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SOZIALES/059: Kamerun - Klimaanpassungsgelder kommen bei Kleinbauern nicht an (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 14. August 2014

Kamerun: Klimaanpassungsgelder kommen bei Kleinbauern nicht an

von Monde Kingsley Nfor


Bild: © Monde Kingsley Nfor/IPS

Die Kleinbäuerin Judith Muma wünscht sich einen Teil der Gelder aus den Klimaanpassungsprogrammen
Bild: © Monde Kingsley Nfor/IPS

Jaunde, 14. August (IPS) - Neun Kilometer sind es von Judith Mumas Zuhause bis zu ihrem Feld. Die Kleinbäuerin, die im Nordwesten Kameruns lebt, legt die Strecke jeden Tag zu Fuß zurück. Um auf ihren rund 300 Quadratmetern Gemüse anbauen zu können, hat sie sich Geld von ihrem Njangi geliehen - einem lokalen Zusammenschluss von Kleinsparern. Für ihr Bewässerungssystem hat sie außerdem einen Kleinkredit einer lokalen Kreditanstalt aufgenommen.

"Ich gebe immer mehr Geld für Wassertanks und -pumpen, Dünger, Insektizide und hochwertiges Saatgut aus", sagt Muma gegenüber IPS. "Aber wenn wir nicht in Anpassungsmaßnahmen investieren, kommen wir nicht gegen den Klimawandel an."

Landwirtschaft ist mit 45 Prozent des Bruttoinlandsprodukts die größte Einnahmequelle Kameruns. Rund 70 Prozent der 21,7 Millionen Menschen, die in dem zentralafrikanischen Land leben, sind in diesem Sektor auf die ein oder andere Weise beschäftigt. Doch die Arbeit auf dem Feld wird immer unvorhersehbarer: Durch den Klimawandel schwanken die Temperaturen stärker und die Niederschlagsstärke und -dauer verändern sich.

Die semiariden Täler und Hügel im Norden Kameruns sind auf Regen angewiesen. Doch durch die starke Entwaldung kann der Boden den Regen schlecht aufnehmen und die Folgen des Klimawandels sind erst recht verheerend für die Region.


Mumas Strategie ist erfolgreich

Früher habe sie kaum Investitionen tätigen müssen, sagt Muma gegenüber IPS. Doch neuerdings müssten auch Kleinbauern Geld in ihre Feldarbeit stecken, um überhaupt etwas ernten zu können. Ihre Strategie jedenfalls ist erfolgreich: 60 Prozent ihrer Ernte verkauft Muma mittlerweile auf einem lokalen Gemüsemarkt.

Entwicklungshilfegelder für die afrikanische Landschaft sind ab den 1980er Jahren stark zurückgegangen. 1984 erhielt der Sektor in ganz Afrika noch umgerechnet acht Milliarden US-Dollar. 2005 waren es bereits nur noch 3,5 Milliarden und damit nicht einmal halb so viel. Auch in den nationalen Budgets spielte Agrarförderung eine immer geringere Rolle.

Das rächt sich jetzt, wie Collette Eboko vom Ministerium für Landwirtschaft und regionale Entwicklung gegenüber IPS erklärt. "Dadurch, dass das Interesse für die Agrarwirtschaft in Afrika stark gesunken ist, fehlen uns nun die Gelder für Klimaanpassungsprogramme und Frühwarnsysteme für Unwetter und Co." Glücklicherweise seien nach zwanzig Jahren die Investitionen in den Sektor wieder auf dem Vormarsch.


Jährlich 35 bis 50 Milliarden Dollar für die Klimaanpassung

Einem Bericht des UN-Entwicklungsprogramms UNEP zufolge stehen Afrika ab 2050 Investitionen in Anpassungsmaßnahmen von jährlich 35 bis 50 Milliarden Dollar bevor. Die seien dringend notwendig, damit die Entwicklungsanstrengungen der vergangenen Jahrzehnte nicht innerhalb kürzester Zeit zunichte gemacht würden.

Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Bisher hinken die afrikanischen Regierungen hinterher, Klimaanpassungsgelder tatsächlich denen zugute kommen zu lassen, die sie brauchen. Auf der von der Heinrich-Böll-Stiftung und dem Overseas Development Institute gemeinsam eingerichteten Internetseite climatefundsupdate.org, die eine Übersicht über aktuelle Förderprogramme und Geldspritzen im Bereich Klimawandel darstellt, ist eine deutliche Lücke zwischen vorhandenen Anpassungsgeldern und tatsächlichen Ausgaben zu sehen.

Beispielsweise rufen afrikanische Länder kaum Gelder des UN-Mechanismus zur sauberen Entwicklung (Clean Development Mechanism - CDM) ab. Im Rahmen des CDM können Unternehmen aus Industrieländern in Klimaschutzprojekte in Entwicklungsländern investieren. Das nutzt zum einen den Unternehmen, für die es häufig einfacher ist, in Entwicklungsländern ihre verpflichtenden Kohlendioxidemissionen einzusparen als zu Hause. Zum anderen soll der Transfer grüner Technologien in Entwicklungsländer gefördert werden. Doch nur zwei Prozent aller 7000 CDM-Projekte sind in Afrika angesiedelt. Die meisten Projekte (73,1 Prozent) haben ihren Sitz in Asien.

Und es gibt ein weiteres Problem: "Viele afrikanische Regierungen halten den Klimawandel noch immer für ein westliches Problem und kümmern sich daher kaum um dessen Folgen", kritisiert Samuel Nguiffo vom Forschungszentrum für Umweltentwicklung in Kamerun. Doch wenn Afrika darauf warte, dass die Industrieländer einen Fahrplan zur Lösung der Klimakrise auf dem Kontinent entwickeln, könnte es zu spät sein.

Während sich die internationale Gemeinschaft auf die Weltklimakonferenz 2015 in Paris vorbereitet, hat die Afrikanische Entwicklungsbank immerhin kürzlich den Afrikanischen Klimawandel-Fonds gegründet. Dieser soll afrikanischen Ländern helfen, für die Folgen der globalen Erwärmung besser gewappnet zu sein. Unterstützt wird die Bank auch von internationalen Geldgebern. Deutschland beispielsweise zahlte im April sechs Millionen US-Dollar in den Fonds ein.

"Wenn die Gelder für Klimaanpassungsprogramme, von denen wir im Radio hören, auch mal bei uns Kleinbauern ankommen würden, dann könnten wir unsere Kosten erheblich senken", fordert Muma. (Ende/IPS/jt/2014)


Links:

http://www.climatefundsupdate.org/
https://cdm.unfccc.int/
http://www.afdb.org/en/topics-and-sectors/initiatives-partnerships/africa-climate-change-fund/
http://www.ipsnews.net/2014/08/adaptation-gaps-mean-african-farmers-fork-out-more-money-for-reduced-harvests/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 14. August 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. August 2014