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RESSOURCEN/056: Superdreckig - Der Ölsandabbau in Kanada (BBU WASSER-RUNDBRIEF)


BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 1047, vom 19. Okt. 2014 - 34. Jahrgang

regioWASSER e.V. - Freiburger Arbeitskreis Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU)

Superdreckig: Der Ölsandabbau in Kanada



In der kanadischen Provinz Alberta werden auf riesigen Flächen im Tagebau Ölsande abgebaut. Über 70 Öl- und Energiefirmen haben sich Schürfrechte in Alberta gekauft und zerstören dort auf unvorstellbare Weise die Natur. Das kostbare Öl liegt in Alberta als Bitumen vor, das heißt, es ist im Sand gefangen und muss erst durch viel Wasser und Chemikalien gelöst werden. Für die Produktion von einem Barrel Treibstoff aus Teersand ist fünfmal mehr Wasser erforderlich als bei der Herstellung von herkömmlichem Diesel. Dieses verunreinigte Wasser wird in "Seen" gespeichert. Die riesigen Absetzbecken sind allerdings nicht immer ausreichend abgesichert. Somit werden auch das Grundwasser und einige Flüsse verseucht. Dies führt zu großen gesundheitlichen Problemen für die Bevölkerung vor Ort. Die Fische werden vergiftet. Damit wird auch die Lebensgrundlage vieler Ureinwohner gefährdet. Die Natur wird vollkommen zerstört und die Menschen vertrieben - und das nur um noch mehr Profit zu generieren. -ss-

Ölsand: Der Kampf um die Keystone XL Pipeline

Um das in Alberta extrahierte Öl zu den Raffinerien an der Golfküste zu transportieren, soll jetzt die Keystone XL Pipeline quer durch die USA gebaut werden (s. RUNDBR. 987/3). Die Pipeline soll vom kanadischen Alberta bis ins texanische Houston führen. Die Ölleitung wird über 3.400 km durch insgesamt sechs US- Bundesstaaten verlaufen. Das gigantische 7 Milliarden-Dollar-Projekt will die Ölindustrie und die kanadische Regierung umsetzen, um die Rohölvorkommen aus Alberta zu den großen Raffinerien im Süden zu pumpen. Von dort aus kann es dann über die Tiefseehäfen am Golf in die ganze Welt verkauft werden Wird die Pipeline nicht gebaut, müsste das Rohöl wie bisher über LKWs und kleine Schiffe kostenintensiv zu den Raffinerien befördern werden. Die Pipeline ist ein Projekt, das außerhalb der USA beginnt - und für transnationale Projekte hat der US-Präsident das alleinige Zustimmungs- oder Ablehnungsrecht. Präsident Obama schob das Projekt schon einige Male auf (s. 987/3), bis alle Umweltprüfungen durchgeführt worden waren. Diese ergaben ein positives Urteil, doch innerhalb der USA ist das Projekt weiterhin höchst umstritten, da viele Umweltverbände gegen die nicht zu akzeptierenden Abbaumethoden in Alberta protestieren. Da die Pipeline zudem große Grundwasservorkommen tangiert, wird eine Gefährdung der Grundwasserressourcen befürchtet. Der Widerstand gegen die Keystone XL Pipeline ist sehr untypisch für die USA, da sie bereits eines der dichtesten Pipeline-Netze der Welt besitzen. Wegen der wirtschaftlichen Vorteile steht die Bevölkerung den Pipelines in der Regel sehr positiv gegenüber. Für die Keystone XL Pipeline ist die Genehmigung für den Bau auf kanadischer Seite bereits seit längerer Zeit erteilt. Um die erhofften Renditen erwirtschaften zu können, sind die in Alberta engagierten Ölkonzerne auf den Abtransport des Rohöls in Richtung der USA angewiesen. -ss-

Kanada will Marktöffnung für Ölsand-Treibstoffe in der EU erzwingen Kanada ist auf den weltweiten Weiterverkauf seines Öls angewiesen. Aus diesem Grund betreiben die kanadischen Behörden massive Lobbyarbeit auch in der EU. Der kanadische Druck hat bereits zu einem außerordentlichen Erfolg geführt: Das Inkrafttreten der EU-Richtlinie (2009/30/EC) von 2009 zur Kraftstoffqualität konnte gestoppt werden. Es ist sehr ungewöhnlich, dass eine EU-Richtlinie über fünf Jahre nicht zur Verabschiedung gebracht wird. Würde die Richtlinie umgesetzt, könnte kanadisches Öl nicht mehr im EU-Raum verkauft werden, da dieses mit seiner miserablen Ökobilanz das Anforderungsniveau der EU-Kraftstoffqualitätsrichtlinie nicht einhalten könnte. Die EU selbst ist jedoch gar nicht der der primäre Absatzmarkt für kanadisches Öl. Aber die EU nimmt - was Umweltgesetze angeht - eine globale Vorreiterrolle ein. Oft werden danach global ähnliche Gesetze von anderen Staaten erlassen. Dieser Vorreiterrolle wollte die Lobbyarbeit der Kanadier in Brüssel vorbeugen. -ss-

Ölsandtreibstoffe mit Agrotreibstoffen kompensieren!?

2009 und 2011 hatte die EU-Kommission festgelegt, dass Treibstoffe aus kanadischen Ölsanden eine um 20 Prozent schlechtere Treibhausgasbilanz als die üblichen Kraftstoffe aufweisen würden. Unter dem Druck der kanadischen Ölsandlobby war die EU-Kommission eingeknickt und hatte im Juli die betreffende Passage ersatzlos gestrichen. Der kanadische Botschafter in Brüssel hatte argumentiert, dass die Schlechterstellung von Ölsandtreibstoffen ein ungerechtfertigtes Handelshemmnis darstellen würde. Zudem kündigen kanadische Ölsandlobbyisten im Fernsehen ganz unverblümt an, dass sie auf Grundlage des vor der Verabschiedung stehenden CETA-Abkommens auch Investorschiedsgerichte anrufen würden, wenn ihnen die EU-Kommission mit ungerechtfertigten Handelshemmnissen die Geschäfte vermiesen sollte. Anfang Okt. 2014 konnte die kanadische Ölsandlobby dann Erfolg auf der ganzen Linie feiern: Die EU-Kommission veröffentlichte am 7. Okt. 2014 einen Vorschlag, der den kanadischen Ölsandkonzernen einen Freibrief zu ungehemmten Einfuhr von Ölsand-Treibstoffen geben würde. Die längst überfällige EU-Kraftstoffqualitäts-Richtlinie soll endlich in Kraft gesetzt worden - aber mit der Maßgabe, dass weder die kanadischen Exporteure noch die in der EU beheimateten Importeure dazu verpflichtet seien, Auskunft über die Treibhausgasbilanz der Ölsand-Treibstoffe zu geben. In der EU-Kommission versuchte man die Öffentlichkeit mit dem Argument zu beruhigen, dass die Raffinerien die schlechte Treibhausgasbilanz der Ölsand-Treibstoffe mit einer verstärkten Beimischung von "nachhaltigen" Agrotreibstoffen kompensieren könnten. Der Vorschlag der Kommission vom 7. Okt. wird nun dem Ministerrat vorgelegt, der binnen zwei Monaten darüber beschließen muss. Zudem geht der Vorschlag zur Prüfung an das Europäische Parlament. (Wir versuchen für die nächsten Straßburger Sitzungswochen Termine mit den zuständigen MdEPs zu vereinbaren.)

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Quelle:
BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 1047
Herausgeber:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Dezember 2014