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PROTEST/005: Argentinien - Proteste gegen Goldbergbau, Anwohner bangen um Wasserversorgung (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 25. Januar 2012

Argentinien: Proteste gegen Goldbergbau - Anwohner bangen um Wasserversorgung

von Marcela Valente


Buenos Aires, 25. Januar (IPS) - In der nordwestargentinischen Provinz La Rioja protestieren derzeit Tausende Menschen gegen den geplanten Goldtagebau auf dem Famatina-Massiv. Die Produktion des Edelmetalls ist nicht nur wegen des Einsatzes von Zyanid bedenklich. Sie gefährdet auch die Wasserversorgung der Halbwüstenbewohner am Fuße des schneebedeckten Berges.

In den Departements Famatina und Chilecito haben die Menschen einen Teil des Passes, der zum Dorf Alto Carrizal in etwa 4.000 Metern Höhe über dem Meeresspiegel führt, abgesperrt. Von dort aus geht es weiter zu dem Gebirgszug mit dem 6.250 Meter hohen 'Cerro General Belgrano', der allgemein unter dem Namen 'Nevado de Famatina' bekannt ist.

Im 19. Jahrhundert wurde dort die Erzmine 'La Mejicana' eröffnet. Die Anfang des 20. Jahrhunderts gebaute Materialseilbahn, mit der Gold und andere Metalle von La Mejicana nach Chilecito gebracht wurde, war damals mit 35 Kilometern die längste der Welt. Früher wurden die Bodenschätze in unterirdischen Stollen abgebaut. Heute kommen Sprengstoff und Zyanid zum Einsatz, was bei den Anrainern auf Widerstand stößt.


Unterstützung von Umweltgruppen und Oppositionsparteien

Anwohner und Touristen dürfen die Straßensperre passieren. Vertreter der Provinzbehörden und der kanadischen Firma, die von der Regierung die Lizenz zum Goldabbau erhielt, werden hingegen nicht durchgelassen. Die Protestierenden, die nach eigenen Angaben Drohungen erhalten, werden von Umweltorganisationen wie Greenpeace und der argentinischen Stiftung für Umwelt und natürliche Ressourcen sowie von Oppositionsparteien und bekannten Künstlern unterstützt.

Der Konflikt brach im vergangenen Oktober aus, als die Bewohner des Gebietes erfuhren, dass das Unternehmen 'Energia y Minerales Sociedad del Estado' (EMSE) in La Rioja mit dem kanadischen Konzern 'Osisko Mining Corporation' ein Abkommen geschlossen hatte. Einzelheiten dazu wurden nicht veröffentlicht. Bislang wurden auch keine gesetzlich vorgeschriebenen Umweltverträglichkeitsstudien erstellt.

Der Bürgermeister der Kleinstadt Famatina, Ismael Bordagaray, steht ebenfalls auf der Seite der Demonstranten und beteiligt sich an den Kundgebungen. Er teile die Sorgen der Bevölkerung über die drohende Umweltverschmutzung, den unbeschränkten Wasserverbrauch und das Fehlen von Kontrollen, sagte er IPS. Die Übereinkunft mit dem kanadischen Unternehmen sei sehr vage formuliert, kritisierte er.

Der Provinzgouverneur Jorge Beder Herrera bezieht in dem Streit eine unklare Position. Während des Wahlkampfes 2011 hatte er sich gegen das Minenprojekt gestellt, willigte nach dem Wahlsieg jedoch in das Abkommen mit der ausländischen Firma ein. EMSE-Chef Héctor Durán Sabas bekräftigte unterdessen, dass man an dem Vorhaben festhalten werde.

In Argentinien gehören natürliche Ressourcen den jeweiligen Provinzen. Die Regierung in Buenos Aires hat lediglich eine regulierende Aufgabe. Gesetze auf nationaler Ebene bilden nur den Rahmen für Regelungen in den Provinzen, die dann auf die jeweilige Situation zugeschnitten werden müssen.


Erste Proteste bereits vor sechs Jahren

"Wir brauchen das Wasser zum Leben", meint Héctor Artuso aus der Ortschaft Villa Pituil. Er erinnert daran, dass die Anrainer bereits vor sechs Jahren gegen ein ähnliches Vorhaben des kanadischen Konzerns 'Barrick Gold Corporation' und danach gegen ein chinesisches Projekt protestiert hatten.

Artuso gibt zu bedenken, dass die Region Qualitätsweine sowie Oliven, Pfirsiche, Aprikosen, Pflaumen, Feigen und Quitten produziert. "Auch der Tourismus in den Bergen bietet auf längere Sicht ein enormes wirtschaftliches Potenzial", sagt er. "Eine Mine wird dagegen nach zehn bis 20 Jahren geschlossen. Die Betreiber gehen fort, doch die Verschmutzung bleibt."

Die Proteste in La Rioja werden mittlerweile durch Demonstrationen und andere Solidaritätsbekundungen in acht argentinischen Provinzen und in der Hauptstadt Buenos Aires unterstützt. Am 16. Januar zogen die Bewohner von Famatina in einem Protestmarsch zur Straßensperre in Richtung Alto Carrizal. Mehr als 4.000 Menschen aus der Region beteiligten sich an der Aktion. "Wir werden die Blockade nicht freiwillig beenden", erklärte eine Demonstrantin. "Man muss uns schon mit Gewalt von hier wegbringen." (Ende/IPS/ck/2012)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Januar 2012