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FEHLER/009: Profite statt Klimaschutz - In Zukunft noch mehr CDM (FUE Rundbrief)


Forum Umwelt und Entwicklung - Rundbrief 4/2009
Schwerpunkt Welternährung

Profite statt Klimaschutz
In Zukunft noch mehr CDM

Von Eva Filzmoser


Die Reform des CDM sowie dessen Nachfolger nach 2012 wurden als Teil der Klimakonferenz in Kopenhagen besprochen. Wenn auch im Gesamtergebnis die Klimakonferenz gescheitert ist, so wurde doch einigen Forderungen der Zivilgesellschaft im CDM-Prozess Gehör geschenkt. Eine verstärkte Rolle der Zivilgesellschaft wird nun auch gebraucht werden, denn zum Ergebnis von Kopenhagen lässt sich eine klare Bilanz ziehen: mehr und schädlichere CDM-Projekte in Zukunft.


Der im Rahmen des Kyoto-Protokolls beschlossene Clean Development Mechanism (CDM) ermöglicht gemeinsame Klimaschutz-Projekte von Industrie- und Entwicklungsländern. Dabei wird ein Projekt, wie der Bau von Wasserkraftwerken oder die Errichtung von Biomassekraftwerken, vom Industrieland finanziert und im Entwicklungsland durchgeführt. Für jede in einem solchen Projekt eingesparte Tonne CO2 erhalten die Investoren ein Zertifikat, das sie auf die Erfüllung ihrer Reduktionsverpflichtung anrechnen dürfen.


Betroffene appellieren

Am 16. November organisierte CDM Watch einen Workshop in Neu Delhi um den Mängeln des Clean Development Mechanismus (CDM) auf den Grund zu gehen. Ziel des Workshops war es einerseits auf die Möglichkeiten der Zivilgesellschaften in Entwicklungsländern im CDM-Prozess hinzuweisen und andererseits deren Forderungen im Hinblick auf die Klimawandelkonferenz in Kopenhagen zu formulieren. An oberster Stelle standen ein verstärkter Beitrag von CDM-Projekten zur nachhaltigen Entwicklung, eine stärkere Rolle der Zivilgesellschaft im Rahmen des CDM-Prozesses, Strafen wenn die Beteiligung der Zivilgesellschaft willkürlich vernachlässigt wurde, die Abschaffung von umweltschädlichen CDM-Methoden und eine fundierte institutionelle Reform, die Interessenskonflikte und den mangelhaften Verhaltenskodex für Mitglieder des Exekutivrates betrifft.


Positive Bilanz: Verstärkte Rolle der Zivilgesellschaft

Wenn auch das Gesamtergebnis der Klimakonferenz in Kopenhagen gescheitert ist, so wurde zumindest einigen dieser Forderungen Gehör geschenkt. Wo vormals nur die Meinungen der Projektentwickler im Entscheidungsprozess zählte, müssen nun auch Stellungnahmen von internationalen Organisationen in Betracht gezogen werden. Auch in Bezug auf konkrete Projekte soll ein neues Verfahren die Kommunikation mit der Zivilgesellschaft verbessern. Der wichtigen Forderung nach Kriterien für Interessenskonflikte wurde leider nur halbherzig entsprochen. Obwohl keine konkreten Kriterien beschlossen wurden gibt es in Zukunft doch mehr Transparenz über die anderwärtigen professionalen Aktivitäten der Mitglieder des Exekutivrates. Diese müssen nun ihre Lebensläufe auf der Website bekannt machen. Ein Interessenskonflikt kann so nicht mehr so einfach geleugnet werden. Ein weiteres neues Element im CDM-Prozess ist die Möglichkeit eines Rechtsbehelfes gegen Entscheidungen des Exekutivrates. Zivilgesellschaften können dabei sowohl bei der Initiierung dieses Prozesses in Form einer Konsultation als auch als "Ankläger" tätig werden. Relevant kann dieser Rechtsbehelf vor allem dann werden, wenn Kommentare von Zivilgesellschaften ignoriert wurden oder wenn eines der vielen umweltschädlichen Projekte die Registrierung beantragt. Es soll auch ein System für die Kontrolle der teilweise miserablen Leistungen der Verifizierungsstellen von CDM-Projekten sowie Zugang zu den Informationen über deren Leistung erstellt werden. Soweit das positive der CDM-Reform. Nun muss der Exekutivrat noch beweisen ob er hält was er verspricht.


Negative Bilanz: Nachhaltige Entwicklung

Dem Apell, das Prinzip des Beitrags von CDM-Projekten zur nachhaltigen Entwicklung ernst zu nehmen, wurde wieder einmal ein Strich durch die Rechnung gemacht. Die Entscheidung ob ein CDM-Projekt diesem Kriterium entspricht obliegt den CDM-Gastländern. Diese haben klargestellt dass sie keinen internationalen Kriterien entsprechen wollen. Der einzige leise Hinweis der davon im offiziellen Text übrig bleibt ist eine Ermutigung, dass die Kriterien für diese Bemessung veröffentlicht werden sollen.


Mehr und schädlicher

So mancher der noch daran zu glauben scheint, dass dem CDM mit 2012 ein Ende gesetzt ist, kann sich von dieser Illusion nun verabschieden. Das Ergebnis von Kopenhagen zieht eine klare Bilanz: mehr CDM in Zukunft. In Kopenhagen wurde klar entschieden dass es zwischen der ersten (2008-2012) und der zweiten (2012-2020) Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls keine Lücke geben darf. Das heißt auch für den CDM dass er ohne Pause so weitergeführt werden soll. Außerdem sieht das Kopenhagen-Abkommen vor, bei dem im Unterschied zum Kyoto-Protokoll auch die USA unterschrieben hat, die Rolle des Marktes zu nutzen um die Kosten für emissionsreduzierende Maßnahmen zu senken. Bis 2020 kommt hierzu kein anderes System als der CDM in Frage.

Mit dieser Einschätzung im Hintergrund machten sich so einige Länder daran, den jetzigen CDM auf neue Technologien zu erweitern, die letztendlich Spielball eines Kuhhandels wurden. Gewonnen haben alle außer der Umwelt. In Zukunft wird weiter verhandelt werden ob "Carbon Capture and Storage", Kredite für Palmenölplantagenmanagement sowie Kredite für Emissionsreduktionen von Torfprojekten und synthetischen Bäumen vom CDM kreditiert werden dürfen.


Fazit: Nicht akzeptabel

Bis zum 31. Januar 2010 werden entwickelte Länder ihre Emissionsreduzierungsziele für 2020 verkünden - rechtlich nicht verbindlich. Fakt ist: In Kopenhagen hat sich so gut wie nichts an den festgefahrenen Positionen der Hauptakteure geändert. Mehr als die Hälfte des 20% Reduktionszieles der EU bis 2020 kann mit Hilfe von Krediten des CDM erreicht werden. Auch ein verbesserter CDM mit mehr Möglichkeiten für Zivilgesellschaften trägt nicht zum Klimaschutz bei solange unsere verschmutzende Industrie keinen Anreiz erhält in erneuerbare Energien zu investieren. Solange weitere Kohlekraftwerke gebaut werden, sowohl in Industrieländern als auch in Entwicklungsländern als CDM-Projekte, kann dem Klima nicht geholfen werden.


Die Autorin ist Koordinatorin von CDM Watch, einem Projekt des Forums Umwelt und Entwicklung gemeinsam mit zahlreichen NGOs aus aller Welt.


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Quelle:
Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 4/2009, S. 26
Herausgeber: Projektstelle Umwelt & Entwicklung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Januar 2010