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KLIMA/335: KlimaKompakt Nr. 81 - Klimasondergipfel in New York (GW)


Germanwatch e. V.

KlimaKompakt Nr. 81 / 26. September 2014



Ministerin Hendricks vertritt Deutschland in New York
Ankündigungen müssen Taten folgen

Schlussfolgerungen Ban Ki-moons aus dem Klimasondergipfel in New York
"Wir können uns der Klimaherausforderung stellen"

Indien nimmt Industrieländer in die Pflicht Umweltminister Javadekar auf dem Klimasondergipfel


Editorial: Größtes Treffen der Regierungschefs in New York City

Der von VN-Generalsekretär Ban Ki-moon einberufene Klimagipfel in New York am 23.09.2014 war das größte klimapolitische Treffen von Regierungschefs aller Zeiten. Ziel war es, vor der Klimakonferenz Ende 2015 in Paris das Klimathema wieder auf die höchste politische Ebene zu heben. Einerseits waren die Vertreter der Staaten aufgefordert, neue konkrete Zusagen für den Klimaschutz und die Klimafinanzierung zu machen. Erwartet wurde andererseits ein Bekenntnis der Staatenlenker zu dem Ziel, bis Paris ein Klimaabkommen zu erreichen, das die globale Erwärmung auf höchstens 2 °C begrenzt. Dazu gehört auch ein Bekenntnis zum Vorlegen nationaler Klimaschutzpläne durch alle großen Länder bis spätestens März 2015.

Durch den Gipfel - und den "People's Climate March" im Vorfeld mit weltweit über 500.000 DemonstrantInnen - ist es gelungen, dem Klimaschutz neuen Schwung zu geben. In vielen Reden bekannte man sich zum Einstieg ins post-fossile Zeitalter. Allerdings gingen nur wenige Ankündigungen über bereits bekannte Ziele und Zusagen hinaus. Daher gilt es jetzt, den schönen Worten bis Paris Taten folgen zu lassen.

Das Fernbleiben der deutschen Kanzlerin und des indischen Premiers fiel auf dem Gipfel negativ auf. Wir dokumentieren hier die Reden, die die jeweiligen Umweltminister hielten. Indien hält sich dabei sehr reserviert und verpflichtet sich zunächst noch nicht, sich bis März 2015 eigene Klimaziele zu geben.

Merkels Fehlen war ein strategischer Irrtum. Aber sie kann ihr internationales Klimavermächtnis noch sichern. Sie wird an der deutschen Klimapolitik der nächsten Monate sowie an der Rolle der G7-Präsidentschaft gemessen. Aber auch Indien muss eine konstruktive Rolle in den internationalen Verhandlungen spielen. Ein deutschindischer Klimadialog auf höchster Ebene könnte hier helfen.

Sönke Kreft, Lutz Weischer


Ministerin Hendricks vertritt Deutschland in New York
Ankündigungen müssen Taten folgen

Am 23. September hat der Generalsekretär der Vereinten Nationen (VN) Ban Ki-moon Staats- und Regierungschefs zu einem Klimagipfel in New York eingeladen Er forderte zu mutigen Ankündigungen auf, um den politischen Willen für ein internationales Klimaabkommen in 2015 zu stärken. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks vertrat Angela Merkel.

Germanwatch dokumentiert die Rede von Dr. Barbara Hendricks in Auszügen.

[...] Fest steht [...], dass es in diesem Jahrhundert keinen umfassenden Frieden geben kann, wenn wir die Bekämpfung des Klimawandels nicht als die zentrale Herausforderung unserer Zeit annehmen. Deutschland engagiert sich deshalb mit voller Kraft. Wir haben uns ehrgeizige nationale Klimaschutzziele bis 2050 gesetzt. Bis 2020 wollen wir im Vergleich zu 1990 40 Prozent Emissionen einsparen. Eine große Herausforderung, für die wir unsere Anstrengungen noch steigern müssen. Ich werde deshalb noch vor der Konferenz von Lima ein zusätzliches Maßnahmenpaket vorlegen. Auf EU-Ebene setzen wir uns dafür ein, im Oktober ein ambitioniertes Klima- und Energiepaket für 2030 zu verabschieden.

Da wir hier beim Klimagipfel des VN-Generalsekretärs sind, möchte ich zudem darauf hinweisen, dass wir darauf hinarbeiten, unsere nationalen Anstrengungen international zu formalisieren. Deshalb planen wir, die zweite Verpflichtungsperiode des KyotoProtokolls bis Anfang 2015 zu ratifizieren. [...] Wir müssen beim Gipfel in Paris 2015 ein neues Klimaschutzabkommen beschließen, das wirksame Schritte zur Begrenzung der Erderwärmung auf 2 Grad Celsius beinhaltet. Es ist deshalb von großer Bedeutung, dass alle großen CO2-Emittenten bis Anfang 2015 anspruchsvolle nationale Beiträge für die Zeit nach 2020 auf einer vergleichbaren Grundlage vorlegen.

Unser Ziel ist ein Abkommen, das alle Staaten an feste Reduktionsverpflichtungen bindet. Damit dies gelingen kann, müssen die reichsten Länder den ärmeren Staaten partnerschaftlich zur Seite stehen. Deutschland wird sich mit bis zu 750 Millionen Euro - rund 1 Mrd. Dollar - an der Erstauffüllung des Green Climate Funds beteiligen. Es wäre ein wichtiges Signal an die Entwicklungsländer, wenn möglichst viele Länder sich bis zur Konferenz in Lima an einer substantiellen ersten Auffüllung beteiligen würden.

Darüber hinaus plädiere ich dafür, langfristige Ziele über die nächste Verpflichtungsperiode hinaus zu diskutieren. Wir müssen die globale Energieversorgung bis Mitte dieses Jahrhunderts fast vollständig dekarbonisieren. Jeder Neubau von Kohlekraftwerken muss kritisch überprüft werden. In der klima- und entwicklungspolitischen Zusammenarbeit werden wir keine Finanzierung für Neubauten mehr zur Verfügung stellen und die Modernisierung laufender Kohlekraftwerke in diesem Zusammenhang nur noch eingeschränkt und nach klar definierten Kriterien finanzieren. Damit schließt sich die Bundesregierung der Initiative mehrerer Industriestaaten und Banken an.

Den zahlreichen Initiativen, die auf diesem Gipfel ins Leben gerufen worden sind wir beteiligen uns unter anderem in den Bereichen Waldschutz, erneuerbare Energien, Städte und "Carbon Pricing" - müssen nun Taten folgen. [...] Lassen Sie uns die Ärmel hochkrempeln.

Quelle: BMUB, www.bmub.bund.de/presse/reden/detailansicht/artikel/rede-der-bundesministerin-dr-barbarahendricks-brbeim-un-sondergipfel/?tx_ttnews [backPid]=181&cHash=4f2a897665eb39da254 7bbf388c2ed38


Schlussfolgerungen Ban Ki-moons aus dem Klimasondergipfel in New York
"Wir können uns der Klimaherausforderung stellen"

Nachdem die Regierungsvertreter auf dem Klimasondergipfel ihre Stellungnahmen abgegeben haben, fasst Ban Ki-moon die wichtigsten Erkenntnisse zusammen.

Germanwatch zitiert Ban Ki-moons Zusammenfassung in Auszügen.

Der Zweck dieses Klimagipfels war es, politische Dynamik für ein bedeutsames, universelles Klimaabkommen in Paris 2015 zu erzeugen sowie transformatives Handeln in allen Ländern zu veranlassen, um Emissionen zu reduzieren und Resilienz für die negativen Folgen des Klimawandels zu bilden. Ich habe Vorreiter aus Regierung, Wirtschaft, Finanzwesen und Zivilgesellschaft gebeten, eine globale Vision für ein kohlenstoffarmes Wirtschaftswachstum zu kristallisieren und Klimaschutz an fünf Fronten voran zu bringen: Emissionsminderung; Geld- und Marktmobilisierung; einen Kohlepreis etablieren; Resilienz stärken; neue Koalitionen mobilisieren. [...] Diese Zusammenfassung führt ihre wichtigsten Ankündigungen auf. [...]

Regierungsvertreter waren sich einig, dass Klimawandel ein bestimmendes Thema unserer Zeit ist und dass mutiges Handeln heute gefordert ist, um Emissionen zu reduzieren und die Resilienz zu erhöhen. [...]
Sie verpflichteten sich, die globale Temperaturerhöhung auf weniger als 2 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu begrenzen.
Die Regierungschefs verpflichteten sich, 2015 auf der COP 21 in Paris ein [...] neues bedeutsames Abkommen unter der UNFCCC abzuschließen und einen ersten Entwurf eines solchen Abkommens auf der COP 20 im Dezember 2014 in Lima zu beschließen. [...]

Viele bestätigten, ihre nationalen Beiträge zum neuen Klimaabkommen im ersten Quartal 2015 einzureichen. [...]

Emissionsminderung
Viele Regierungschefs befürworteten einen Höchstwert der Treibhausgasemissionen vor 2020, dramatisch reduzierten Emissionen danach und Klimaneutralität in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts. [...]
Verantwortliche von mehr als 40 Ländern, 30 Städten und Dutzende von Kooperationen kündigten in großem Umfang Engagement an, um die Rate der globalen Energieeffizienz bis 2030 [...] zu verdoppeln. [...]

Geld- und Marktmobilisierung
Eine neue Koalition aus Regierungen, Wirtschaft, Finanzwesen, multilateralen Entwicklungsbanken und Zivilgesellschaft kündigten ihre Absicht an, mehr als 200 Milliarden US-Dollar zu mobilisieren, um kohlenstoffarme und klimaresiliente Entwicklung zu finanzieren.
Die Länder bestätigten nochmals ihre Unterstützung für die Mobilisierung öffentlicher und privater Gelder, um das 100-Milliarden-Dollar-Ziel pro Jahr ab 2020 einzuhalten.
Die Regierungschefs drückten ihre starke Unterstützung für den grünen Klimafond aus. [...] Insgesamt wurden 2,3 Milliarden US-Dollar an Zusagen für den Fond von sechs Ländern gegeben. Sechs andere sagten zu, ihren Beitrag bis November 2014 zu bemessen. [...]

Einen Kohlepreis etablieren
73 nationale Regierungen, 11 regionale Regierungen und mehr als 1000 Unternehmen und Investoren signalisierten ihre Unterstützung für einen Kohlepreis. Zusammen repräsentieren diese Vorreiter 52 Prozent des globalen Bruttoinlandsproduktes und 54 Prozent der globalen Emissionen. [...]

Resilienz stärken
Unterschiedlichste innovative Resilienz-Initiativen wurden angekündigt, von denen viele die Länder und Kommunen an der Klimafront stärken werden. [...]
Die Länder einigten sich, die RisikoFinanzmechanismen für Afrika und die Karibik zu stärken und zu vergrößern. [...]

Neue Koalitionen mobilisieren
Regierungsvertreter begrüßten multilaterale Maßnahmen zwischen Regierungen, Finanzwesen, Privatsektor und Zivilgesellschaft [...], insbesondere in den kleinen Inselstaaten, Afrika und den am wenigsten entwickelten Ländern.
Vorreiter aus 19 Ländern und 32 Partner aus Regierungen, regionalen Organisationen, Entwicklungsinstitutionen und Privatinvestoren sagten zu, einen 8.000 km langen afrikanischen "Saubere-Energien-Korridor" zu erschaffen. [...]

Wenn wir Lima und Paris entgegensehen, lasst uns auf heute zurückblicken als dem Tag, an dem wir als Familie beschlossen haben, unser Haus nachhaltig, sicher und gedeihend für zukünftige Generationen zu gestalten. Der heutige Gipfel hat gezeigt, dass wir uns der Klimaherausforderung stellen können.

Quelle: United Nations 2014, 2014 Climate Change Summary - Chair's Summary:
www.un.org/climatechange/summit/2014/09/2014-climate-change-summary-chairs-summary/


Indien nimmt Industrieländer in die Pflicht
Umweltminister Javadekar auf dem Klimasondergipfel

Indiens Umweltminister stellte deutliche Erwartungen an die Industrieländer und betonte Indiens Investitionen in erneuerbare Energien.

Germanwatch zitiert aus einem Artikel, erschienen in der indischen Tageszeitung The Hindu, der die Aussagen des indischen Umweltministers kommentiert.

[...] Indiens Umweltminister Prakash Javadekar sagte auf dem Klimagipfel [...], dass Indien sich weiterhin verpflichte, den Pfad nachhaltiger Entwicklung durch die Überwindung von Armut, sowohl im Bezug auf Einkommen als auch auf Energie, zu verfolgen. Er betonte, es sei "offensichtlich", dass Entwicklungsländer mehr tun können, wenn Unterstützung in den Bereichen Finanzierung, Technologie und Kapazitätsaufbau gewährleistet ist. "Das muss im Fokus von internationaler Zusammenarbeit stehen", sagte er. "Wenn Industrieländer ihren Worten Taten folgen lassen, dann können wir die gemeinsam gesetzten Ziele zur Bekämpfung des Klimawandels erreichen." [...] Minister Javadekar beschrieb die auf dem Gipfel gezeigten weltweiten Bemühungen als "beachtenswert". [...]
Er sagte, dass Indiens neue Regierung [...] handlungsorientierten Strategien, die seiner Bevölkerung Entwicklung bringen und gleichzeitig den Klimawandel bekämpfen, große Bedeutung zumisst und "den politischen Willen zum Handeln zeigt".
[...] Der Minister sagte, dass die neue Regierung die Abgabe für saubere Energien von 50 auf 100 Rupien pro Tonne Kohle verdoppelt hat, um Einnahmen für saubere Energietechnologien zu erhöhen. Der Fonds verfügt inzwischen über knapp 6 Milliarden US$.
Über 15 Millionen US$ wurden dem nationalen Anpassungsfonds zugeteilt, 80 Millionen US$ für den Aufbau von [...] Solarprojekten, [...] und 16 Millionen US$ für die Entwicklung von 1 MW-Solarparks an den Ufern von Kanälen, betonte Minister Javadekar. "Das ist nur der Anfang unserer ehrgeizigen Handlungen. Einmal budgetiert, werden sich die Ausgaben für solche Initiativen erhöhen", sagte Minister Javadekar. [...] Der Energieverbrauch in Indien müsse sich auf das Vierfache erhöhen, wenn der Human Development Index vom aktuellen Wert von 0,5 auf 0,9 steigen soll.
"Die zentrale Herausforderung ist es, einen höheren Energieverbrauch zu ermöglichen zu einem Preis, den die Bevölkerung bereit und im Stande ist zu bezahlen, und mit niedrigeren Schadstoffemissionen", sagte er. [...] Minister Javadekar wiederholte auch Indiens Zusage zum Erreichen des freiwilligen Ziels, die Emissionsintensität seines Bruttoinlandsproduktes bis 2020 um 20-25% gegenüber dem Level von 2005 zu reduzieren.
Minister Javadekar sagte, dass das Land die installierte Windenergiekapazität im Laufe der nächsten fünf Jahre verdoppelt, die Solarenergiekapazität auf über 20.000 MW bis 2020 steigert und durch Energieeffizienz 10.000 MW Einsparungen bis 2020 erreicht.

Quelle: The Hindu, September 24, 2014,
www.thehindu.com/news/national/developedworld-must-walk-the-talk-on-climate-changeindia/article6441411.ece


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Quelle:
KlimaKompakt Nr. 81, 26.09.20143
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. September 2014