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CHEMIE/337: Glyphosat - Grüne wollen EU-Behörde verklagen (DNR EU)


Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen e.V.
EU-Koordination

EU-News - 06.06.2017 / Landwirtschaft & Gentechnik

Glyphosat: Grüne wollen EU-Behörde verklagen


Die Europäische Lebensmittelbehörde (EFSA) hat - ebenso wie die Europäische Chemikalienbehörde (ECHA) - kürzlich Glyphosat als nicht Krebs erregend eingestuft. Daraufhin hat die EU-Kommission vorgeschlagen, die Genehmigung bis 2027 zu verlängern (EU-News 18.05.2017 [1]). Die für diese Bewertung herangezogenen Studien, unter anderem aus Industriekreisen, hat die EFSA aber nicht oder nur teilweise veröffentlicht, mit dem Argument, die Rechte der Auftraggeber zu wahren. Um doch noch Zugang zu den für die Bewertung des umstrittenen Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat herangezogenen Studien zu erhalten, haben Abgeordnete der Fraktion der Grünen im Europaparlament nun den Rechtsweg beschritten. Anfang Juni reichten sie Klage beim Europäischen Gerichtshof ein.

Der für Lebensmittelsicherheit zuständige Sprecher Bart Staes (Grüne, Belgien) sagte: "Es gibt keinen Platz für Geheimhaltung in der Wissenschaft, vor allem, wenn es um die Gesundheit der Menschen und um unsere Umwelt geht. Wir wollen die größtmögliche Transparenz, so dass Studien einer ordnungsgemäßen Prüfung unterzogen werden können und das öffentliche Interesse aufrechterhalten wird. Die Gesundheit der Menschen Europas muss wichtiger sein als die kommerziellen Interessen einiger großer landwirtschaftlicher Betriebe."

Das Pestizid-Informationsnetzwerk PAN informierte Ende Mai, dass eine Analyse der Original-Studienberichte der Industrie zeigt, dass vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in seiner ursprünglichen Bewertung nur 20 Prozent aller Krebseffekte überhaupt in Betracht gezogen wurden. In der abschließenden Bewertung durch die Europäische Lebensmittelbhörde (EFSA) und die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) seien acht signifikante Krebseffekte komplett übersehen worden. Nachzulesen ist das in einem sechsseitigen Brief von Professor Christopher Portier, dem ehemaligen Direktor des National Institute of Environmental Health Sciences der USA, an den EU-Kommissionspräsidenten Jean Claude Juncker. Portier erhielt durch einen Gerichtsbeschluss Zugang zu den Studien. Er kritisiert, dass die Tatsache, dass acht eindeutige Krebseffekte unentdeckt blieben, als Versagen der Behörden interpretiert werden könne, alle verfügbaren Daten sorgfältig zu analysieren, bevor eine Entscheidung gefällt wird. Auch Portier plädiert für eine Offenlegung und Neubewertung der Studien.

Die Weltgesundheitsorganisation stuft Glyphosat als "wahrscheinlich krebserregend" ein. Zurzeit läuft eine Europäische Bürgerinitiative gegen die Weiterverwendung von Glyphosat. [jg]


Pressemitteilung der Grünen
https://www.greens-efa.eu/en/article/press/gruenen-efa-fraktion-zieht-fuer-zugang-zu-glyphosat-studien-vor-gericht/

Pressemitteilung von PAN Germany
http://blog.pan-germany.org/glyphosat-schwere-vorwuerfe-aufgrund-neuer-fakten/

Europäische Bürgerinitiative gegen Glyphosat
https://www.campact.de/glyphosat/buergerinitiative/

[1] https://www.dnr.de/eu-koordination/eu-umweltnews/2017-landwirtschaft-gentechnik/zehn-jahre-laenger-vergiftung-durch-glyphosat/

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Quelle:
EU-News, 06.06.2017
Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR)
EU-Koordination
Marienstraße 19-20, 10117 Berlin
E-Mail: eu-info@dnr.de
Internet: www.eu-koordination.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Juni 2017

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