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USA/008: Beste Verbindungen zwischen Ölindustrie und Kongressabgeordneten (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 13. Februar 2015

USA: Viel Geld in der Pipeline - Beste Verbindungen zwischen Ölindustrie und Kongressabgeordneten

von Kitty Stapp


Bild: © 350.org/cc by 2.0

Gegner der Keystone-Erdölpipeline in Washington
Bild: © 350.org/cc by 2.0

New York, 13. Februar (IPS) - Nachdem der US-Kongress ein Gesetz verabschiedet hat, das den Bau der umstrittenen Erdölpipeline 'Keystone XL' genehmigt, sind neue Einzelheiten über die intensive Lobbyarbeit der Erdöl- und Erdgasindustrie bekannt geworden. Wie die unabhängige Forschungsorganisation 'MapLight' herausfand, gaben fünf Unternehmen seit 2013 insgesamt 58,8 Millionen US-Dollar aus, um Mitglieder beider Kammern zu ihren Gunsten zu beeinflussen.

Keystone XL ist die geplante Erweiterung der Keystone-Pipeline, die bereits Rohöl aus den Erdölfeldern der Athabasca-Ölsand-Vorkommen der westkanadischen Provinz Alberta zu Raffinerien in den US-Bundesstaaten Illinois, Oklahoma und Nebraska leitet. Keystone XL soll nun über eine Länge von 2.700 Kilometern täglich etwa 700.000 Barrel Rohöl bis in den US-Bundesstaat Texas am Golf von Mexiko befördern.

Am 11. Februar stimmte das Repräsentantenhaus mit einer Mehrheit von 270 zu 152 Stimmen für das Projekt. Präsident Barack Obama hatte zuvor sein Veto gegen die aus ökologischen Gründen hoch umstrittene Leitung angekündigt. Das Gesetz war Ende Januar vom US-Senat angenommen worden. Beim abschließenden Votum im Repräsentantenhaus haben sich nun auch 29 demokratische Abgeordnete auf die Seite der republikanischen Mehrheit gestellt.

Gegner des Projekts wenden ein, dass die Gewinnung von Rohöl aus Ölsand einen hohen Energieaufwand erfordert und verheerende ökologische Folgen hat. Im Sommer 2013 hatte Obama seine Zustimmung zu der Pipeline Keystone XL von Erfolgen der US-amerikanischen Klimapolitik abhängig gemacht.

Laut der MapLight-Untersuchung hatten Mitglieder des Repräsentantenhauses, die bei der Abstimmung über das Gesetz 'H.R.3' mit Ja votierten, von der Industrie durchschnittlich 13 Mal so viel Geld (jeweils 43.375 Dollar) erhalten als diejenigen, die sich dagegen aussprachen (3.610 Dollar).


Interessenskonflikt

"Wie können wir darauf vertrauen, dass unsere Abgeordneten im Interesse der Öffentlichkeit entscheiden, wenn sie sie für ihren Wahlkampf das Geld der Industrie brauchen?" so die rhetorische Frage von Pamela Behrsin von MapLight. Auf diese Weise gerieten die Politiker in einen Interessenskonflikt.

Behrsin zufolge hat etwa der republikanische Abgeordnete und Befürworter des Gesetzes, Kevin Cramer aus North Dakota, 222.400 Dollar von der Erdöl- und Gasindustrie in Empfang genommen. Damit liegt er auf der Liste der Geldempfänger der Lobbyisten an neunter Stelle. Ähnlich verhält es sich im Senat. Erdöl- und Gasunternehmen zahlten demnach im Schnitt zehn Mal mehr an diejenigen Senatoren, die das Gesetz unterstützten (236.544 Dollar).

"Die Öl-Großindustrie denkt, sie kann in Washington DC Stimmen kaufen. Und leider zeigt die Keystone-Abstimmung, dass dies tatsächlich der Fall ist", mahnt David Turnbull von 'Oil Change International', einer Organisation, die sich für eine Abkehr von fossilen Brennstoffen einsetzt.

Obama hat nach dem jüngsten Votum zehn Tage lang Zeit, um sein Veto einzulegen. Da die Pipeline über die Grenzen der USA hinausführt, muss der Präsident grundsätzlich bescheinigen, dass die Leitung 'nationalen Interessen' dient, damit der Bau genehmigt werden kann. Das neue Gesetz würde eine Umgehung dieses Schritts bedeuten.


Einhellige Ablehnung durch Umweltgruppen

Alle großen Umweltorganisationen in den USA laufen Sturm gegen die Pipeline. Der altehrwürdige 'Sierra Club' setzte gar sein 120-jähriges Verbot zivilen Ungehorsams aus. Sierra-Chef Michael Brune wurde im Februar 2013 bei einem Protest gegen Keystone vor dem Weißen Haus festgenommen. Seitdem haben mehrere Großdemonstrationen gegen das Projekt stattgefunden.

Studien zeigen, dass durch das Verbrennen des Schweröls, das von der Pipeline transportiert werden soll, jedes Jahr mehr als 181 Millionen Tonnen CO2 freigesetzt würden. Dies entspräche den Emissionen von fast 38 Millionen Pkws oder 51 Kohlekraftwerken.

Der Internationalen Energieagentur zufolge müssten zwei Drittel der nachgewiesenen Reserven fossiler Brennstoffe unter der Erde bleiben, damit eine 50-prozentige Chance besteht, den Anstieg der Erderwärmung unterhalb der Grenze von zwei Grad Celsius zu halten. Auf diese Weise könnten die schlimmsten Folgen des Klimawandels abgewendet werden.

MapLight weist darauf hin, dass die Raffinerien an der US-Golfküste, wo die Keystone XL-Pipeline enden soll, zu den größten Befürwortern des Projekts zählen. Sie haben ihre Anlagen bereits ausgebaut, um das aus Kanada durch die Pipeline gelieferte Öl zu raffinieren.

'Valero', 'ExxonMobil', 'Marathon Petroleum', 'Philipps 66' und 'Motiva Enterprises' sind die Firmen mit den größten Raffineriekapazitäten. Sie verarbeiten derzeit 45 Prozent des gesamten Erdöls in den USA. Motiva Enterprises wird gemeinsam von dem Multi 'Shell' und dem staatlichen saudi-arabischen Unternehmen 'Aramco' betrieben.


"Erdölgetränkter Kongress"

Turnbull sprach von einem "erdölgetränkten US-Kongress". Die US-Umweltbehörde EPA habe erst kürzlich dargelegt, dass Keystone XL dem Klimatest des US-Präsidenten eindeutig nicht standhalten könne und deshalb abgelehnt werden müsse. Obama verfüge über sämtliche Informationen, um den Bau der Pipeline zu verhindern. "Und wir hoffen, dass er dies so bald wie möglich tun wird."

Bei einer im Januar durchgeführten Umfrage der 'Washington Post' und des Nachrichtensenders 'ABC News' erklärten 34 Prozent der Befragten, dass sie einen sofortigen Bau der Pipeline befürworteten. 61 Prozent waren jedoch dafür, dass die Umweltverträglichkeitsprüfungen fortgesetzt werden sollten. (Ende/IPS/ck/2015)


Link:

http://www.ipsnews.net/2015/02/money-pipeline-flowing-between-u-s-congress-and-big-oil/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 16. Februar 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Februar 2015

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