weltweit 18 Millionen Tonnen Lachgas in die Atmosphäre auf und machen ca. acht Prozent des vom Menschen verursachten Treibhauseffekts aus. Einer der größten Faktoren ist die Landwirtschaft mit jährlich geschätzten 4,2 Millionen Tonnen. Der Grund: Bodenmikroorganismen wandeln Stickstoffdünger unter anderem zu Lachgas um.

"Es ist bis heute nicht bekannt wie viel Lachgas im Rapsanbau freigesetzt wird", sagt Dr. Reiner Ruser vom Fachgebiet Düngung und Bodenstoffhaushalt am Institut für Kulturpflanzenwissenschaften. "Raps ist ein wichtiger Rohstoff für Biokraftstoffe. Wenn wir wissen, wo und wie viel Lachgas beim Anbau entsteht, können wir den Ausstoß in Zukunft senken - und damit die Treibhausgasbilanz von Biokraftstoffen weiter verbessern."

Bei Tauwetter entweicht am meisten Lachgas

Um verlässliche Zahlen liefern zu können, baut Dr. Ruser mit seinen Mitarbeiterinnen Katharina Anne Kesenheimer und Lisa Stecher Raps im Feldversuch an. Das Forscherteam testet verschiedene Stickstoffdünger in unterschiedlichen Mengen. Wie viel Lachgas jeweils in die Atmosphäre entweicht, messen die Wissenschaftler ganzjährig in wöchentlichen Abständen. Zusätzliche Messungen finden direkt nach der Düngung und während bestimmter Wetterereignisse wie Starkregen oder Tauwetter statt.

"In Voruntersuchungen hat sich gezeigt, dass die Lachgasemissionen mit den Jahreszeiten deutlich schwanken", erklärt der Forscher. "Wenn im Winter der Schnee schmilzt sind die Werte besonders hoch, weil der Boden dann besonders stark mit Wasser gesättigt ist. Das sind ideale Voraussetzungen für die Mikroorganismen, die an der Lachgasbildung in Böden beteiligt sind. So kann die Hälfte des jährliche Lachgasausstoßes an wenigen Tagen im Winter zusammenkommen."

Auf einzelnen Parzellen verwendet Dr. Ruser gar keinen Stickstoffdünger, sondern stattdessen Gülle oder Gärreste aus Biogasanlagen: "Dadurch sparen wir die Treibhausgase ein, die bei der Herstellung und Verteilung von mineralischen Stickstoffdüngern anfallen."

Die bisherigen Feldversuche in anderen Ackerkulturen haben gezeigt: Wenn Landwirte zusammen mit Stickstoffdüngern spezielle Hemmstoffe ausbringen wird die Reaktionskette, aus der das Lachgas hervorgeht, für einige Zeit unterbrochen. "In diesem Fall ist aufgeschoben auch aufgehoben, zumindest teilweise", erklärt Dr. Ruser. "Wenn die Lachgasbildung nach ein paar Wochen wieder anläuft, ist sie deutlich abgeschwächt."

Niemand weiß wie viel Treibhausgas Deutschland jährlich ausstößt

Im "Erneuerbare-Energien-Gesetz" hat die Bundesregierung festgeschrieben, dass Biokraftstoffe nur dann subventioniert werden, wenn sie 35 Prozent weniger Treibhausgase ausstoßen als fossile Brennstoffe. Ab 2017 soll der Unterschied sogar 50 Prozent betragen. "Diese Vorgaben beruhen auf Schätzungen", sagt Dr. Ruser. "Allerdings ist bisher nicht untersucht, ob dieses Ziel realistisch ist. Aber die laufenden Feldversuche zeigen, dass der Treibhausgasausstoß beim Anbau von Raps unter Feldbedingungen um 35 Prozent reduziert werden könnte".

Die Forschung von Dr. Ruser und seinen Mitarbeiterinnen hat aber noch einen anderen politischen Hintergrund: "Deutschland hat das Kyoto-Protokoll unterschrieben", sagt der Forscher. "Darin ist festgelegt, dass die Unterzeichner-Staaten angeben müssen wie viel Treibhausgas sie jährlich produzieren. Um die Höhe der Treibhausgasemissionen zu ermitteln, werden Feldversuche in ganz Deutschland durchgeführt".

Hintergrund: Forschungsprojekt MTRS
Die Abkürzung MTRS steht für "Minderung von Treibhausgasemissionen im Rapsanbau unter besonderer Berücksichtigung der Stickstoffdüngung". Das ist ein großes Verbundprojekt unter der Leitung des Thünen-Instituts "Agrarklimaschutz" in Braunschweig. Das Verbundprojekt ist im August 2012 angelaufen und auf vier Jahre angelegt. Neben der Universität Hohenheim sind daran die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, die Georg-August-Universität Göttingen, die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, das Leibnitz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung in Müncheberg, die Landesanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern und das Leibniz-Institut für Agrartechnik in Potsdam-Bornim beteiligt. Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz fördert das Teilprojekt der Universität Hohenheim mit etwas mehr als 427.000 Euro.

Hintergrund: Schwergewichte der Forschung
Rund 27 Millionen Euro an Drittmitteln akquirierten Wissenschaftler der Universität Hohenheim im vergangenen Jahr für Forschung und Lehre. In loser Folge präsentiert die Reihe "Schwergewichte der Forschung" herausragende Forschungsprojekte mit einem Drittmittelvolumen von mindestens 250.000 Euro bei den Experimental- bzw. 125.000 Euro bei den Buchwissenschaften.

Die gesamte Pressemitteilung erhalten Sie unter:
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Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution234

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Hohenheim, Florian Klebs, 29.08.2013
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. September 2013