WWF Schweiz - Medienmitteilung, 7. Februar 2025
Klima-Allianz zum Schweizer Klimaschutzbeitrag: Rechenfehler und unzureichende Ambitionen
Die Klima-Allianz hat den zweiten nationalen Klimaschutzbeitrag (NDC) der Schweiz im Rahmen des Pariser Abkommens analysiert und bringt ihre tiefe Besorgnis zum Ausdruck. Weit davon entfernt, das Fair-Share-Prinzip und die notwendigen Anforderungen zur Begrenzung der Erwärmung auf 1,5 Grad zu erfüllen, präsentiert die Schweiz weitgehend unzureichende Ziele.
David Knecht, Klimaexperte bei Fastenaktion, ordnet ein: "Obwohl die
Schweiz ihre sektoralen Pfade detailliert aufgeschlüsselt hat, reicht
deren Addition nicht einmal aus, um das unzureichende Gesamtziel von
-65% Emissionen bis 2035 zu erreichen." Abgesehen von diesem
"Rechnungsfehler" bei den Schweizer Sektorzielen produziert der
Bundesrat weitere Unstimmigkeiten. Im NDC verweist der Bundesrat
gegenüber der internationalen Staatengemeinschaft auf die Wirkung der
nationalen Klimapolitik und gleichzeitig beschliesst er, diese
abzubauen.
Patrick Hofstetter, Klimaschutzexperte beim WWF und Vorstandsmitglied der Klima-Allianz, erklärt: "Ein Beispiel ist das Gebäudeprogramm. Am Tag der Veröffentlichung des NDC, in dem der Bundesrat auf die Wirkung des Gebäudeprogramm hinweist, hat der Bundesrat beschlossen, für genau dieses Programm die Bundesgelder zu streichen. Diese Inkonsistenzen stellen die Fähigkeit der Schweiz, ihre eigenen Klimaverpflichtungen einzuhalten, in Frage."
Das neue Ziel, die Emissionen bis 2035 um -65% im Vergleich zu 1990 zu reduzieren, ist völlig unzureichend. Die Schweiz präsentiert damit ein lineares Zwischenziel der im ersten NDC kommunizierten netto Null-Zielsetzung bis 2050. Die bis 2050 geplanten Emissionen bleiben gleich, womit das Gebot der Steigerung der Ambitionen, wie in Artikel 4, Absatz 3 des Übereinkommens von Paris vorgesehen, verletzt wird.
Georg Klingler, Greenpeace und Vorstandsmitglied der Klima-Allianz, erklärt: "Ohne Steigerung der Ambitionen kann die 1.5°C-Grenze nicht eingehalten werden. Mit diesem NDC plant die Schweiz eine massive Übernutzung des noch verbleibenden CO2-Budgets."
Die Schweiz muss ihre Klimafinanzierung deutlich erhöhen, um dem tatsächlichen Bedarf gerecht zu werden. Bettina Dürr, Fastenaktion und Vorstandsmitglied der Klima-Allianz erläutert: "Die Schweiz muss den globalen Finanzierungsbedarf anerkennen und entsprechend ihrer Wirtschaftskraft rund 1% an den Bedarf der Entwicklungsländer beitragen. Dies entspricht jährlich rund 10 Milliarden US-Dollar, die nötig sind, um die am stärksten gefährdeten Länder im Globalen Süden zu unterstützen. Damit können betroffene Länder zum Beispiel Verluste und Schäden aufgrund von Klimaauswirkungen decken."
Mit diesem NDC ignoriert die Schweizer Regierung die Anforderungen der historischen Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR). Dieser verlangt, dass die Schweiz ihre Emissionen so begrenzt, dass das noch verbleibende CO2-Budget für die Einhaltung der 1.5°C-Grenze nicht überschritten wird. Als reiches Land mit hohen historischen Emissionen müsste die Schweiz bis 2035 netto negative Emissionen erreichen. Dies müsste durch ein netto null Ziel im Inland mit zusätzlicher Unterstützung anderer Länder bei der Reduktion ihrer Emissionen erfolgen. Die von der Schweiz weiterhin geplante Anrechnung von Emissionsreduktionen aus anderen Ländern an die Landes-Zielsetzungen verwässert die Ambitionen und muss dringend gestoppt werden.
Wir erwarten Folgendes:
Die Schweiz muss bei zukünftigen Verpflichtungen ehrgeiziger sein,
indem sie die Tatsache berücksichtigt, dass ihr CO2-Budget bereits
überschritten ist, und sie muss ihr Engagement für den Ausstieg aus
fossilen Energien endgültig verankern. Die Anrechnung von
Emissionsreduktionen in anderen Ländern muss gestoppt werden.
Die Schweiz muss ihre globale Verantwortung stärker wahrnehmen, indem
sie sich mit 10 Milliarden US-Dollar pro Jahr an der Klimafinanzierung
beteiligt und die Prinzipien der Klimagerechtigkeit beachtet.
Die Schweiz muss schnell von Verpflichtungen zu konkreten Massnahmen
übergehen und die Schweizer Klimapolitik muss mit diesen
Verpflichtungen übereinstimmen, indem sie massiv in die Energiewende
und die Gebäudesanierung investiert, anstatt Haushaltskürzungen
vorzunehmen, die diese Bemühungen schwächen.
*
Quelle:
Medienmitteilung, 7. Februar 2025
WWF Schweiz
Hohlstrasse 110, Postfach
8010 Zürich
Tel.: 044 297 21 21
E-Mail: service@wwf.ch
Internet: https://www.wwf.ch
veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 28. Februar 2025
Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang