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ENERGIE/058: Benzin vom Acker ein Irrweg - Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats (BBU AK Wasser)


BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 907 vom 13. Dezember 2008 28. Jahrgang

Freiburger Arbeitskreis Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU)

"Benzin vom Acker ist ein Irrweg"...


... fasste eine Schlagzeile der FR vom 04.12.08 die Kernaussage des aktuellen Gutachtens des "Wissenschaftlichen Beirates der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen" (WBGU) mit dem Titel "Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung" zusammen:

"Die Verarbeitung von Pflanzen zu Benzin oder Diesel hält das Forschergremium für einen Irrweg. Ihr Gutachten empfiehlt der Bundesregierung unmissverständlich ,die Biokraftstoffe nicht mehr weiter zu fördern'",

schreibt die FR zu dem 400seitigen Gutachten. Bundesumweltminister GABRIEL hatte bei der Übergabe des Gutachtens diesem Ratschlag sogleich eine Absage erteilt (vgl. RUNDBR. 906/2-4, 899/1-3, 891/1-3). Das WBGU-Gutachten beschreibt in einem Abschnitt auch die verstärkte Konkurrenz um Wasserressourcen, zu der eine weitere Ausweitung des Energiepflanzenanbaus führen könnte. Der Anbau von Energiepflanzen stehe lt. dem Gutachten mit der Produktion von Nahrungs- und Futtermitteln nicht nur zunehmend in Konkurrenz um Anbauflächen, sondern auch um Wasser. Besonders gefährdet seien hierbei Regionen, die bereits heute unter Wasserknappheit leiden, wie etwa Zentralasien, Teile Südasiens und große Teile Afrikas. Der Druck auf die globalen Süßwasserressourcen steige mit ca. zehn Prozent pro Jahrzehnt weiter an, vor allem durch zunehmenden Wohlstand (steigender Pro-Kopf-Wasserverbrauch) und Bevölkerungswachstum. Bereits heute lebten weltweit 1,2 Mrd. Menschen in Regionen, die von Wasserknappheit betroffen sind. Allein um den steigenden Nahrungsbedarf zu decken, werde der weltweite Wasserverbrauch bis 2050 um etwa 20 Prozent steigen (DE FRAITURE ET AL., 2007). Der zunehmende Anbau von Energiepflanzen werde den Nutzungsdruck auf das regional verfügbare Süßwasser nun noch zusätzlich verstärken (s. 906/2-3). Im Falle eines sehr starken Ausbaus der »Bioenergie« könnte sich der Wasserverbrauch für den Anbau von Energiepflanzen bis 2050 nahezu verdoppeln. Die Auswirkungen des Anbaus von Energiepflanzen auf den regionalen Wasserhaushalt werden besonders vom regionalen Klima, unter dem der Anbau erfolgt, bestimmt, sowie vom spezifischen Wasserbedarf der jeweils angebauten Pflanzenart. Bereits heute werden in der globalen Landwirtschaft jährlich rund 7.000 Kubikkilometer Wasser durch Transpiration und Evaporation verbraucht (die Landwirtschaft ist weltweit mit ca. 70% der weitaus größte Wasserverbraucher). Der Bedarf der Energiepflanzen beläuft sich dabei zurzeit auf etwa 100 Kubikkilometer. Das entspricht etwas mehr als ein Prozent des genannten Gesamtverbrauchs. In den Hochburgen des Energiepflanzenanbaus kann dieser Prozentsatz aber drastisch höher liegen. Um einen Liter Biokraftstoff aus Energiepflanzen zu erzeugen, werden zusätzlich zum natürlichen Wasserdargebot durchschnittlich etwa 820 l Bewässerungswasser eingesetzt. Im Mittel werden dabei 2.500 l Wasser evapotranspiriert ("verdunstet"). Dies sind aber wohlgemerkt nur Durchschnittswerte. Es gibt dabei erhebliche regionale Unterschiede. Generell muss festgestellt werden, dass die Nutzung von Bewässerungswasser für den Anbau von Energiepflanzen (regional unterschiedlich stark) zunehmend in Konkurrenz zu anderweitiger Nutzung des Wassers treten kann. Deshalb sollte laut WBGU der Wasserbedarf von Energiepflanzen bei der Entscheidungsfindung für oder gegen den Anbau eine wesentliche Rolle spielen. Auf Grund dieser Erwägungen sollten ggf. auch vor allem diejenigen Energiepflanzen zum Einsatz kommen, die relativ wassereffizient oder dürreresistent sind. Hierzu benennt der Sachverständigenrat eine Reihe von Energiepflanzen, die solche günstigen Eigenschaften haben. Das Fazit des WBGU lautet folgendermaßen:

"Eine ambitionierte Ausweitung des Energiepflanzenanbaus und nicht angepasste Anbausysteme können den Nutzungsdruck auf die verfügbaren Ressourcen stark erhöhen. Dabei kann es zu Konkurrenzen zwischen dem Anbau von Nahrungs- und Energiepflanzen kommen, nicht nur um das verfügbare Land, sondern auch um das verfügbare Wasser. Derzeit stellt sich dies zwar noch nicht als großes Problem dar, aber bei einer anhaltenden Förderung nicht angepasster Anbausysteme kann sich dies in kritischen Regionen in kurzer Zeit zu einem erheblichen Problem entwickeln. ...." -sz-

Das Gutachten gibt es im Internet unter
http://www.wbgu.de/wbgu_jg2008_vorab.pdf


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Quelle:
BBU-WASSER-RUNDBRIEF - Nr. 907/2008
Herausgeber:
Freiburger Arbeitskreis Wasser im Bundesverband
Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU)
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© Freiburger Ak Wasser im BBU


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. April 2009