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LANDWIRTSCHAFT/085: Viel Holz - Wenig Leben. Wie nachhaltig sind Holzplantagen? (FUE Rundbrief)


Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 1/2015
Ökosystem Boden
Die dünne Haut der Erde

Viel Holz - wenig Leben
Wie nachhaltig sind Holzplantagen?

Von László Maráz


Plantagenbäumen wird nachgesagt, sie glichen gepflanzten Soldaten. "Sie stehen in Reihen, sie sind grün, sie schreiten voran." So zumindest berichtete es Ricardo Carrere,(1) der sich viele Jahre lang beim World Rainforest Movement in der Kampagne gegen die "Grünen Wüsten" engagierte. Allerdings teilen nicht alle Akteure die Ansicht von UmweltschützerInnen und Betroffenen über die Ausweitung riesiger Holzplantagen. Die Argumentation: Da der Verbrauch an Holzprodukten stetig wächst und die Fläche der Naturwälder abnimmt, müssen Holzplantagen für den Nachschub sorgen. Auch die Welternährungsorganisation FAO argumentiert so.(2) Weil auf solchen Flächen mehr Holz wächst als in natürlichen oder naturnahen Wäldern, wird seit Jahrzehnten der Anbau schnellwachsender Baumarten wie Kiefern, Eukalyptus oder Akazien vorangetrieben. Und dass, obwohl Plantagen katastrophale Auswirkungen auf Böden haben.


Auch der Forest Stewardship Council (FSC), für die Zertifizierung von Holz zuständig, gehört zu denjenigen Akteuren, welche die reale Entwicklung lediglich kommentieren: "Naturwälder alleine können den Weltbedarf an Holz und Holzfasern nicht decken (und man sollte es ihnen auch nicht abverlangen). Dafür werden intensivere Produktionssysteme benötigt."(3) Akzeptiert man den ständig wachsenden Verbrauch von Holz so, wie man die Schwerkraft als Naturgesetz anerkennt, muss der Nachschub organisiert werden. Insbesondere, wenn weitere ökologische Ansprüche an die Waldnutzung hinzukommen, die, wie neue Schutzgebiete oder höhere Vorräte an Biotopholz im Wald, die Holzernte einschränken.

Kann Holzplantagenwirtschaft nachhaltig sein?

Holzplantagen sind Monokulturen, die aus einer einzigen Baumart bestehen. Die Artenvielfalt ist gering und schließt nur die Arten mit ein, deren Bekämpfung nicht notwendig oder nicht erfolgreich war. Industrielle Plantagen können bis zu Zehntausende von Hektar groß sein und sie werden vor allem in den Tropen angelegt. Bevorzugt werden verschiedene Eukalyptus- und Kiefernarten, sowie Akazienarten, Gmelina und Teak. Diese Baumarten können dort sehr schnell wachsen und große Mengen an Nutzholz produzieren. In Deutschland gibt es nach offizieller Definition nur dort Plantagen, wo schnellwachsende Baumarten wie Pappeln und Weiden in sogenannten Kurzumtriebsplantagen (KUP) angebaut werden. Der Umtrieb, also der Zeitabschnitt zwischen dem Ernten der Bäume, beträgt nur 4-10 Jahre und diese KUP werden als landwirtschaftliche Dauerkultur eingestuft. Gleichwohl müssen vor allem viele Reinbestände aus Fichten und Kiefern ebenfalls als Holzplantagen bezeichnet werden. Da sie aber in der Regel viele kleine Flächen bedecken, sind die negativen Auswirkungen auf Landschaft und Umwelt nicht so gravierend wie in vielen Regionen der Tropen.

Wie lange halten die Plantagen durch?

Als ein entscheidendes Kriterium für die Nachhaltigkeit dürfte die Dauerhaftigkeit dieser Landnutzungsform sein. Doch wie lange man eine bestimmte Fläche als Holzplantage nutzen kann, lässt sich nur schwer beantworten. Zu groß sind die Unterschiede zwischen dem Standort (Boden, Klima, Wasser), der angebauten Baumart und der Häufigkeit der Ernte. Kiefernplantagen in Brandenburg können vermutlich etliche Jahrhunderte betrieben werden, Akazienplantagen in Südostasien dagegen würden auf mageren Böden und bei häufigerer Ernte nicht so lange durchhalten. Aus Brasilien wird berichtet, dass die Renaturierung von Eukalyptusplantagen zwar möglich ist, aber viel Zeit braucht. Es ist vergleichbar mit dem Aufwand, einen konventionellen Landwirtschaftsbetrieb auf ökologischen Landbau umzustellen. Drei Jahre reichen nämlich auch da nicht. Die Böden sind ausgelaugt, arm an Humus und leblos. In Brasilien bauten Indigene zunächst Maniok an, eine Stärkepflanze die nicht viele Mineralstoffe benötigt und trotzdem eine brauchbare Ernte ermöglicht. Erst nach vielen Jahren gelang es, durch den Anbau humusfördernder Pflanzen auch das Bodenleben und damit die Ertragskraft wieder zu verbessern.

Bäume und andere Pflanzen sind zwar wunderbare Lebewesen, die scheinbar aus dem Nichts wertvolle Biomasse bilden und speichern. Doch neben Kohlendioxid und Sonnenlicht benötigen sie auch Wasser und Mineralstoffe. Nur wenn sich Nährstoffentzug und -zufuhr die Waage halten, bleiben die Böden gleichermaßen ertragreich. Im Unterschied zu Wäldern werden Holzplantagen aber alle paar Jahre komplett kahl geschlagen. In vielen Fällen wird dabei die gesamte Biomasse entfernt, was zu hohen Verlusten an Nährstoffen und zu Humusabbau führt. Insbesondere Rinde und Zweige enthalten Mineralstoffe, je schneller Bäume wachsen und je häufiger große Mengen geerntet werden, desto höher ist der Nährstoffentzug. Wie in der Landwirtschaft, müssen auch solche Plantagen gedüngt werden, wenn auch nicht in dem Umfang wie bei ertragreichen Ackerkulturen mit jährlichen hohen Biomasseentzügen.

Hoher Wasserbedarf und Belastung für Bodenstruktur

Bäume die schnell wachsen, benötigen sehr viel Wasser. Vor allem in Eukalyptusarten hat man beobachtet, dass mehr Wasser verbraucht wird, als verfügbar ist. In einigen tropischen Regionen (beispielsweise in manchen Regionen Brasiliens) führt der Anbau von Eukalyptus zur Absenkung der Grundwasserstände bis hin zur gänzlichen Austrocknung von Bächen, Brunnen oder gar Flüssen. Das mag für einige Jahre oder gar Jahrzehnte gut gehen, doch irgendwann können Bäume nur noch von den Niederschlägen zehren.

Böden dürfen auch beim Betrieb von Holzplantagen nicht auf ein Haltesubstrat für Bäume reduziert werden. Neben Wasser und Nährstoffen ist ein gesundes Bodenleben wichtig, und dies wiederum erfordert eine gesunde Bodenstruktur (zum Beispiel Porenvolumen). Wie in der Landwirtschaft, werden die Böden von Holzplantagen aus stärker beansprucht als im Naturwald oder bei naturnaher Forstwirtschaft. Durch häufigere Erntemaßnahmen und Befahrung auf der gesamten Fläche mit schweren Erntemaschinen werden sie stark verdichtet und verlieren einen Teil ihrer Fähigkeit, Wasser aufzunehmen und zu speichern. Auch die Belüftung des Bodens wird eingeschränkt. Werden chemische Gifte ("Pestizide") und Düngemittel ausgebracht, bleiben nach wenigen Jahrzehnten nicht nur verarmte und verdichtete Böden zurück, sondern auch das Bodenleben wird geschädigt. Die Vielfalt und Vielzahl an Organismen ist aber für die Verarbeitung, Speicherung und Bereitstellung wichtiger Nährstoffe nötig.

Was hierzulande bei der Bewirtschaftung von Fichten- oder Kiefernplantagen noch als teilweise nachhaltig durchgehen könnte, hat in anderen Regionen bei sehr intensiver Nutzung durchaus katastrophale Auswirkungen auf einen der wertvollsten Produktionsfaktoren: Den Boden! Der Standort kann sogar für nachfolgende Nutzung unbrauchbar werden. Bei schwindenden Agrarflächen können wir uns das eigentlich nicht leisten.

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Ökologische Unterschiede zwischen Wäldern und Plantagen

Wälder sind sehr artenreiche Ökosysteme, die aus einer großen Vielfalt von Baum-, Strauch- und anderen Pflanzenarten sowie unzähligen Tierarten bestehen und in denen eine ungeheure Fülle von Interaktionen und Prozessen zwischen den Arten und ihrer Umwelt ablaufen. Hier wird die Biodiversität erhalten und kann sich weiterentwickeln. In Plantagen passiert genau das Gegenteil: Sie werden künstlich angelegt wie ein Maisacker, gedüngt, mit Pestiziden behandelt, kahlgeschlagen und wieder bepflanzt. Entsprechend gering ist die Zahl der Tierarten. Plantagen sind strukturarm: Die Bäume sind auf großen Flächen gleich alt und gleich groß.

Wälder produzieren mehr als nur Holz! Sauberes Trinkwasser und eine große Vielfalt von Waldprodukten sind für Millionen von Menschen lebensnotwendige, kostbare Güter. Wälder verringern die Bodenerosion und das Ausmaß von Überschwemmungen. Von Plantagen kann man dies wahrlich nicht behaupten. Plantagen sind für die vom Wald abhängigen Menschen in den Tropen meist nutzlose Flächen, von denen häufig sogar Gefahren für anliegende Felder und Wälder ausgehen (Wassermangel, Gifte).

Plantagen sind hochmechanisierte Produktionssysteme, die vergleichsweise wenigen Menschen Arbeit und Einkommen bieten. Zwar schaffen Plantagen- und Zellstoffindustrien auch neue Arbeitsplätze. Da sie aber meist auf anderweitig genutztem Land angelegt werden, verlieren die dort ansässigen Kleinbauern und Kleinbäuerinnen, Indigene Völker und andere Bevölkerungsgruppen ihren Lebens- und Wirtschaftsraum. Die Zahl der vernichteten Arbeitsplätze übersteigt die Zahl der neugeschaffenen häufig um ein Vielfaches. Bäuerliche Landwirtschaft schafft ebenfalls viele indirekte Arbeitsplätze, vor allem bei der Verarbeitung und Vermarktung der vielfältigen Produkte. Kein Wunder, dass es immer häufiger zu Protesten von Kleinbauern, - bäuerinnen und Umweltorganisationen gegen den Vormarsch der riesigen Holzäcker kommt.

Die Anlage von Holzplantagen kann in Einzelfällen und in geringem Umfang durchaus einen Beitrag zur Holzerzeugung leisten. Es kommt darauf an, wo und wie sie betrieben wird und in welchem Umfang. Eine nachhaltige Form der Landnutzung sind Holzplantagen nur selten, da sie meist die Böden und Standorte degradieren, Wasserressourcen aufbrauchen und eine nachfolgende Landnutzung erschweren.


Autor László Maráz ist Koordinator der Dialogplattform Wald des Forum Umwelt und Entwicklung.


Internet-Literatur

(1) http://wrm.org.uy/es/articulos-del-boletinwrm/seccion1/en-memoria-de-ricardocarrere/

(2) http://www.fao.org/forestry/45960bc06e1b1190f66bb48651bfd756f37fd.pdf

(3) https://ic.fsc.org/certification-ofplantations.146.htm

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Quelle:
Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 1/2015, S. 13 - 14
Herausgeber: Projektstelle Umwelt & Entwicklung
Marienstr. 19-20, 10117 Berlin
Telefon: 030/678 1775 93, Fax: 030/678 1775 80
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Internet: www.forumue.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. April 2015

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