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FORSCHUNG/513: Klimawandel verstärkt Verbreitung von Parasiten (idw)


Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg - 10.12.2014

Klimawandel verstärkt Verbreitung von Parasiten



Der Klimawandel lässt den Meeresspiegel kontinuierlich steigen. Dadurch wird nicht nur die Gefahr von Überschwemmungen erhöht: Eine internationale Arbeitsgruppe mit Beteiligung der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) konnte nun nachweisen, dass sich durch den Anstieg des Meeresspiegels verschiedene Parasitenarten stark ausbreiten. Ihre Ergebnisse haben die Wissenschaftler nun in der renommierten Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS)[*] veröffentlicht.

Wissenschaftler weltweit fragen sich mit wachsender Sorge, wie Parasiten auf den gegenwärtigen Klimawandel reagieren und welchen Einfluss sie zukünftig auf die Gesundheit vieler Menschen haben werden. Denn: Sie befürchten, dass die Parasiten sich durch die veränderten Bedingungen ausbreiten und für die Menschen zu einer größeren Gefahr werden.

Um der Frage auf den Grund zu gehen, hat ein internationales Forscherteam mit Beteiligung des Lehrstuhls für Paläoumwelt der FAU den Fossilbericht der vergangenen 9.600 Jahre untersucht. Der Fossilbericht ist die Summe aller dokumentierten Vorkommen von Fossilien und bildet die wesentliche Informationsquelle zur Entwicklung des Lebens auf der Erde. Dabei konzentrierten sich die Wissenschaftler auf das Pearl River Delta in Südchina, in dem Spuren einer parasitären Saugwurmgruppe (Trematoda: Digenea) zu finden sind. Zu dieser Gruppe gehörige Parasiten sind für viele Krankheiten bei Menschen verantwortlich, unter anderem die bekannte Wurmkrankheit Bilharziose. Dabei befallen die Krankheitserreger die inneren Organe und schädigen sie stark.

In ihrer Studie untersuchten die Wissenschaftler um John W. Huntley, University of Missouri, Parasitenarten, die nicht den Menschen, sondern Muscheln befallen. Sie erforschten den Zusammenhang zwischen Meeresspiegelschwankungen und dem Parasitenbefall während des Holozäns, des jüngsten nacheiszeitlichen Abschnitts der Erdgeschichte. Bisher waren solche Untersuchungen auf wesentlich kürzere Zeitspannen beschränkt. Die Arbeitsgruppe präsentiert nun erstmalig Ergebnisse, welche nahezu das gesamte Holozän umfassen, einschließlich des starken nacheiszeitlichen Meeresspiegelanstiegs. Das Ergebnis: Der Trematodenbefall von Muscheln hatte während der ersten 300 Jahre des holozänen Meeresspiegelanstiegs stark zugenommen. Den stark schwankenden Salzgehalt im Delta konnten die Forscher als Ursache ausschließen.

"Ein erhöhter Trematodenbefall in Muschelschalen zu Zeiten von Meeresspiegelanstiegen konnte in verschiedenen Ablagerungsräumen der Erde mit unterschiedlichen Salzgehalten nachgewiesen werden. Dieses Phänomen stellt eine globale Erhöhung der Temperatur als Ursache für die Zunahme des parasitären Befalls in den Raum", erklärt Manja Hethke, die die Studie am Lehrstuhl für Paläoumwelt der FAU begleitet hat. Ausgehend von ihren Ergebnissen vermuten die Wissenschaftler, dass die für den Menschen gefährlichen Parasitenarten ähnliche Verbreitungsmuster in den entsprechenden Zwischenwirten, zumeist Süßwasserschnecken, zeigen. "Unsere Daten sind daher für die zukünftige Verbreitung parasitärer Krankheiten sehr aufschlussreich. Anhand der Ergebnisse kann eine Zunahme von Trematoden als Reaktion auf den Klimawandel und Meeresspiegelanstieg erwartet werden, was möglicherweise negative Folgen für die Tierwelt, die Fischerei sowie allgemein für die menschliche Gesundheit in den betroffenen Gebieten hat", sagt Hethke.

[*] Huntley, J.W., Fürsich, F.T., Alberti, M., Hethke, M., Liu, C. in press. A complete Holocene record of trematode-bivalve infection and implications for the response of parasitism to climate change. - PNAS. doi:10.1073/pnas.1416747111

Die gesamte Pressemitteilung erhalten Sie unter:
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg,
Blandina Mangelkramer, 10.12.2014
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Dezember 2014