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WALD/149: Waldrechte für lokale Gemeinschaften als Waffe gegen Erderwärmung (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 24. Juli 2014

Klima: Waldrechte für lokale Gemeinschaften als Waffe gegen Erderwärmung

von Carey L. Biron


Bild: © Claudia Ávalos/IPS

Baumpflanzungsarbeiten auf einer Waldlichtung in El Salvador
Bild: © Claudia Ávalos/IPS

Washington, 24. Juli (IPS) - Überall dort, wo lokale Gemeinschaften mit Waldrechten ausgestattet sind, ist die Entwaldungsrate deutlich niedriger als dort, wo der Schutz des Baumbestands von staatlichen oder privaten Stellen kontrolliert wird. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie, die die Stärkung der Waldrechte lokaler Gemeinschaften als wichtige Waffe im Kampf gegen den Klimawandel bewirbt.

Forscher haben sich durch hochauflösende Satellitenbilder und entsprechende Untersuchungen über den weltweiten Waldschwund gekämpft und die Auswertungen mit Daten über unterschiedliche Landeigentumsverhältnisse in 14 waldreichen Entwicklungsländern verglichen.

Die positiven Auswirkungen von Waldrechten auf das Klima sind demnach phänomenal. In Guatemala und Brasilien haben starke lokale Landbesitzrechte eine Entwaldungsrate zur Folge, die um das elf- bis 20-Fache geringer ist als die der staatlich oder privat kontrollierten Gebiete. In Teilen der mexikanischen Halbinsel Yucatán waren sie sogar um das 350-Fache niedriger, so die Studie, die vom 'World Resources Institute' (WRI) in Washington und der 'Rights and Resources Initiative' (RRI), einem auf Waldbesitzverhältnisse spezialisierten Netzwerk, herausgegeben wurde.

"Wir wissen, dass sich mindestens 500 Millionen Hektar Wald in Entwicklungsländern in der Hand lokaler Gemeinschaften befinden, die knapp 40 Milliarden Tonnen CO2 speichern", meinte RRI-Koordinator Andy White. "Das ist eine unglaublich große Menge - das 30-Fache der Emissionen, die alle Personenfahrzeuge auf der Welt produzieren. Doch viele Rechte zum Schutz dieser Wälder sind sehr schwach, sodass das Risiko besteht, dass wir diese Wälder verlieren werden." Laut RRI stellen die 500 Millionen Hektar nur ein Drittel der Gebiete dar, die lokale Gemeinschaften zu Recht beanspruchen.

White wies darauf hin, dass sich die Anerkennung indigener oder anderer Gemeinderechte in den letzten fünf Jahren trotz bemerkenswerter Erfolge in den Jahren davor verlangsamt hat. Doch nun biete sich die Chance, Landrechte als Waffe gegen den Klimawandel einzusetzen, die die Politik und die Gemeinschaft der Geber unbedingt nutzen sollten.

In den Entwicklungsländern gebe es eine lange Tradition, Wälder für landwirtschaftliche Zwecke oder für die Ansiedlung von Menschen und Bergbauaktivitäten abzuholzen, meinte White. Von den gleichen Ländern höre man inzwischen, dass sie bestrebt seien, ihre Emissionen zu senken. "Bisher haben sich diese beiden Hände nicht zusammengefunden."

Im September wird UN-Generalsekretär Ban Ki-moon einen internationalen Gipfel zum Thema Klimawandel einberufen. Im Dezember findet im peruanischen Lima die nächste Runde der globalen Klimagespräche statt. Im nächsten Jahr soll dann das globale Klimaabkommen stehen.


Politik sensibilisieren

Einige Beobachter sind der Meinung, dass der Waldschutz das größte Potenzial hat, die CO2-Emissionen zu verringern. Doch bisher wurde die Verbindung zu den lokalen Landrechten weitgehend ignoriert. "Es ist wichtig, politische Entscheidungsträger auf diesen Zusammenhang hinzuweisen", meint Caleb Stevens vom WRI, einer der führenden Autoren des neuen Berichts. "Industriestaaten können ihre Entwicklungshilfeorganisationen anweisen, die Waldrechte als Teil bilateraler Abkommen zu stärken. Sie können sich ebenso dazu verpflichten, diese Rechte durch Finanzierungsmechanismen wie den Grünen Klimafonds zu stärken."

Der wohl bekannteste, aber auch umstrittenste internationale Mechanismus zum Schutz der Wälder ist die Initiative REDD+ der Vereinten Nationen, die seit 2008 fast 200 Millionen US-Dollar in Entwicklungsländern ausgegeben hat. Doch Kritiker monieren, dass das Potenzial des Programms bei weitem nicht ausgeschöpft wurde.

REDD sieht Kompensationszahlungen für überprüfbare CO2-Emissionsreduzierungen durch Waldschutzmaßnahmen, nachhaltige Waldbewirtschaftungsformen und die Verbesserung der Wirtschaftslage von Waldbewohnern vor. Seit Aufnahme der Landwirtschaft in das Konzept nennt sich die Initiative REDD+.

"REDD+ wurde geschaffen, weil man sich sehr wohl bewusst war, dass die Entwaldung ein wichtiger Teil unseres Klimaproblems ist", schrieb Tony LaVina, der führende Wald- und Klimaunterhändler der Philippinen, in einer Mitteilung. "Doch was noch nicht allgemein verstanden wird, ist, wie effektiv Waldgemeinschaften ihre Wälder vor dem Einschlag schützen und gesund halten."

Wie Stevens vom WRI erklärte, fallen die Bemühungen der Länder, die lokalen Landeigentumsrechte zu stärken, unterschiedlich aus. In Liberia und Kenia sei man dabei, Gesetze zugunsten kommunaler Landrechte zu reformieren. Das Gleiche lasse sich über Bolivien und Nepal sagen, wo 40 Prozent der Wälder unter der Kontrolle lokaler Gemeinschaften stehen. Ein Gerichtsurteil von 2013 gibt Indonesien nun den gleichen Kurs vor.

"Es gibt noch immer viele Staaten, die sich dagegen sträuben, der Rohstoffindustrie und anderen Sektoren den Zugang zu erschweren", so Stevens. "Andere Regierungen wiederum erkennen inzwischen die Grenzen ihrer Möglichkeiten, die von ihnen geschützten und gemanagten Wälder zu schützen."

Mit dem Schutz ihrer Wälder tragen die lokalen Gemeinschaften auch zum Schutz der Gewässer und Artenvielfalt bei und leisteten einen Beitrag zur Armutsbekämpfung, wie White betonte. (Ende/IPS/kb/2014)


Link:

http://www.ipsnews.net/2014/07/forest-rights-offer-major-opportunity-to-counter-climate-change/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Juli 2014