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KLIMA/424: Endspurt zur COP21, Paris zeigt innovative Klimalösungen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 12. Oktober 2015

Klima: Endspurt zur COP21 - Paris zeigt innovative Klimalösungen

von A.D. McKenzie



Bild: © A.D. McKenzie

Solarbetriebene Straßenlaternen an der Seine mit integrierter Ladestation für das Mobiltelefon
Bild: © A.D. McKenzie

PARIS (IPS/IDN) - Wenn Touristen und Einheimische dieser Tage an der Seine in Paris entlang spazieren, können sie unterwegs ihre Mobiltelefone aufladen: In der Nähe des berühmten Musée d'Orsay stehen drei solarbetriebene Straßenlaternen, die gleichzeitig als Ladestationen dienen.

Aufgestellt wurden sie von der französischen Nichtregierungsorganisation 'Electriciens sans frontières' (ESF), die in den vergangenen 20 Jahren Solarpanels in ländlichen Gebieten in Afrika, in Flüchtlingscamps in Jordanien und in Zeltstädten in Haiti und Nepal aufgebaut haben, nachdem dort Erdbeben die Häuser vieler Menschen zerstört hatten. Mit den Straßenlaternen an der Seine folgten 'Electriciens sans frontières' einem Aufruf des Pariser Bürgermeisteramts, innovative Projekte zum Schutz des Klimas einzureichen. "Wir wollen den Menschen zeigen, dass es Lösungen gibt, um den Klimawandel zu bekämpfen, aber auch, um die Nachfrage nach Elektrizität in allen Ecken der Welt zu bedienen", sagte ESF-Sprecherin Laura Cornu gegenüber IPS.

Mit seinem Aufruf will das Bürgermeisteramt im Vorfeld der UN-Klimakonferenz im Dezember in Paris die öffentliche Wahrnehmung für den Klimawandel schärfen. 170 Projekte sind dem Aufruf gefolgt. Und so können Touristen unweit der Solar-Laternen in ein solarbetriebenes Boot einsteigen, um sich auf der Seine herumschippern zu lassen. Touristenführer zeigen vom Schiff aus nicht nur die Sehenswürdigkeiten der Stadt, sondern erklären auch die Technologie, die das Boot fahren lässt. Wenn die Sonne nicht scheint, dann läuft der Antrieb über Akkus, die die Sonnenenergie der vergangenen Tage gespeichert haben.


Klimawandel wird Chefsache

Nicht nur Paris bereitet sich auf die Klimakonferenz vor - unter anderem mit einem autofreien Tag am 27. September - sondern ganz Frankreich. Präsident François Hollande hat das Thema zur Chefsache erklärt und unterstützt zahlreiche Projekte, Kampagnen und Konferenzen zum Klimawandel. Zuletzt lud er politische Entscheidungsträger, Künstler, Wissenschaftler, Firmenchefs, NGO-Vertreter und Studenten zu einem Empfang in den Elysee-Palast, dem Sitz des Präsidenten. "Ein Wunder wird es nicht geben", sagte er bei der Gelegenheit. "Es besteht die Chance, dass wir [mit einem neuen Klimaabkommen] Erfolg haben werden, aber auch ein genauso großes Risiko, dass wir scheitern werden."


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Paris an einem autofreien Tag
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Am 3. Oktober eröffnete der französische Außenminister Laurent Fabius außerdem das 'Forum Make it Work: la société civile s'engage pour le climat' (auf Deutsch etwa: 'Bringen wir es in Gang: die Zivilgesellschaft engagiert sich für das Klima') in Paris, das die renommierte Universität Sciences Po gemeinsam mit internationalen Medien organisiert hatte. Rund 500 Teilnehmer diskutierten über Themen im Zusammenhang mit dem Klimawandel.

Auch NGOs und andere Gruppen laden zu Klimawandel-Veranstaltungen ein. Am 1. November ist ein 24-stündiger Meditationsmarathon "für die Erde" angekündigt, und eine andere Gruppe hat bereits vor einer Weile dazu aufgerufen, an jedem ersten Tag eines Monats bis zum Beginn der Klimakonferenz zu fasten.

Doch ob all diese Ideen und Projekte den Klimawandel tatsächlich aufhalten werden? Für Hollande ist klar, dass einer der Schlüssel zum Erfolg die Lösung der Kostenfrage für die Entwicklungsländer ist. Hochrechnungen zufolge müssen diese ab dem Jahr 2020 rund 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr ausgeben, um notwendige Programme zu Klimaschutz und -anpassung zu finanzieren.

Wenn die Klimafinanzierung steht, könnte damit auch die Migration eingedämmt werden, so Hollande. Denn nicht nur Diktatoren und Terrorismus führten zur Flucht Tausender Menschen, sondern auch die Auswirkungen des Klimawandels. Dieser wird dafür verantwortlich gemacht, dass vor allem in Ländern des Südens die Temperaturschwankungen zunehmen und die Niederschlagsmengen unregelmäßiger werden. Das führt zu starken Überschwemmungen auf der einen Seite und schweren Dürren auf der anderen. So verlieren Menschen nicht nur Haus, Hab und Gut, sondern müssen immer häufiger auf ihre Ernteerträge verzichten.


Frankreich muss entscheidende Rolle einnehmen

Hollande betonte die Verantwortung Frankreichs, sich an der Finanzierung zu beteiligen. Rückendeckung erhielt er dieser Tage auch von Premierminister Manuel Valls, der darauf hinwies, dass vor allem die armen und schwachen Menschen unter den negativen Folgen der globalen Erwärmung leiden. Frankreich müsse eine "entscheidende Rolle" einnehmen, endlich dagegen anzugehen.

Die französische Regierung hält die Klimakonferenz COP 21 für die wichtigste Konferenz, zu der das Land jemals geladen hat. Nicht nur, weil eine der wichtigsten Herausforderungen der Menschheit auf dem Treffen besprochen wird. Sondern auch, weil Zehntausende Menschen teilnehmen oder den Verlauf der Konferenz beobachten werden.

Für einige NGOs ist die Konferenz aus anderem Grunde wichtig: Sie hoffen, dass die Franzosen die Wichtigkeit des Themas endlich begreifen. Bisher haben die meisten Menschen in Frankreich, die während früherer Klimakonferenzen auf der Straße befragt wurden, großes Desinteresse an dem Thema gezeigt. Ihnen schien es ziemlich gleichgültig zu sein, ob die globale Erderwärmung aufgehalten werden kann oder nicht. Auch was andere Umweltbelange betrifft, hinkt das öffentliche Bewusstsein deutlich dem anderer Länder - beispielsweise Deutschlands und der Schweiz - hinterher.

"Es ist spät, aber nicht zu spät", sagte Hollande im September. "Wir können nicht mehr behaupten, wir hätten nichts gewusst. Deshalb müssen wir jetzt dringend handeln." (Ende/IPS/jk/12.10.2015)


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http://www.indepthnews.info/index.php/global-issues/2454-france-pumps-up-climate-change-volume-to-avert-failure

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IPS-Tagesdienst vom 12. Oktober 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Oktober 2015

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