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KATASTROPHEN/100: Fukshima-GAU - Sparmaßnahmen bei Dekontaminationen in Japan (Strahlentelex)


Strahlentelex mit ElektrosmogReport
Unabhängiger Informationsdienst zu Radioaktivität, Strahlung und Gesundheit
Nr. 664-665 / 28. Jahrgang, 4. September 2014

Folgen von Fukushima / Atommüll

Sparmaßnahmen bei Dekontaminationen in Japan

von Thomas Dersee



"Zielgerichtete Dekontamination" soll Kosten sparen, ist das Ziel japanischer Behörden. Die bisherige Regelung, eine Dekontamination müsse unabhängig vom Standort, bis zu einem Umgebungswert von 0,23 Mikrosievert pro Stunde durchgeführt werden, wird vom japanischen Umweltministerium offenbar nicht länger als sinnvoll angesehen. Das meldete die Zeitung The Yomiuri Shimbun am 2. August 2014. Demnach soll sich die Dekontamination nun an der individuellen Strahlungsbelastung orientieren, da dies eine genauere Einschätzung der gesundheitlichen Wirkung ermögliche. Messungen und Kalkulationen in vier Gemeinden hätten nämlich ergeben, dass beispielsweise in Gebieten mit Umgebungsradioaktivität von 0,3 und 0,6 Mikrosievert pro Stunde, der Jahresgrenzwert für Personen von 1 Millisievert pro Jahr auch eingehalten wird, ohne dort die Dekontaminationsmaßnahmen durchführen zu müssen.

Rechnerisch ist das zwar nicht möglich, denn eine Belastung von 1 Millisievert pro Jahr ergibt sich aus einer Ortsdosisleistung von bereits 0,114 Mikrosievert pro Stunde. Der Verzicht auf die Dekontamination würde jedoch sowohl Kosten sparen, als auch den Wiederaufbau beschleunigen, heißt es. Als Alternative zur teuren allgemeinen Geländedekontamination, würden die Strahlungsbelastungen jedes einzelnen Bürgers erfasst und durch individuelle Maßnahmen wie Abschirmungsmaterial auf dem Gelände und "die Aufforderung Hot Spots zu meiden", ersetzt.

Die Bürgermeister der vier getesteten Städte Fukushima, Koriyama, Soma und Date hatten die Regierung zuvor gebeten, Möglichkeiten zur Reduzierung der explosionsartig zunehmenden Dekontaminationskosten zu erarbeiten.

Die Kosten sind wohl nicht der einzige Grund, die Dekontaminationsversuche zurückzufahren sondern auch die Hilflosigkeit, wie mit dem radioaktiven Müll vernünftig umzugehen sei. Einem Bericht der japanischen Zeitung Nihonkeizaishinbun vom 26. August 2014 zufolge werden allein in der Präfektur Fukushima das angefallene Dekontaminat und der noch nicht geräumte, verstrahlte Schutt durch den Tsunami auf 22 Millionen Kubikmeter geschätzt. Jeweils knapp die Hälfte dieser Menge sei mit "8.000 Bq/kg und weniger Gesamtaktivität" bzw. mit "zwischen 8.000 und 100.000 Bq/kg Gesamtaktivität" belastet. Material mit einer Belastung von bis zu 8.000 Bq/kg darf in normalen Mülldeponien oder -verbrennungsanlagen behandelt werden. Die japanische Regierung plant auf dem Gebiet der evakuierten, auf absehbare Zeit nicht mehr bewohnbaren Gemeinden Okuma-machi und Futaba-machi in der Nähe der havarierten Reaktoren ein Zwischenlager, in dem das Material mit einer Belastung von bis zu 100.000 Bq/kg Gesamtaktivität und auch höher belastetes Material auf längstens 30 Jahre gelagert werden soll. Dazu werden zur Zeit Verhandlungen zwischen den beiden Gemeinden, der Präfektur und der Zentralregierung geführt. Für die Grundeigentümer sei eine Kompensation von 15 Milliarden Yen (etwa 110 Millionen Euro) in der Diskussion. Die Präfektur Fukushima erhält von der Zentralregierung für den Bau der Anlage eine Zuwendung von etwas über 30 Milliarden Yen (circa 220 Millionen Euro). Nach 30 Jahren soll ein Endlager außerhalb der Präfektur Fukushima zur Verfügung stehen. In den übrigen vom Fukushima-Fallout betroffenen 11 Präfekturen soll radioaktiv belastetes Erdreich direkt endgelagert werden. Zu diesem Zweck plant die Regierung Endlager in den Präfekturen Miyagi, Tochigi, Chiba, Ibaraki und Gumma. Neben dem verstrahlten Erdreich und dem Schutt sind allein in der Präfektur Fukushima auch noch etwa 120.000 Tonnen belasteter Schlamm (z.B. aus der Kanalisation) und Rotte aus der Landwirtschaft (z.B. Reisstroh) angefallen. Diese sollen gesondert in eigens dafür gebauten Anlagen "entsorgt" werden.


The Yomiuri Shinbun, August 02, 2014,
http://the-japannews.com/news/article/0001467664

Nihonkeizaishinbun (Printausgabe), 26.8.2014


Der Artikel ist auf der Website des Strahlentelex zu finden unter
http://www.strahlentelex.de/Stx_14_664-665_S10-11.pdf

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Quelle:
Strahlentelex mit ElektrosmogReport, September 2014, Seite
Herausgeber und Verlag:
Thomas Dersee, Strahlentelex
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. November 2014