Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → INTERNATIONALES

SOZIALES/009: Nigeria - Angst vor der Flut, Einkommenseinbrüche durch Überschwemmungen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 15. Dezember 2011

Nigeria: Angst vor der Flut - Einkommenseinbrüche durch Überschwemmungen

von Sam Olukoya

Der tief liegende Slum Ajegunle wird häufig überschwemmt - Bild: © Sam Olukoya/IPS

Der tief liegende Slum Ajegunle wird häufig überschwemmt
Bild: © Sam Olukoya/IPS

Lagos, Nigeria, 15. Dezember (IPS) - Wenn es Nacht wird in Makoko, einem Slum in der Bucht von Lagos, überkommt die Menschen ein Gefühl der Angst. Sie fürchten sich vor den immer häufiger auftretenden Überschwemmungen, die sie bisweilen im Schlaf überraschen.

"Einmal träumte ich, von einer kalten Brise erfasst zu werden. Als ich die Augen öffnete, lag ich im kalten Wasser, das in unsere Hütte drang", erzählt Dupe Faseun, Mutter von fünf Kindern, die die Familie mit den Einnahmen aus einer kleinen Garküche durchbringt. "Überschwemmungen sind zu einem häufig wiederkehrenden Problem geworden."

Gerade die tiefliegenden Armenviertel bekommen die Auswirkungen des Klimawandels zu spüren, wie Desmond Majekodunmi von der Nigerianischen Umweltstiftung erläutert. Das UN-Siedlungsprogramm HABITAT führt Lagos auf der Liste der afrikanischen Städte, die durch den Anstieg des Meeresspiegels besonders gefährdet sind. Der Wasserstand der Bucht von Lagos, die mit dem Atlantik verbunden ist, passt sich dem Meeresspiegel an. Wie aus wissenschaftlichen Untersuchungen hervorgeht, die im Fachmagazin 'Proceedings of the National Academy of Sciences' veröffentlicht wurden, steigt der Atlantik besonders schnell.

Das Nigerianische Institut für soziale und wirtschaftliche Forschung verbucht eine Zunahme und Intensität der Niederschläge in der Region. "Mehr Regen liegt im Trend", heißt es in der Studie. Die Folgen sind katastrophal. So fanden allein im Juli nach sintflutartigen Regenfällen 25 Menschen den Tod.


Durch Überschwemmungen um ihr Einkommen gebracht

Majekodunmi zufolge gefährdet der Klimawandel auch die Einkommensmöglichkeiten der Slumbewohner. Hauptleidtragende seien die Frauen. "Sie sind direkt für die Versorgung ihrer Kinder verantwortlich. Und etliche von ihnen müssen viele Mäuler stopfen, denn in Nigeria sind große Familien gang und gäbe", betont der Umweltschützer.

Faseun, die ihre Garküche in der Nähe ihrer Hütte betreibt, macht vor allem zu schaffen, dass sich die Wassermassen oft erst nach Tagen zurückziehen. "Wenn das schmutzige Wasser überall steht, brauche ich auf Kundschaft gar nicht erst zu warten", sagt sie. "An diesen Tagen überfällt mich eine tiefe Verzweiflung. Denn dann weiß ich einfach nicht, wo ich das Geld hernehmen soll, um meine Kinder zu versorgen."

In Ajegunle, einem weiteren tief liegenden Armenviertel in Lagos, sorgen Überschwemmungen ebenfalls für Einkommenseinbrüche. Hier haben sich die Frauen mit der Weiterverarbeitung von Fisch ein Auskommen geschaffen. "Wie sollen sie es fertigbringen, Fisch zu räuchern, wenn um sie herum alles unter Wasser steht", fragt Fatai Ojulari vom Fischereiverband von Ajegunle. "Unsere Frauen erleben harte Zeiten, und finanzielle Hilfe ist nicht in Sicht."


Internationale Klimaanpassungsgelder gefordert

Die Regierung ist nach eigenen Angaben fest entschlossen, den Kampf gegen die Überschwemmungen zu gewinnen. So sei der Bau einer Mauer geplant, die die Bevölkerung vor den Wassermassen schützen soll, sagt der Gouverneur des Bundesstaates Lagos, Babatunde Fashola. Doch dem Umweltschützer Tunde Akingbade zufolge brauchen Makoko und Ajegunle vor allem internationale Fördergelder, damit sie sich an die Folgen des Klimawandels anpassen können.

Doch bis es dazu kommt, müssen Faseun und viele andere Frauen mit den Klimaanomalitäten selbst fertig werden. Wegziehen wäre eine Möglichkeit. "Doch selbst, wenn die Überschwemmungen noch stärker werden sollten, müssen wir bleiben", sagt sie. "Uns fehlt das Geld, um woanders neu anzufangen." (Ende/IPS/kb/2011)


Links:
http://www.ncfnigeria.org/
http://www.unhabitat.org/
http://www.pnas.org/
http://niseronline.org/
http://ipsnews.net/news.asp?idnews=106228

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH


*


Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 15. Dezember 2011
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Dezember 2011