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GENTECHNIK/013: Pakistan - Biotechnologiekonzerne auf Kundenfang, Anfrage beunruhigt Umweltschützer (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 28. August 2013

Pakistan: Biotechnologiekonzerne auf Kundenfang - Anfrage beunruhigt Umweltschützer

von Zofeen Ebrahim


Bild: © Kinshuk Sunil/CC BY-SA 2.0

Weizenfeld in Indien
Bild: © Kinshuk Sunil/CC BY-SA 2.0

Karachi, 28. August (IPS) - Nach einer Reihe von Rückschlägen in Indien in den letzten Jahren richten die Hersteller genetisch modifizierter Saaten ihren Blick auf das Nachbarland Pakistan. So bemühen sich die drei großen Biotechnologiekonzerne Monsanto, Pioneer und Syngenta um eine Genehmigung für den Anbau von Genmais und -baumwolle.

Wie die Umweltaktivistin und Leiterin der Organisation 'Heading Roots for Equity' in Karachi, Azra Sayeed, erklärte, ist das Interesse der Multis an Pakistan dem Verbot von Freilandversuchen in Indien geschuldet. Am 23. Juli hatte ein vom Obersten Gerichtshof Indiens eingesetzter Expertenausschuss ein unbegrenztes Moratorium für Feldversuche mit Gen-Saaten empfohlen, das so lange in Kraft bleiben soll, bis die Regierung angemessene Maßnahmen zur Regulierung und Sicherheit vorlegt.

Ein ständiger Parlamentsausschuss, der sich mit Agrarfragen befasst, hatte in einem im August veröffentlichten Bericht ein Verbot für Gen-Landwirtschaft in Indien verlangt. Bereits im März vergangenen Jahres hatten fünf indische Bundesstaaten - Bihar, Madhya Pradesh, Kerala, Uttarakhand und Karnataka - das Ausbringen von Gensaaten verboten.

Sayeed zufolge bemüht sich der US-Chemie-Gigant Monsanto seit langem um eine Genehmigung für den Anbau von Gen-Mais in Feldversuchen, die das Unternehmen selbst durchführen will. Zugleich begrüßte sie das Moratorium in Indien, das sie auch in Pakistan für notwendig hält.


Schlimme Konsequenzen für Kleinbauern

Andernfalls werde der einheimischen Landwirtschaft ein vernichtender Schlag versetzt, warnte sie. Seit in Indien vor mehr als zehn Jahren der Anbau von Gen-Baumwolle erlaubt worden sei, hätten sich vor allem in diesen Gebieten zahlreiche Farmer das Leben genommen. Dass der britische Thronfolger Prinz Charles auf einer Konferenz in Neu-Delhi 2008 auf einen möglichen Zusammenhang zwischen den Selbstmorden der Bauern und dem Gen-Anbau hingewiesen hatte, gab den Kampagnen von Umweltaktivisten neuen Auftrieb.

Laut dem Ökonom Pervaiz Amir, der der Klimawandel-Kommission des pakistanischen Premierministers angehört, ist Gen-Landwirtschaft für viele Menschen gleichbedeutend mit "unkontrollierbaren Mutationen, die Monster hervorbringen".

"Pakistan hat das Potenzial, die derzeitige Nahrungsmittelproduktion zu verdoppeln, wenn die Agrarinputs erhöht werden, besseres Saatgut verwendet und die Bewässerung optimiert wird", sagte Amir. Entscheidend für die Nahrungssicherheit sei außerdem die Rolle, die die Märkte spielten. Pakistan produziere nicht nur für den eigenen Markt, sondern auch für den Nahen Osten, Afghanistan und Teile von Zentralasien. "Wir haben das Potenzial und auch die technischen Voraussetzungen, aber uns fehlt das richtige Management", kritisierte er.


Gen-Anbau mit Drohnen-Angriffen verglichen

Amir verglich den Gen-Anbau mit den Drohnen-Angriffen der USA auf der Jagd nach mutmaßlichen Terroristen in Pakistan. "Der Kontrollverlust bedeutet den Verlust von fast allem einschließlich der Souveränität", sagte er.

Nach Ansicht von Yusuf Agha, einem in Karachi lebenden Aktivisten, würde der Gen-Anbau zudem gegen ein Gesetz über Landbesitz in Punjab von 1929 verstoßen, das den Besitz von Agrarland nur erlaubt, wenn es für landwirtschaftliche Zwecke genutzt wird. Agha bereitet zurzeit eine Klage vor dem Obersten Gerichtshof gegen die Verpachtung von Land an Großunternehmen vor.

Sollte es den Multis gelingen, Zugang zur pakistanischen Landwirtschaft zu finden und Bauern zum Kauf von Gen-Saaten zu bewegen, würden diese Farmer ihre natürlichen und seit Jahrhunderten bewährten Saatvorräte verlieren, warnte Agha.

Im Juli hatten etwa 500 Bio-Bauern im indischen Bundesstaat Gujarat angekündigt, eigene Saatbanken aufzubauen, um sich von den Gen-Saaten unabhängig zu machen. (Ende/IPS/ck/2013)


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http://www.ipsnews.net/2013/08/gm-seeks-new-pastures-in-pakistan/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. August 2013