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KLIMA/200: Doha - Entwicklungsländer erbost über Blockadehaltung der Industriestaaten (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 6. Dezember 2012

Klima: Ein Sturm zieht auf in Doha - Entwicklungsländer erbost Blockadehaltung der Industriestaaten

von Stephen Leahy


Jugenddelegierte sind enttäuscht über die geringen Fortschritte in Doha - Bild: © Stephen Leahy/IPS

Jugenddelegierte sind enttäuscht über die geringen Fortschritte in Doha
Bild: © Stephen Leahy/IPS

Doha, Katar, 6. Dezember (IPS) - Während die Philippinen mit den Folgen des Super-Taifuns Bopha zu kämpfen haben, der in der ersten Dezemberwoche 300 Menschen das Leben kostete, treten die UN-Klimaverhandlungen in Doha weiter auf der Stelle. Dass sich die Industriestaaten mit konkreten Zugeständnissen zurückhalten, stößt bei den Ländern des globalen Südens zunehmend auf Kritik.

Die Weigerung der USA, der europäischen Union und anderer Industriestaaten, sich auf ehrgeizigere CO2-Emissionsziele festzulegen und den Entwicklungsländern zusätzliche Finanzmittel zur Anpassung an den Klimawandel bereitzustellen, erzürnt die Vertreter der Entwicklungsländer.

Den Stillstand in Doha führen Aktivisten auf die Interessen der internationalen Erdölindustrie und insbesondere der Multimilliardäre Charles und David Koch zurück. Die Brüder besitzen ein Vermögen in Höhe von insgesamt 80 Milliarden US-Dollar. Sie haben alle anderen Ölunternehmen inklusive 'Exxon' ausgestochen, was die Bemühungen angeht, US-amerikanische Klimagesetze zu torpedieren.

Das 'International Forum on Globalization' (IFG), eine in den USA ansässige Nichtregierungsorganisation, wirft den Kochs vor, die US-amerikanischen Klimagesetze mit Hilfe von Kampagnen und Lobbyarbeit zu unterlaufen. Um ihren Druck auf die Politik zu verstärken, hätten sie Gelder zur Finanzierung wissenschaftlicher Projekte einbehalten, Gesetze zur Verbesserung der Luftqualität unterwandert und die Förderung sauberer Energien verhindert.


Die Macht der Milliarden

"Dass die USA nicht mehr in Sachen Klimaschutz unternehmen, liegt an den Koch-Brüdern und anderen, die alle Klimaschutzbemühungen attackieren", meinte der IFG-Direktor Victor Menotti.

Der IFG-Bericht 'Faces Behind a Global Crisis' schildert, wie die Koch-Milliardäre den Bau einer Pipeline von Kanada einschließlich der Keystone-XL-Infrastruktur beschleunigen wollten. Auch dokumentiert er Versuche der beiden Brüder, das Mandat der US-Umweltbehörde auszuhebeln, den Erdölsektor zu regulieren. "Die Kochs haben aus der Verseuchung unseres Planeten Kapital geschlagen und machen sich ihren Reichtum zunutze, um die Spielregen zu ihren Gunsten zu verändern."

Eine weitere Studie aus dem letzten Jahr listet die 50 reichsten Einzelpersonen auf, die zu den globalen Klimakrisen beigetragen haben. "Es befindet sich einfach zu viel Macht in zu wenigen Händen", kritisierte Menotti. "Wir müssen dafür sorgen, dass die Gelder außerhalb der Reichweite der Politik bleiben."

US-Präsident Barack Obama müsse sich inzwischen im Klaren darüber sein, dass es eine einflussreiche Bewegung junger Menschen gebe, die für Klimamaßnahmen kämpfe, betonte der Vertreter einer US-Jugendorganisation. "Ich habe Monate daran mitgewirkt, dass Präsident Obama gewählt wurde. Er weiß, dass sich junge Leute konkrete Maßnahmen gegen den Klimawandel wünschen. Doch noch nie haben wir ihn handeln sehen", meinte Hannah Bristol, eine Jugenddelegierte aus Washington.

Bristol und vier weitere US-amerikanische Mitstreiter hatten eine Pressekonferenz am Rande der COP 18 abgehalten. Sie forderten die Obama-Administration auf, dem Klimawandel eine größere Bedeutung beizumessen. "Es ist unglaublich frustrierend, dass hier einfach nichts geschieht", kritisierte sie.

Ronny Jumeau, Klimabotschafter der Seychellen, der die Allianz der kleinen Inselstaaten (AOSIS) vertritt, vermisst den notwendigen Ehrgeiz der Industrieländer, sich ambitioniertere CO2-Emissionsziele zu setzen. Schon jetzt hätten die Länder Schwierigkeiten, ihre bisherigen Zielvorgaben zu erfüllen. Setzt sich der Trend fort, werden die Temperaturen den jüngsten wissenschaftlichen Prognosen zufolge bis Ende des Jahrhunderts um mindestens vier Prozent steigen.


Alte Argumente

Jumeau zufolge wollen sich die Inselstaaten und ärmsten Länder nicht mehr mit unverbindlichen CO2-Reduktionsversprechen zufrieden geben. "Es kann nicht angehen, dass Länder auch weiterhin wirtschaftliche Umstände anführen, um sich aus der Affäre zu ziehen" meinte Jumeau auf einer Pressekonferenz.

"Es sieht hier extrem düster aus", kommentierte auch Yoke Ling Chee vom 'Third World Network' mit Sitz in Malaysia die Klimaverhandlungen in Doha. Die Minister seien mit der Durchsicht von Dokumenten befasst, in denen konkrete CO2-Reduktionsziele fehlten. Lediglich Deutschland und Großbritannien hätten den Entwicklungsländern Gelder für die Bewältigung der negativen Folgen des Klimawandels in Aussicht gestellt.

Auf ihrer 16. Klimakonferenz im Dezember in der südostmexikanischen Stadt Cancún hatten die Vertragsstaaten der UN-Klimarahmenkonvention die Gründung des Grünen Klimafonds beschlossen. Von den Industrieländern kam damals die Zusage, bis 2020 100 Milliarden Dollar jährlich in den Fonds einzuzahlen. Um das Defizit bis dahin zu brücken, forderten die Entwicklungsländer bis 2015 die Zahlung von 60 Milliarden Dollar. Zu Beginn dieser Woche war für 2013 bis 2015 noch kein Geld eingegangen.

"Die USA sind nicht verpflichtet, zusätzliche Zahlungen bereitzustellen", meinte Jonathan Pershing, Leiter der US-Delegation, auf der Klimakonferenz in Doha. Er fügte aber hinzu, dass die USA die Absicht hätten, einzuspringen. Drei US-Bundesstaaten, die schwer von Hurrikan Sandy getroffen worden sind, haben Washington um 83 Milliarden US-Dollar für den Wiederaufbau gebeten.

Wie Jumeau betont, haben die Philippinen mit dem Taifun Bopha ihre 16. Klimakatastrophe in diesem Jahr erlebt. "Global gesehen sind 100 Milliarden Dollar nicht zuviel verlangt." (Ende/IPS/kb/2012)


Links:

http://www.cop18.qa/
http://www.ipsnews.net/2012/12/a-storm-brews-in-doha/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Dezember 2012