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RESSOURCEN/041: Uranbergbau im größten Schutzgebiet Afrikas geplant (ROBIN WOOD magazin)


ROBIN WOOD magazin - Nr. 119/4.2013

energie Uranbergbau im größten Schutzgebiet Afrikas geplant

von Günter Wippel, uranium-network.org



Die Serengeti kennen fast alle - dank Dr. Grzimek. Das Selous Game Reserve (SGR) ist dagegen wenig bekannt. Es ist eines der größten Wildschutzgebiete in Afrika, von der Größe der Schweiz, und liegt im Süden Tansanias, nahe der Grenze zu Mosambik: Elefanten, das seltene Schwarze Nashorn, Geparden, Giraffen, Flusspferde, Krokodile und Wildhunde leben dort sowie mehr als 2.100 Pflanzenarten. Bereits 1982 wurde das Wildschutzgebiet vom World Heritage Committee als UNESCO Weltnaturerbe anerkannt und unter besonderen Schutz gestellt. Jetzt plant das Unternehmen Mantra mit Zustimmung der tansanischen Regierung in diesem Gebiet den Abbau von Uran: Das Mkuju-River-Project. Eine Bedrohung für die Menschen, die Umwelt und die einzigartige Tierwelt.

Die australische Firma Mantra Resources entdeckte 2006/2007 mehrere Millionen Tonnen Urangestein innerhalb des Schutzgebietes SGR in der Nähe der Stadt Songea. Noch ist die Mine nicht in Betrieb gegangen, aber die Auswirkungen eines Uranabbaus wären verheerend: Das Projekt wird zwischen 60 und 140 Mio. Tonnen radioaktive und giftige Abfälle, den überwiegenden Teil als Schlamm, produzieren. Dieser Abfall bleibt auf Jahrtausende hinaus radioaktiv und muss von der Umwelt sicher abgeschottet werden - ein schier unmögliches Unterfangen, das bisher nirgends auf der Welt zufriedenstellend bewerkstelligt werden konnte. Auch die Bundesrepublik hat ihre Erfahrungen mit Uran-Abfällen: Über 20 Jahre dauert inzwischen die Sanierung der "Wismut" in Thüringen und Sachsen. Tausende von ArbeiterInnen sind an den Folgen der Radioaktivität und des Staubs erkrankt oder gestorben. Erfahrungen, die die Regierung Tansanias ausblendet. Um den Uranabbau im Weltnaturerbe-Gebiet zu ermöglichen, beantragte sie 2011 beim World Heritage Committee eine "kleine Grenzänderung" des SGR. Das Minengebiet sollte einfach ausgeklammert werden, der Titel Weltnaturerbe aber erhalten blieben. Im Juni 2012 entschied das Committee unter russischem Vorsitz auf seiner Sitzung in St. Petersburg, entgegen dem Rat von Fachgremien, diese Änderung zu akzeptieren. Dabei waren massive russische Wirtschaftsinteressen im Spiel, denn hinter den in Tansania agierenden Unternehmen steht die russische Atomwirtschaft. Vor Ort agiert das australische Unternehmen MANTRA. Eigentümer ist ein scheinbar kanadisches Unternehmen - Uranium One. Doch auch hier muss man auf die Eigentumsverhältnisse schauen: Uranium One gehört nämlich mehrheitlich dem russischen für Uranabbau zuständigen Unternehmen ARMZ (AtomRedMetZoloto), einer Tochter des russischen Atomgiganten Rosatom.

Die tansanische Regierung unterstützt den Uranbergbau in der Hoffnung, die wirtschaftliche Entwicklung des Landes zu verbessern. Dafür ignoriert sie die weltweiten Erfahrungen mit den katastrophalen Folgen des Uranbergbaus. Laut Regierung müsse man den Uranbergbau lediglich "properly" - also "richtig" betreiben. Dann gäbe es keine Probleme. Das aber muss stark bezweifelt werden: Zwar hat Tansania in den letzten Jahren Gesetze und Verordnungen auf den Weg gebracht und eine Behördenstruktur aufgebaut. Aber es fehlt an Know how und Ressourcen, um strenge Anforderungen und eine tatsächliche Überwachung sicherzustellen. Faktisch ist Tansania vor allem von den vor Ort tätigen Konzernen abhängig. Das hat auch ein Vertreter von NEMC (National Environmental Management Council), der nationalen Genehmigungsbehörde jüngst auf der Internationalen Urankonferenz in Dar Es Salaam eingeräumt.

Dass es einen "sauberen" Uranbergbau nicht geben kann, gilt auch für die in Tansania tätigen Unternehmen: MANTRA ist eine 'junior mining company', bisher ohne jede Erfahrung im Uranbergbau. Uranium One hat sich erst jüngst aus der Dominion Reef Uranium Mine ("DRUM") in Südafrika zurückgezogen und dort enorme Umweltprobleme hinterlassen. Tödliche Arbeitsunfälle, fehlende Schutzkleidung und extreme schlechte soziale Bedingungen sorgten immer wieder für Skandale.

Auch die russische Firma ARMZ, die Mantra und Uranium One kontrolliert, ist nicht gerade für seine besonders umweltschonenden Abbaumethoden bekannt. 2010 berichtete TASS, dass ARMZ auf Klage des für Umweltschutz zuständigen Distrikt-Staatsanwaltes verurteilt wurde, seine Abwasserreinigung im Uranbergwerk Priargunsk, einer der größten Urangewinnungsanlagen Russlands, zu verbessern. Die Kapazität dieser Anlage war viel zu gering, so dass ein erheblicher Anteil der Abwässer ungereinigt in Seen und Flüsse gelangte - in denen inzwischen Baden und Fischen verboten ist. Es sind also berechtigte Zweifel angebracht, ob UraniumOne und ARMZ die geeigneten Firmen sind, den Uranbergbau in Tansania "properly" durchzuführen.

Trotz vieler Hindernisse: Umweltverbände vor Ort protestierten

Gegen den geplanten Uranabbau im SGR gibt es auch in Tansania kritische Stimmen: Diese allerdings haben es schwer. Das liegt an den Rahmenbedingungen, unter denen NGOs in Tansania aktiv sein können, aber auch daran, dass viele Informationen nicht zugänglich gemacht werden. So ist eine vorliegende Umweltverträglichkeitsstudie über die Mkuju River Mine zwar auch nach tansanischem Recht ein "Öffentliches Dokument". Aber kaum jemand bekommt Einsicht, auch nicht die in der Region aktiven NGOs. Die Menschen vor Ort werden ausschließlich von Seiten der Betreiberfirmen 'informiert', Anhörungsverfahren gab es vor allem in Form von Ortsterminen ausgewählter Personengruppen "mit Kaffee und Kuchen" oder als "one-to-one"-Gespräche mit den regionalen Behördenvertretern.

Als lokale NGOs eine Umfrage starteten, um zu erkunden, wie viele Menschen vor Ort überhaupt über die Uranbergbau-Pläne Bescheid wissen, wurde ihnen dies untersagt - die Rechtsgrundlage hierfür blieb unklar, es wirkte vor allem die Drohung mit der Polizei. Trotzdem versucht ein Verbund aus drei lokalen NGOs, Aufklärung zu betreiben und über die Folgen und Gefahren des Uranbergbaus zu informieren. Unterstützt werden sie dabei auch von internationalen Organisationen, von kirchlichen Einrichtungen.

Noch hat Tansania die Wahl

Noch ist die Mkuju River Mine nicht in Betrieb. Daran trägt nicht nur der derzeit sehr niedrige Uranpreis seinen Anteil. Eine endgültige Zustimmung zum Betrieb der Mine steht laut Bergbau-Ministerium noch aus: Die tansanischen Behörden wollen Klarheit, an wen das Endprodukt (Yellowcake) verkauft wird. Das aber will Mantra nicht mitteilen. Streit gibt es auch noch über die Wege, auf denen das Yellowcake exportiert werden darf. Mantra will die strahlende Fracht per Lkw in das rund 3.500 km entfernte Walvis Bay, Namibia, transportieren und dort verschiffen. Die tansanische Regierung hingegen fordert eine Route über den Hafen von Mtwara am Indischen Ozean. Doch der Ausbau, der für die schweren Transporte erforderlichen Straße kommt seit längerer Zeit nicht voran.

Und noch ein anderes Problem mit der Strecke nach Mtwara gibt es: Der Selous-Niassa-Wildlife-Corridor, der das Selous Game Reserve mit dem Niassa Wildreservat in Mosambik verbindet. Für viele der Wildtiere ein wichtiger Weg bei ihren Wanderungen. Das World Heritage Committee hat für diesen Korridor einen besonderen Schutz gefordert. Deutschland fördert dies mit fünf Millionen Euro.
(http://www.selous-niassa-corridor.org/partners/). Eine Transportroute für radioaktives Material passt da nicht wirklich ins Bild.

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Quelle:
ROBIN WOOD-Magazin Nr. 119/4.2013, Seite 36-37
Zeitschrift für Umweltschutz und Ökologie
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Dezember 2013