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WALD/066: Kolumbien - Bergbau in Schutzgebieten, Konzessionen könnten zurückgezogen werden (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 4. November 2011

Kolumbien: Bergbau in Schutzgebieten - Konzessionen könnten zurückgezogen werden

von Constanza Vieira

Hafen von San Miguel am Fluss Pirá Paraná in Amazonasdepartement Vaupés - Bild: copy; María Cristina Vargas/IPS

Hafen von San Miguel am Fluss Pirá Paraná in Amazonasdepartement Vaupés
Bild: copy; María Cristina Vargas/IPS

Bogotá, 4. November (IPS) - Nach der Veröffentlichung eines Berichts über den Zustand des kolumbianischen Amazonasgebietes hat die Regierung in Bogotá angekündigt, über eine Annullierung der Bergbaukonzessionen in Naturschutz- und Grenzgebieten nachzudenken.

Im kolumbianischen Amazonasgebiet nehmen Naturparks eine Fläche von insgesamt sieben Millionen Hektar ein. Sie könnten zu bergbaufreien Zonen erklärt werden. Hinzu kämen grenznahe Waldregionen von einer Gesamtgröße von 4,8 Millionen Hektar, die vom Verteidigungsministerium zu Gebieten der nationalen Sicherheit erklärt worden sind.

Derzeit verfügen Unternehmen über Konzessionen, die ihnen den Bergbau auf einer Fläche von fast 139.000 Hektar im Amazonasgebiet erlauben. Darüber hinaus wird die Vergabe von Schürfrechten für eine Fläche von 5,4 Millionen Hektar geprüft. Das Amazonasgebiet besteht zu 60 Prozent aus Waldgebieten, die einen gewissen Grad an Schutz genießen. Für diese Regionen können Bergbaurechte vergeben werden, wenn eine Umweltgenehmigung vorliegt.

Martín von Hildebrand, Leiter der Amazonasstiftung Gaia begrüßte zwar die Bereitschaft der Regierung, über eine Annullierung der ausgegebenen Konzessionen in den ökologisch und politisch sensiblen Gebieten nachzudenken. Gleichzeitig warnte er jedoch, dass sich durch den Schutz der Nationalparks und Sicherheitszonen vor einem Abbau der natürlichen Ressourcen der Druck auf andere, weniger geschützte Gebiete erhöhen könnte. Es sei wichtig, gerade dort die Schutzkontrollen auszuweiten.


Ökologische und ethnische Dimensionen aufgewertet

Die von der Allianz 'Amazonas 2030' veröffentlichte Studie hat bei der Bewertung der Situation des kolumbianischen Amazonas erstmals ökologischen und indigenen Aspekten den gleichen Wert beigemessen wie wirtschaftlichen, sozialen und institutionellen Aspekten. "Durch die Aufwertung des traditionellen Wissens der Ureinwohner und ihrer Verbundenheit mit ihrem Land ist eine Entwicklungsvision aus Sicht des Amazonasgebietes möglich", erläutert die Biologin Natalia Hernández, die die Studie koordiniert hat.

Amazonas 2030 ist eine Allianz aus Nichtregierungsorganisationen, Privatunternehmen und Medien, die sich für den Schutz und die nachhaltige Entwicklung des kolumbianischen Amazonasgebietes einsetzen. Sie will ferner erreichen, dass der Schutz der Regenwälder zu einem national und international vorrangigen Anliegen wird. Die Jahreszahl 2030 nimmt Bezug auf eine Schätzung des Weltklimarats, wonach bei fortgesetzter Entwaldung der Amazonas-Regenwald massiv geschädigt sein wird.

Die Amazonas 2030-Studie beklagt einen erheblichen Mangel an Informationen vor allem, was Holztransportgenehmigungen, die Legalisierung von Aktivitäten in Waldschutzgebieten und indigenes Wissen angeht. So konnten beispielsweise die medizinischen Leistungen der Schamanen nicht berücksichtigt werden, hieß es.

Die Studie umfasst die Departements Amazonas, Putumayo, Caquetá, Guaviare, Vaupés und Guainía, die zusammengenommen eine Fläche von 403.348 Quadratkilometern im Süden und Südosten Kolumbiens einnehmen. Die Autoren fanden heraus, dass der Regenwald in Caquetá fast zur Hälfte, in Putumayo zu einem Viertel und in Guaviare zu einem Drittel vernichtet ist.


Gravierende Unterschiede untersucht

Diese drei Departements in der nordwestlichen Amazonasregion zeichnen sich durch einen hohen Anteil europäischer Siedler, zahlreiche Städte und gut entwickelte Straßen aus. Indigene Gemeinschaften und Reservationen sind eher selten. Dem gegenüber fallen Amazonas, Vaupés und Guainía durch eine geringe Entwaldungsrate, mehr ethnische Vielfalt, kleine urbane Zentren, große Nationalparks und das Fehlen einer nennenswerten Straßeninfrastruktur auf.

In Kolumbien sind 17 Prozent aller Flüsse des gesamten südamerikanischen Amazonasgebietes zu finden, aus dem die Menschheit ein Fünftel ihres Trinkwassers bezieht. (Ende/IPS/kb/2011)

Links:
http://www.amazonas2030.net/
http://sinchi.org.co/index.php?option=com_content&view=article&id=480&Itemid=1675
http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=99473

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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. November 2011