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KLIMA/449: Arktis retten heißt Luftverschmutzung stoppen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 3. Dezember 2015

Klima: Arktis retten heißt Luftverschmutzung stoppen

Gastbeitrag von Tine Sundtoft und Christian Friis Bach *


GENF (IPS) - Der Temperaturanstieg in der Arktis hat in den vergangenen hundert Jahren das Doppelte des globalen Durchschnitts betragen. Kürzlich aufgenommene Fotos zeigen Tausende Walrosse, die normalerweise auf dem Meereis sitzen, wenn sie nicht gerade nach Fischen tauchen. Aufgrund der extremen Eisschmelze in der Arktis sind diese Tiere inzwischen in Scharen an Land gekommen. Solche Bilder erinnern uns wieder einmal daran, dass es höchste Zeit ist, ernsthaft gegen den Klimawandel vorzugehen, wenn wir die Arktis retten wollen.

Da wir in arktischen Ländern zu Hause sind, machen wir uns besondere Sorgen um die Ökosysteme der Region und ihre enorme Anfälligkeit für die Folgen des Klimawandels. Aufgrund des Rückgangs des Meereises und der Schneedecke gehen ganze Habitate verloren. Einzigartige Spezies wie Eisbären und Walrosse sind ebenso gefährdet wie die traditionellen Lebensräume der indigenen Völker.

Nicht allein Kohlendioxid (CO2) und andere Treibhausgase, sondern auch weitere Luftschadstoffe beeinflussen die Klimaveränderungen in der Arktis, wie etwa die Feinstaubkomponente Ruß, die bei der unvollständigen Verbrennung von Kohlenwasserstoffen entsteht. Der als kurzlebiger Klimaschadstoff bekannte Ruß absorbiert Sonnenlicht und treibt somit in der Arktis die Eis- und Schneeschmelze voran.


Eisschmelze in Arktis hat globale Folgen

Diese Klimaveränderungen betreffen nicht nur die Arktis, sondern die gesamte Erde. Wenn das Reflexionsvermögen der Arktis-Oberfläche abnimmt, die Erwärmung zunimmt und weiter Eis schmilzt, werden auch in anderen Teilen der Welt Meeresspiegel und Temperaturen ansteigen.

Wir sind die letzte Generation, die den Klimawandel stoppen und die Arktis retten kann. Wenn wir das nicht schaffen, wird dies ein historisches Versäumnis sein. Wir müssen rasch handeln. Deshalb haben wir bei den Vorbereitungen zm Weltklimagipfel in Paris auf die Vorteile hingewiesen, die ein umfassenderes Vorgehen gegen den Klimawandel und die Luftverschmutzung mit sich bringen kann.

Schlechte Luftqualität und Klimaveränderungen sind unterschiedliche Phänomene, die aber eng miteinander zusammenhängen. Die Verbrennung fossiler Energieträger ist die Hauptursache sowohl für Luftverschmutzung als auch für den Treibhauseffekt. Durch viele Maßnahmen zur Reduzierung dieser Schadstoffemissionen können beide Probleme gleichzeitig angegangen werden.


Millionen Tote durch Luftverschmutzung

Klimawandel und Luftverschmutzung sind eine zunehmende Gefahr für unsere kollektive Sicherheit, unseren Wohlstand und unser Wohlbefinden. Die Weltgesundheitsorganisation WHO berichtete, dass im Jahr 2012 etwa sieben Millionen Menschen weltweit infolge des Kontakts mit Schadstoffen in der Luft starben. Dies bestätigt, dass Luftverschmutzung inzwischen das größte globale Einzelrisiko für die menschliche Gesundheit ist.

Die Auswirkungen der Luftverschmutzung werden zumeist auf lokaler Ebene beobachtet. Ein Großteil der Partikel gelangt jedoch über Grenzen hinaus sogar bis in andere Kontinente. Etwa die Hälfte der Rußpartikel, die in der Arktis zu finden sind, kommen aus Europa. Um die +++Ar(t)ktis zu retten, muss die Staatengemeinschaft also gemeinsam aktiv werden, um die Emissionen zu reduzieren.

Viele Maßnahmen sind bereits ergriffen worden. Durch ein Übereinkommen zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Luftverschmutzung, das Grenzen für die Emission einer großen Zahl von Schadstoffen setzt, trägt auch die UN-Wirtschaftskommission für Europa (UNECE) zur Abmilderung der Folgen des Klimawandels bei.

Diesem bahnbrechenden Abkommen, das in den 1970er-Jahren in Kraft trat, um das Problem des 'sauren Regens' in Europa zu lösen, gehören inzwischen 51 Vertragsstaaten an, darunter alle Länder der Arktisregion. Dank gemeinsamer Anstrengungen dieser Staaten konnten die Emissionen der wichtigsten Schadstoffe seit 1990 in Europa in den einzelnen Ländern um 40 bis 70 Prozent und in Nordamerika um bis zu 40 Prozent gesenkt werden.


Protokoll von Göteborg zur Begrenzung von Feinstaubausstoß

Im Jahr 2012 betraten die Unterzeichnerstaaten Neuland, indem sie das Protokoll von Göteborg ergänzten. Dieses Protokoll ist die erste rechtsverbindliche Übereinkunft zur Reduzierung kurzlebiger Klimaschadstoffe, insbesondere von Feinstaub. Das Protokoll von Göteborg ist ein Beispiel dafür, wie das Problem der Luft- und Klimaschadstoffe umfassender angegangen werden kann.

Der Arktis-Rat, ein zwischenstaatliches Forum, das sich mit den Problemen der acht Staaten der Region und der dort lebenden indigenen Völker befasst, nimmt eine Führungsrolle bei der Bereitstellung neuer Informationen über die Klimaveränderungen in der Arktis und ihre Folgen für die Gesellschaften und die Umwelt ein.

Wir fordern alle Länder auf, größere Anstrengungen zu unternehmen, damit der Weltklimagipfel ein wirkungsvolles Abkommen hervorbringt. Wir appellieren zudem an die Regierungen der Staatengemeinschaft, das Protokoll von Göteborg zu ratifizieren und umzusetzen sowie weitere Initiativen gegen Luftverschmutzung und Klimaveränderungen zu starten. (Ende/IPS/kf/03.12.2015)

*Tine Sundtoft ist Ministerin für Klima und Umwelt in Norwegen. Der Däne Christian Friis Bach ist Untergeneralsekretär der Vereinten Nationen und Exekutivsekretär der UN-Wirtschaftskommission für Europa (UNECE).


Link:

http://www.ipsnews.net/2015/12/saving-the-arctic-requires-action-on-climate-change-and-air-pollution/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 3. Dezember 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Dezember 2015

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