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WALD/139: Die Mafia lässt grüßen (FUE Rundbrief)


Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 4/2013
Holzplantage oder Ökosystem? - Wälder unter Nachfragedruck

Die Mafia lässt grüßen
Das lukrative Geschäft mit illegalem Holz

Von Andrea Cederquist



Kein Kavaliersdelikt, sondern ein kriminelles Geschäft: Der Handel mit Holz aus illegaler Quelle fördert Korruption, führt zu Menschenrechtsverletzungen und zu Umweltzerstörung. Besonders groß ist das Problem in den Tropenregionen wie Amazonien, Indonesien und im Kongobecken. Die Europäische Union versucht unter anderem mit Partnerschaftsabkommen (VPA), die illegalen Holzströme aus den Exportländern einzudämmen. Ein Beispiel aus Kamerun zeigt, wie diese Bestrebungen unterminiert werden.


Laut UNEP und Interpol werden weltweit 30 bis 100 Milliarden Dollar mit illegalem Holzhandel pro Jahr umgesetzt.(1) Zwischen 15 und 30 Prozent des weltweit gehandelten Holzes stammt aus illegalen Quellen. In einigen Tropenregionen liegt der illegale Einschlag zwischen 50 und 90 Prozent, so die Schätzung. Zudem wird Tropenholz zunehmend in Produktform (statt beispielsweise in Rohform als Stämme) nach Deutschland importiert - teils mit Umweg über China. Ähnlich wie beim Drogenhandel gibt es im internationalen Holzgeschäft Mafiastrukturen mit Korruption bis in die höchste Regierungsebene. Es wird gefälscht, bestochen, Gesetze werden in den schwer kontrollierbaren Regionen nicht eingehalten. Um den illegalen Holzimporten Einhalt zu gebieten, sind die EU(-Länder) gefragt: Sie müssen die Holzhandelsgesetze konsequent umsetzen.


Der FLEGT-Aktionsplan der EU und die Partnerabkommen mit Exportländern
FLEGT ist die englische Abkürzung für »Forest Law Enforcement, Governance and Trade«, auf Deutsch: »Rechtsdurchsetzung, Politikgestaltung und Handel im Forstsektor«. Der mehrteilige Aktionsplan von Mai 2003 hat das Ziel, dass nur legales Holz in der EU verkauft werden soll. Zentrale Aspekte des Plans sind die EU-Holzhandelsverordnung sowie der Abschluss freiwilliger aber verbindlicher Partnerschaftsvereinbarungen mit den Exportländern, sogenannte VPA (Voluntary Partnership Agreements).(2) Die Partnerschaftsabkommen entstehen in einem langjährigen Prozess mit dem Ziel, in den holzproduzierenden Ländern Reformen zu unterstützen, die den illegalen Holzeinschlag vor Ort eindämmen. Gleichzeitig sollen sie sicherstellen, dass nur legales Holz in die EU eingeführt wird. Dafür wird in den Partnerländern ein Genehmigungs- und Lizenzsystem für legal geschlagenes Holz eingerichtet. Die Länder erhalten parallel Unterstützung bei der Waldbewirtschaftung und Rechtsdurchsetzung. Die Umweltorganisation FERN veröffentlicht halbjährlich eine Analyse zum Stand der einzelnen Abkommen.(3) Einige Studien deuten darauf hin, dass der Ansatz positive Effekte in einzelnen Ländern hat,(4) wobei die unabhängige Überwachung zentraler Aspekt ist.(5) Sie weisen jedoch auch darauf hin, dass die Qualität der Prozesse in den Partnerschaftsabkommen sehr unterschiedlich ausfällt.(6)

Das erste VPA unterzeichnete die EU 2009 mit Ghana. Weitere Vereinbarungen handelte sie bislang mit der Demokratischen Republik Kongo (DRK), der Republik Kamerun, der Zentralafrikanischen Republik, der Republik Kongo sowie Indonesien und Liberia aus. Die Aufnahme neun weiterer Länder wird aktuell verhandelt, ein Dutzend weiterer Staaten hat Interesse angemeldet.(7)


EU-Kommission ist überlastet
Das große Interesse ist für die Kommission eine arbeitstechnische Belastung, denn noch ist kein Holz mit einer FLEGT-Lizenz in die EU importiert worden. Dabei ist es wichtig, die Genehmigungen nicht schon zu erteilen, bevor unabhängige Kontrollsysteme gewähren können, dass das Holz tatsächlich nicht illegal eingeschlagen wurde. Wenn verschiedene EU-Delegationen und Mitgliedsländer die Verhandlungen übernehmen, um die Kommission zu entlasten, besteht auch das Risiko, dass die Prozesse und Inhalte der Abkommen nicht kongruent sind.

Die unterschiedliche Qualität der bestehenden VPA-Abkommen ist schon jetzt ein Problem. Korruption, unklare nationale Gesetze und der Umstand, dass die Interessen der betroffenen lokalen Bevölkerung nicht genügend respektiert werden, stehen einer positiven Wirkung der Abkommen im Weg. Dennoch, der VPA-Prozess in den einzelnen Partnerländern führt schrittweise zu einer besseren Rechtsdurchsetzung und Integration der Zivilgesellschaft, wie zum Beispiel in Indonesien. Aber die Prozesse sind langsam, die Partizipation der Bevölkerung lässt in anderen Ländern zu wünschen übrig. Hinzu kommt, dass immer mehr Holz aus Rodungen für landwirtschaftliche Flächen und Palmöl-Konzessionen auf den Holzmarkt gelangt. Schätzungen zu Folge stammen 30 bis 70 Prozent des Holzes aus den VPA-Ländern aus Wäldern, die für landwirtschaftliche Flächen gerodet werden.(8)


Negativbeispiel: Herakles Farms
Wie leicht die Bemühungen um die oben beschriebenen VPA-Abkommen umgangen werden können, zeigt ein Beispiel aus Kamerun. Die US-amerikanische Firma Herakles hat nach einer Reihe von dubiosen Verhandlungen.(9) Ende November 2013 eine provisorische, dreijährige Genehmigung für die Rodung von 20.000 Hektar Regenwald in Kamerun erhalten. Das Holz aus der Rodung soll verkauft werden. Kamerun hatte bereits 2010 ein freiwilliges EU-Partnerschaftsabkommen zur Bekämpfung des illegalen Holzeinschlags unterzeichnet. Doch mit dem umstrittenen Palmölprojekt »Herakles Farms« setzt die kamerunische Regierung die Glaubwürdigkeit in dem VPA-Prozess aufs Spiel.

Die geplante Ölpalmenplantage liegt im artenreichen Regenwald. Diese Regenwald-Schutzgebiete sind wichtige CO2-Senken und beheimaten eine reiche Artenvielfalt (zum Beispiel rund 500 Säugetierarten). Waldelefanten nutzen die Wälder, um von einem Schutzgebiet ins nächste zu wandern. Das Herakles-Projekt wird dramatische Auswirkungen auf die lokale Wirtschaft, Ernährung und die Kultur der Menschen haben. Der Wald würde als Erwerbs- und Nahrungsquelle ausfallen. Selbständige Kleinbauern könnten im besten Fall als Erntehelfer auf der neuen Plantage arbeiten. Den meisten droht Arbeitslosigkeit oder sie würden aus der Region vertrieben.(10) Die Bevölkerung vor Ort, lokale und internationale Menschenrechts- und Umweltorganisationen sowie Wissenschaftler protestieren gegen das Vorhaben. Herakles profitiert von extrem günstigen Vertragsbedingungen und setzt nachweislich auf Einschüchterung, Nötigung bei Landbesitzstreitigkeiten und Bestechung bei Gesetzesverstößen, um das Projekt voranzutreiben.(11)

Dennoch, der Wald soll gerodet und das Holz verkauft werden. Eine nicht unbedeutende Rolle spielt die deutsche Bundesregierung - diese beriet bei den Verhandlungen die kamerunische Regierung und begleitet die Umsetzung des VPA-Prozesses. Die Bewertung der Bundesregierung diesbezüglich ist daher zentral. Eine rhetorische Frage: Lassen sich diese Vorgehen mit den Zielen der Partnerschaftsabkommen im Rahmen von FLEGT vereinbaren?

Auch die deutsche EntwicklungsZusammenarbeit wird durch das Herakles-Projekt konterkariert. Seit 2003 unterstützt die GIZ das Forst- und das Umweltministerium in Kamerun im Bereich »nachhaltiges Ressourcenmanagement«. Zusätzlich berät die GIZ Kameruns Regierung bei der Entwicklung einer nationalen Klimapolitik auch mit dem Ziel der Minderung von CO2 durch verringerte Entwaldung und Degradierung von Waldflächen. Dies sind wichtige Maßnahmen, um den Regenwald zu schützen und die Bevölkerung vor Ort zu unterstützen. Dass vor diesem Hintergrund das Herakles-Palmölprojekt vom kamerunischen Präsidenten genehmigt wurde, ist paradox in Anbetracht der ökologischen, sozialen Folgen und offensichtlich illegalen Handlungen von Herakles Farms.(12)


Die »Greenlane« der FLEGT-Abkommen
Die wohl größte Herausforderung liegt darin, dass die EU solche Partnerschaftsabkommen mit Staaten ohne verlässliche Rechtsstaatlichkeit anstrebt. Die Behörden in den Importländern sind unsicher, wie sie damit umgehen. Korruption auf Regierungseben anzuprangern, bleibt ein diplomatisches Minenfeld. Doch die FLEGT-Lizenzen bescheinigen den Holzlieferungen aus dem jeweiligen Exportland Legalität. Wie bei CITES (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Flora and Fauna)-zertifiziertem Holz wird von Behörden davon ausgegangen, dass das Holz dann konform mit den Forderungen der EU-Holzhandelsverordnung (EUTR) ist - und eine »Greenlane« (auf Deutsch: »grünes Licht«) erhält. Nach dem EUTR, seit März 2013 in Kraft, muss derjenige, der Holz oder Holzprodukte als erster in der EU auf den Markt bringt (als sogenannter »Erstinverkehrbringer«), deren legale Herkunft durch ein sogenanntes Sorgfaltspflichtssystem nachweisen. Wenn das Holz jedoch eine FLEGT-Lizenz hat oder CITES zertifiziert ist, entfällt diese Sorgfalt. Wenn daher voreilig Lizenzen vergeben werden, bevor ein robustes Genehmigungs- und unabhängiges Kontrollsystem in den entsprechenden Ländern gewährleistet ist, würden dies die Bemühungen der VPA-Abkommen konterkarieren und als Schlupfloch für den Import von illegalem Holz dienen.


Die Autorin Andrea Cederquist arbeitet als Kampaignerin im Bereich Wälder und Biodiversität bei Greenpeace.



Anmerkungen

(1) www.interpol.int/Media/Files/News-Mediareleases/2012/PR075-Green-carbon-blacktrade

(2) Link zur EU-Verordnung Nr. 2173/2005 englisch-deutsch:
http://eur-lex.europa.eu/Notice.do?val=419697:cs&lang=de&list=419697:cs,&pos=1&page=1&nbl=1&pgs=10&hwords=&checktexte=checkbox&visu=#texte

(3) http://www.fern.org/FLEGTUpdateNov13

(4) http://www.fern.org/foreststands

(5) http://www.globalwitness.org/sites/default/files/IM-VPAsFinalWeb_EN.pdf

(6) http://www.fern.org/improvingforestgovernance und
http://www.forestpeoples.org/region/guyana/publication/2013/fpp-fern-and-globalwitness-letter-eu-commission-and-guyanesegovernm

(7) http://www.euflegt.efi.int/vpa-countries

(8) http://www.fern.org/FLEGTUpdateNov13

(9) http://www.greenpeace.org/international/ Global/international/briefings/forests/2013/Herakles_ExposedFinal.pdf

(10) Videotipp: Landgrabbing in Cameroon: the Story of Herakles Farms«
http://youtu.be/Zwq0Q_h1-Tg

(11) http://www.greenpeace.org/international/Global/international/briefings/forests/2013/Herakles_ExposedFinal.pdf

(12) http://www.greenpeace.org/international/Global/international/briefings/forests/2013/Herakles_ExposedFinal.pdf


Das Forum Umwelt & Entwicklung wurde 1992 nach der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung gegründet und koordiniert die Aktivitäten der deutschen NRO in internationalen Politikprozessen zu nachhaltiger Entwicklung. Rechtsträger ist der Deutsche Naturschutzring, Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzverbände (DNR) e.V.

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Quelle:
Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 4/2013, S. 14 - 15
Herausgeber: Projektstelle Umwelt & Entwicklung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Februar 2014